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3. Akademietag der Pallottiner Vallendar stellt sich Zukunftsfragen:Wer pflegt uns morgen?

Sorgegemeinschaft oder Pflegerobotor? Wie wird zukünftig die Pflege von älteren Menschen aussehen? Dieser Frage widmete sich der dritte Akademietag in Vallendar.
Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC, Leiter des Instituts für Wissenschaftliche Weiterbildung an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar und die Referenten Dr. Hanno Heil, Kathleen Schneider und Prof. Dr. Manfred Hülsken-Giesler (v. links).
Datum:
22. Jan. 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Vallendar – „Deutschland entwickelt sich zu einer Gesellschaft des langen Lebens, die Menschen werden immer älter“, damit leitete Prof. Dr. Manfred Hülsken-Giesler, Prodekan der Pflegewissenschaftlichen Fakultät in der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV), seine Überlegungen zum Thema des dritten und letzten Akademietages „Wer pflegt uns morgen?“ ein. 

Vieles sei seit langem bekannt: der Mangel an Pflegefachkräften, die bereits jetzt bestehende Versorgungslücke oder die Belastung älterer Menschen, vor allem von Frauen in der Pflege ihrer Angehörigen. Doch es gelte nicht nur zu jammern: Prof. Hülsken-Giesler zeigte an drei Themenfeldern auf, dass sich einiges ändert. So werde – viel später als in vielen anderen Ländern – langsam auch in Deutschland eingesehen, wie wichtig ein attraktives Berufsbild der Pflege ist, was nur durch Professionalisierung, Aufzeigen von Karrierewegen, guter und gerechte Bezahlung und nicht zuletzt von einer starken Interessenvertretung bei der Politik zu erreichen sei. Hinzukommen sollte eine Stärkung des solidarischen Bewusstseins in der Zivilgesellschaft. „Hier sind viele Regionen schon auf einem guten Wege, indem Angebote entwickeln und Strukturen so gestalten, dass ein generationenübergreifendes Miteinander in ‚Sorgegemeinschaften‘ möglich wird.“ Dazu gehörten etwa die Beratung bei Pflegebedarf, die Begegnung zwischen Jung und Alt sowie eine Quartiersentwicklung, die alte Menschen nicht isoliert. Ein durchaus heikles und zugleich chancenreiches Thema seien digitale Technologien, die Routine-Arbeit abnähmen. So könnten Apps im Smartphone Herzschlag und Blutdruck messen oder könne über eine Kamera direkt kommuniziert werden. Die Angst vor einem pflegenden Roboter sei verständlich; einer Umfrage zufolge würden jedoch ein Viertel der Befragten einem Pflegeroboter den Vorzug vor einer gehetzten und ständig wechselnden Pflegekraft geben. Nicht zuletzt müssten in der Pflege auch die Finanzen thematisiert werden.

Hieran knüpfte Dr. Hanno Heil vom Verband der katholischen Altenhilfe in Deutschland, der Interessenvertretung von mehr als 1000 konfessionellen Einrichtungen an. „Pflege ist eine christliche Errungenschaft – sie muss auch außerhalb der Familie geschehen“ Vielmehr sollten die Kirchen als starke Träger im caritativen Bereich ihren Einfluss nutzen, um auf eine bessere Finanzierung von Pflege durch den Staat hinzuwirken. Es sei unerträglich, dass private Träger mit Pflege Millionen verdienten und diese dann im Ausland geringfügig versteuerten.

„Gerade leitende Pflegekräfte sind überfordert in der Situation mit Quereinsteigern, die nur eine oberflächliche Einführung in die Pflege mitbringen“, ergänzte Kathleen Schneider. Die 31-jährige Chemnitzerin studiert Pflegewissenschaft an der PTHV und ist zugleich im Qualitätsmanagement eines ambulanten Pflegedienstes tätig. Geeignete Gemeinschaften zum Älterwerden müssten gefunden, neue Wohnformen überlegt oder bürgerschaftliches Engagement neu bewertet werden.

In der anschließenden Diskussion sprachen sich die Referenten dafür aus, das Thema Pflege aus der „Schmuddelecke und Tabu-Zone“ herauszuholen. Auch die Kirchen hätten die Pflege zu lange aus dem Blickfeld verloren. In Anbetracht auf die neuen pastoralen Räume eröffneten sich auch in der Altenseelsorge ganz neue Ansätze. Uneins waren sich die Podiumsteilnehmer in der Frage eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) für alle 18-jährigen Frauen und Männer. Während Kathleen Schneider lieber Pflegeroboter als unwillige und unkundige FSJler bevorzugen würde sprach sich Hanno Heil für dieses Pflicht-Pflege-Modell aus: Viele FSJler hätten erst über diesen Dienst einen Zugang zu Pflege bekommen. Manfred Hülsken-Giesler ging sogar noch einen Schritt weiter: „Wie wäre es denn, ein Unterrichtsfach mit dem Titel ‚Sorgetechniken/ Solidarität lernen‘ in der Schule einzuführen?“

(red)