Geistliche Gemeinschaften gestalten Raum der Ruhe und des Gebets:Momente der Stille
„Die vielen Kinder im Dom waren eine herrlich lebendige Kulisse. Danach brauchte ich Momente der Stille und habe sie jetzt sehr genossen.“ Hildegard Bogerts kommt gerade durch den Vorhang aus dem Raum der Ruhe. Weniger die Geräusche als vielmehr die Kälte soll der graue Stoff abhalten. Aktivität und Gewusel und anschließend die Möglichkeit, zur Ruhe zu finden – das gehöre im Leben zusammen, sagt die Triererin. Sie sei dankbar, dass bei den Heilig-Rock-Tagen die Gelegenheit bestehe, diesen Kontrast zu erleben. In den vergangenen Jahren hatten die geistlichen Gemeinschaften den Raum der Stille in der Banthuskapelle eingerichtet. „Zu weit ab vom Schuss“, war die vielfach geäußerte Meinung. Und so zog das Angebot, diesmal gestaltet auf Grundlage von Versen aus Psalm 103, um in den Kreuzgang und damit näher zu den Pilgern. „Die aber finden den Raum kaum, da es an Hinweisschildern fehlt“, meint ein zufälliger Besucher am Vormittag. Er habe sich kaum getraut, hinter den Vorhang zu schauen. „Das sieht ein bisschen so aus, als wäre hier etwas nicht fertig geworden und sei deshalb abgehängt.“ Auch die Beleuchtung lade nicht unbedingt zum Eintreten und Näherkommen ein, ergänzt sein Begleiter. Drinnen aber finden die beiden Herren die Atmosphäre beschaulich und ansprechend.
So wie Marianne Franzen, die „noch ganz fasziniert von dem Anblick der unzähligen Kinder mit ihren bunten Kappen, T-Shirts und Pilgerstäben“ nach dem Gottesdienst mit den Kita-Kindern durch den Kreuzgang schlendert und einen neugierigen Blick hinter den grauen Stoff wagt. „Hier spürt man an der Ruhe und dem gesamten Ambiente, wo man ist und worum es geht. Für mich ist das wieder mal eines der kleinen Geschenke, die uns das Leben unerwartet präsentiert“, sagt die Völklingerin mit strahlenden Augen. Sie setzt sich in die Runde zu zwei Schönstätter Marienschwestern. Auch sie müssen „nach den vielen Eindrücken einfach mal verschnaufen“. Zu dritt lassen sich die Gäste auf die Ruhe ein und vertiefen sich in ihre Gedanken und Gebete.
Der Raum mit den brennenden Kerzen, dem rot-goldenen Licht und der angestrahlten Tafel mit dem Text aus Psalm 103 wirkt wie eine Insel im Pilgerbetrieb. Solche Inseln wollen auch die Andachten sein, die von Mitgliedern geistlicher Gemeinschaften und Bewegungen aus dem Bistum täglich um 14.30 Uhr gestaltet werden. Hannelore Becker, Christiane Kramp und Christiane Juny von der Fokolar-Bewegung (1943 in Trient gegründet mit dem Ziel, ein Leben nach dem Evangelium und in Einheit aller Menschen zu führen) sind heute an der Reihe. Die drei Frauen bleiben zwar unter sich mit ihren Gedanken, Gebeten und Gesängen. Trotzdem sind sie dankbar für die zwanzig Minuten, die sie gemeinsam erleben. Wie Hildegard Bogerts und Marianne Franzen vor ihnen empfinden sie die Stimmung im „Vikarsparadies“ als wohltuend und entspannend. Denn es sei „schön und wichtig, dass das große Angebot der Heilig-Rock-Tage eben auch Momente der Stille zulässt“, betont Bogerts.