Familienbund der Katholiken im Bistum Trier feiert Jubiläum mit Positionsbestimmung:70 Jahre Politik für Familien
Trier – Seit 70 Jahren setzt sich der Familienbund der Katholiken im Bistum Trier für die Belange von Familien in Kirche, Staat und Gesellschaft ein. Ihr Gründungsjubiläum hat der Diözesanverband genutzt, um auf die Herausforderungen in der Kirchenkrise und die heutige Bedeutung von katholischen Verbänden zu blicken.
Die Jubiläumsveranstaltung am 10. Oktober startete mit einem Gottesdienst mit Bischof Dr. Stephan Ackermann und dem Geistlichen Beirat des Diözesanverbands (DV), Weihbischof Franz Josef Gebert, in der Ostkrypta des Doms. Mitglieder, Vertreterinnen und Vertreter anderer katholischer Verbände und der Kirche sowie Partner und weitere Gäste waren anschließend in den Romanischen Saal des Domkreuzgangs eingeladen. Anstelle einer Rückschau auf die Verbandsgeschichte blickten sie dort im Rahmen einer kleinen Fachtagung unter der Überschrift „Zwischen Niedergang und Aufbruch – Welche Rolle kommt den Katholischen Verbänden in der Kirchenkrise zu?“ auf die Bedeutung katholischer Verbände in heutiger Zeit. Die kurz zuvor neu gewählte erste Vorsitzende des DV, Gisela Rink, skizzierte die bleibende Aufgabe des Familienbundes als „Sprachrohr für Familien in Politik und Gesellschaft“. Dabei sei die Arbeit des Verbands so vielfältig und individuell wie die heutigen Formen von Familie, „die alle Konstellationen umfasst, in denen Menschen in Liebe verbunden sind und in gemeinsamer Verantwortung miteinander leben“. Angesichts der Situation in der Kirche und dem Wandel der Gesellschaft wolle man aber „nicht jammern, sondern darüber reden, wie wir uns einbringen und den Menschen helfen können“, sagte Rink.
Die Welt aus dem Evangelium heraus gestalten
Bischof Ackermann beglückwünschte die Verantwortlichen zu ihrem Jubiläum und dankte ihnen für ihren sieben Jahrzehnte währenden Einsatz für die Familien. In einem Impulsreferat schaute Ackermann auf die Rolle der Verbände in der Kirchenkrise. Vor dem Hintergrund der bleibenden Bedeutung von Familie als wichtigstes Bezugssystem auch für junge Menschen sehe er im Verband den bleibenden Auftrag, „die Welt aus dem Evangelium heraus zu gestalten“ – mit besonderem Blick auf die Familien in einem generationsübergreifenden Verständnis. Dabei stünden die Verbände in ihrer Arbeit insgesamt für „die Kirche“. Mit ihrem Laienengagement wirkten sie besonders „nach außen“ und bildeten mit ihrem Expertenwissen die Stimme der Kirche in den jeweiligen Bereichen. Die Art und Weise, wie die Verbände mit strittigen Fragen umgingen, könne beispielhaft in die gesellschaftlichen Diskurse wirken; innerkirchlich seien sie nicht selten „Lernorte der Demokratie“, sagte der Bischof mit Blick auf synodale Prozesse. Darüber hinaus kämen immer noch viele, die in Politik und Gesellschaft engagiert seien, aus der kirchlichen Verbandsarbeit und leisteten so „als Einzelne einen wichtigen Beitrag für Kirche und Gesellschaft“, resümierte Ackermann.
Verbände mit Scharnierfunktion zwischen Kirche und Gesellschaft
In einem zweiten Referat betonte der Bundesgeschäftsführer des Familienbundes, Matthias Dantlgraber, die wechselseitige Bezogenheit von Kirche und Verbänden. „Die Krise der Kirche ist auch eine Krise der Verbände.“ Letztere hätten aber umgekehrt auch die Chance, in ihrer Scharnierfunktion zwischen Kirche und Gesellschaft und mit ihrem wertgeschätzten sozialen Engagement den allgemeinen Vertrauensverlust in die Kirche zu verringern und zu ihrer gesellschaftlichen Anschlussfähigkeit beizutragen. Der Gesellschaft könnten die Verbände mit der katholischen Soziallehre „viel an Orientierung“ geben und zu gerechten Strukturen beitragen, sagte Dantlgraber. „Der Familienbund weist darauf hin, wie wichtig die Leistungen der Familien für die gesamte Gesellschaft sind. Das ist ein Beitrag zum Gemeinwohl.“ Die Arbeit der Verbände sei dann erfolgreich, wenn sie ein klares Profil besäßen, Schwerpunkte setzten, konkrete Forderungen formulierten und diese dauerhaft verfolgten. Dafür bedürfe es außerdem „starker Bündnispartner“, sagte der aus Berlin angereiste Vertreter des Bundesverbandes mit Verweis auf oftmals sehr langwierige politische Lobbyarbeit. „Ohne katholische Verbände ist keine katholische Politik zu machen. Das gilt ganz besonders jetzt in der Kirchenkrise“, befand Dantlgraber.
Familie als „Lernort der Solidarität“
Kurze Statements gaben anschließend Vertreterinnen und Vertreter von zwei „familiennahen“ Verbänden aus dem Bistum. Anne Hennen, Vorstandsmitglied im Trierer Diözesanverband der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, skizzierte die Arbeit des größten katholischen Frauenverbands, dem im Bistum etwa 20.000 Mitglieder angehörten. Julia Semmling, Geschäftsführerin im Trierer Kolping-Diözesanverband, verlas ein Statement des verhinderten Vorsitzenden Dr. Bernd Geisen. Auch für Kolping sei die Arbeit mit Familien wichtig; als „Keimzelle der Gesellschaft“ sei sie heute „bunt und vielfältig“ und ein „Lernort der Solidarität, der Wertevermittlung, der Kultur und des Glaubens“, sagte Semmling.
Im Anschluss an den Tagungsteil würdigte Weihbischof Gebert das lange ehrenamtliche Engagement der ehemaligen Vorsitzenden Hildegard Weber, die an der vorangehenden Mitgliederversammlung nach fast 22 Jahren an der Spitze den Vorsitz niedergelegt hatte. Bischof Ackermann dankte Weber für ihren Einsatz und verlieh ihr für ihre besonderen Verdienste die Bistumsmedaille (eigener Bericht folgt).
Hintergrund:
Der Familienbund der Katholiken vertritt die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange von Familien in Kirche, Staat, Gesellschaft und Politik auf Grundlage christlicher Wertvorstellungen. Er setzt sich für die Stärkung und Förderung von Rechten und Rahmenbedingungen besonders auf politischer Ebene ein und steht dazu im Dialog mit Parlamenten, Regierungen und gesellschaftlichen Gruppen. Der Familienbund wurde 1953 in Würzburg gegründet. Mitglieder im Bundesverband sind 25 Diözesan- und zwölf Landesverbände sowie 15 katholische Verbände.
(red/Stefan Endres)