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Trierer Pfarrei St. Matthias geht neue Wege:„.sredna“ lädt zum Pespektivwechsel ein

Mit dem Projekt "sredna - anders sehen, hören und schmecken" geht die Trierer Pfarrei St. Matthias neue Wege.
„.sredna“ in Herz Jesu in Trier: Mit dem „anders sehen, hören und schmecken“ ist auch eine andere Sitzordnung verbunden. Die Menschen sitzen im Rund und schauen sich an.
Datum:
15. Mai 2017
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – Nein, es ist kein Begriff aus irgendeiner fremden Sprache. Auch keine „neumodische“ Abkürzung steckt hinter diesem „.sredna“, das seit Wochen auf Plakaten und Flyern in und um die Pfarrei St. Matthias herum zu lesen steht. Das Geheimnis lüftet ganz schnell, wer die Blick- und die Leserichtung ändert, die Perspektive wechselt. Genau darum geht es nämlich bei „.sredna – anders sehen, hören, schmecken“.

Irgendwie anders wirkt die Trierer Herz-Jesu-Kirche seit der Karwoche. Auf den ersten Blick fällt die veränderte, unübliche Stellung der Bänke auf. Nicht akkurat hintereinander geordnet, sondern im Rund um eine Mitte aus Glastisch, Kerzen und Blumen platziert stehen die Kirchenbänke, aus denen sich die Menschen auch an diesem Abend gegenseitig anschauen und freundlich zulächeln - ein optischer Hinweis auf „.sredna“. Der Titel des Projekts, so stellt Pfarrer Ralf Schmitz in seiner Einführung zur Veranstaltung „Ölbaum-Distel-Löwenzahn“ dar, setze eine „normale, gewohnte Art“ zu sehen, zu hören und zu schmecken voraus. „Normalerweise sehen wir in der Kirche geradeaus, in den Chor zu Altar und Ambo. Normalerweise hören wir Texte aus Bibel, Messbuch und Gotteslob, aus Kopf und Herzen der Zelebranten. Normalerweise schmecken wir nur das Eucharistische Brot, ganz selten den Eucharistischen Wein.“

In den acht „.sredna-Wochen“ sei das anders. Angeregt durch ein erlebtes Beispiel aus Würzburg und bestärkt durch die Einladung der Bistums-Synode zu Perspektivwechseln, tauscht Schmitz in Herz Jesu „normalerweise“ gegen „.sredna“. Das Experiment verantwortet er nicht alleine, sondern mit zwei engagierten Partnerinnen: Kirchenmusikerin Jutta Thommes und Petra Weiland, Vorsitzende des Verwaltungsrats, stiegen sofort mit ins Boot. Das fährt nun zwischen Gründonnerstag und Fronleichnam in völlig unbekannten, ungewohnten Gewässern. „Wir haben kein Geld, kein großes Konzept – aber wir haben angefangen“, schildert der Dechant des Dekanats Trier. Und dieser Anfang hatte nichts von Abwarten, Zögern. Viele Menschen in der Pfarreiengemeinschaft waren sofort begeistert mit im Boot und reisen seither an neue Ufern der bisher doch so vertrauten „Insel Kirche“.

Ein Beispiel ist dieser Abend mit Text, Musik und Verkostung, zu dem rund 40 Menschen aus allen Altersgruppen gekommen sind. Heinrich Feld, Künstler und Gemeindemitglied, stellt drei der Heilpflanzen vor, mit denen er 1993 Wände und Decke der Herz-Jesu-Kirche bemalt hatte. „Das sind nicht irgendwelche Pflanzen, sondern solche, die mit der Heilsgeschichte und dem Leiden Jesu verbunden sind“, erläutert der Maler und führt zu den Bildern von Ölzweig, Löwenzahn und Distel. Marianne Grandjean stellt sie jeweils in einem Gedicht vor, Heinrich Feld beleuchtet ihre heilende Wirkung und symbolische Bedeutung. Musikalisch zeichnet der ehemalige Regionalkantor Joachim Reidenbach, ebenfalls ein Nachbar der Kirche, an der Orgel stimmungsvolle Bilder der Pflanzen. In seinen Improvisationen lässt der Musiker die Schöpfung aus dem Winterschlaf erwachen und die Freude über die Auferstehung erklingen. Ganz andere Hörerlebnisse in den Ohren der Gäste.                                                                                                           

Und dann sind da noch die appetitlichen Meisterwerke, die Petra Weiland kreiert und gezaubert hat. Die leidenschaftliche Köchin und Bäckerin lädt ein, neugierig zu sein und Olivenöle, Löwenzahn-Honig, eingelegte Artischocken und andere Köstlichkeiten aus den vorgestellten Pflanzen zu verkosten. Resonanz und Lob beflügeln die selbstständige Steuerberaterin in ihrer Begeisterung für das Projekt. „Das ist inzwischen ein Selbstläufer geworden“, beurteilt Weiland, die sich besonders über die Beteiligung der älteren Leute freut. Für Petra Weiland ist die Kirche der Zukunft „anders und viel stärker von Laien getragen.“

„Erfrischend anders, sehr interessant und ganz lecker“, fasst eine Besucherin ihre Eindrücke zusammen. Dem schließen sich Sonja Theisen und Monika Parth an. Die beiden Freundinnen loben „.sredna“ als ein offenes, ideenreiches Projekt, bei dem die ganze Familie angesprochen werde und Kinder begeistert mitmachen können. Die Erstkommunion ihres Sohnes Benedikt ist für Monika Parth besonders beeindruckendes Beispiel für positive Veränderung. „Alle Kinder und Gäste haben sich angeschaut. Das war wunderbar. Es entstand ein großartiges Gemeinschaftsgefühl.“

Dieses Gefühl schätzen längst auch Bahareh, Farid und Majid. Die drei Iraner wurden zusammen mit fünf weiteren Asylbewerbern in der Osternacht in der Gemeinde getauft, fühlen sich hier zuhause und angenommen. Ganz klar, dass sie bei den Veranstaltungen dabei sind, mitmachen und tatkräftig helfen, wo sie können. Und das, obwohl Bahareh und Farid inzwischen im Transfer im Westerwald leben.

„Es gibt kein ‚für immer‘ mehr in unserer Kirche“, sagt Pfarrer Schmitz mit Blick in den „neuen, anderen“ Kirchenraum und die bunte Gemeinschaft der Menschen, die sich unter der Empore bei Oliven und Wein unterhalten. Diese Menschen seien es, die den Raum ausfüllen, die Chance des Ortes nutzen und Kirche lebendig machen. „Es gibt für Gemeinden keine einfache Gebrauchsanweisung. Auf beiden Seiten des Altares müssen sich die Menschen Gedanken machen“, ruft Schmitz auf zum Wechsel der Blickrichtung, zum Aktivwerden. „.sredna“ zeigt, wie dieses „Anders“ aussehen kann.

Informationen zum Projekt „.sredna“ und über die Veranstaltungen bis zum 14. Juni gibt es unter www.st-matthias-trier.de im Internet.

(red)