Interkulturelle Woche informiert und nimmt Stellung zu Thema Asyl und Migration:Mehr Mut beim Thema Flucht gefragt
Trier – Für mehr Menschlichkeit und einen unvoreingenommenen Blick auf die Fakten bei den Themen Flucht und Asyl haben sich die Organisatoren der Interkulturellen Woche ausgesprochen. An der von den Kirchen (katholisch, orthodox, evangelisch) bundesweit veranstalteten Woche haben sich in Trier zahlreiche weitere Gruppen beteiligt, die in der Friedens- und Flüchtlingsarbeit engagiert sind. So unter anderem mit einem Informations- und Aktionstag auf dem Kornmarkt. Dort sprach auch Weihbischof Franz Josef Gebert, Vorsitzender des ebenfalls beteiligten Caritasverbandes der Diözese Trier: „Es wird der Eindruck verbreitet, dass wir in Deutschland nicht so viele Menschen aufnehmen können. Wenn man aber unsere Möglichkeiten sieht, erkennt man, dass wir es doch können.“
Diese These untermauerten die Verantwortlichen auch gleich mit einigen vergleichenden Zahlen: In der weltweiten Liste von Staaten, die Geflüchtete aufgenommen haben, taucht demnach die Bundesrepublik mit ihren Zahlen der jüngsten Jahre erst auf Platz sieben auf – auf den Plätzen davor sind ausschließlich Entwicklungsländer zu finden. Thomas Kupczik, Pastoralreferent im Dekanat Trier, berichtete außerdem vom Besuch des Generalvikars der äthiopischen Diözese Gambella, Tesfaye Petros, Anfang der Woche. Äthiopien habe derzeit 900.000 Flüchtlinge aufgenommen. „Auf die Frage, ob die 975.000 in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge zu viele seien, meinte Petros, für Äthiopien wären es nicht zu viele. In seinem Land steht die Gastfreundschaft im Vordergrund“, gab Kupczik wieder.
In diesem Zusammenhang wurden aktuelle Entscheidungen der Politik hinterfragt, etwa zum Thema Familiennachzug. Den langen Stopp solcher Zusammenführungen bei Geflüchteten mit subsidiärem Schutzstatus hatten die Kirchen mehrfach kritisiert. Dass nun immerhin mit monatlichen Kontingenten von 1.000 Personen gearbeitet wird, sieht Weihbischof Gebert als ersten, wenn auch lange nicht ausreichenden Schritt in die richtige Richtung. „Es ist gut, dass sich alle Parteien das Wohl der Familie auf die Fahnen schreiben. Aber es kann nicht zwei Sorten von Familien geben: Die einen, für die alle da sind und die anderen, für die nichts bleibt“, mahnte Gebert. Ohne die Zusammenführung von Familien sei eine gelingende Integration nicht möglich, bekräftigte Carsten Stumpenhorst, Geschäftsführer des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirchenkreise Trier und Simmern-Trarbach. Der bürokratische Aufwand der aktuellen Kontingent-Lösung sei viel zu hoch und für die Betroffenen teilweise mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden.
Ebenso klar bezogen die Gesprächspartner der Interkulturellen Woche Position zur Seenotrettung. „Es ist absolut klar, dass man Menschen nicht sterben lassen kann. Umso trauriger ist es, dass es derzeit eine Politik gibt, die aber genau dies in Frage stellt, indem Seenotrettung blockiert wird“, sagte Gebert. Natürlich sei es wichtig, das Geschäft von Schleppern zu beenden, aber nicht auf Kosten der humanitären Hilfe, pflichtete Stumpenhorst Gebert bei. Insgesamt sei mehr Mut beim Umgang mit dem Thema Flucht gefragt: „Der Rückhalt in der Bevölkerung ist da. Neun Millionen Menschen sind ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagiert, während es nur 4,5 Millionen geschätzte AfD-Wähler gibt.“
Mehr Informationen zum Thema Flucht und ehrenamtlicher Flüchtlingshilfe im Bistum Trier gibt es auch im Internet unter www.willkommensnetz.de.
(red)