Bundespräsident besucht Emmausstube der Pfarrei St. Eligius Völklingen:Auf eine Suppe mit Steinmeier
Völklingen – Kaum angekommen, heißt es für Frank-Walter Steinmeier auch schon anpacken: Ehrenamtliche Helfer drücken dem Bundespräsidenten eine weiße Kochschürze und Handschuhe in die Hand, und gleich ist er mitten drin im Trubel. An den Tischen in der Emmausstube im Keller des Pfarrheims von St. Eligius in Völklingen sitzen rund 50 Menschen, die sowohl das Mittagessen, als auch den hohen Besuch erwarten. Seit 2011 wird hier jeden Donnerstag ein warmes Essen an Bedürftige verteilt.
Vom 7. bis 9. März hatte der Bundespräsident im Rahmen der Besuchsreihe „Ortszeit Deutschland“ seinen Amtssitz nach Völklingen verlegt. Dabei wollte er mehr über die Herausforderungen der Mittelstadt erfahren und mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen. Völklingen habe man ausgesucht, weil die Stadt vor besonderen sozialen Herausforderungen stehe, teilte das Bundespräsidialamt mit. Die Arbeitslosigkeit liege mit 11,5 Prozent weit über dem bundesdeutschen Schnitt (5,5 Prozent).
Der Zulauf steigt
In jeder Hand einen Teller serviert das Staatsoberhaupt Blumenkohlcremesuppe und Reis mit Tomatenhähnchen; zum Nachtisch Mousse au Chocolat und Käse-Rhabarber-Kuchen. „Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit. Die Suppe ist wohltemperiert. Das weiß ich, denn ich hatte gerade meinen Daumen drin“, scherzt Steinmeier. Geduldig posiert er für jedes Selfie und stimmt in das Geburtstagsständchen für eine Besucherin ein. Unterstützung beim Servieren bekommt er von der Völklinger Oberbürgermeisterin Christiane Blatt und dem ehrenamtlichen Helferteam bestehend aus Rosemarie Gothieu, Guido Speicher, Karin Probst und Doris Maas. Bereits am Vorabend hat das Kleeblatt die Tische eingedeckt, wegen der hohen Sicherheitskontrollen waren sie am früher als sonst im Pfarrheim. Doch von Aufregung keine Spur. „Es ist eine Ehre für uns, dass er zu uns kommt“, sagt Rosemarie Gothieu, die von Anfang an bei der Emmausstube mitanpackt. Ansonsten sei alles wie immer. „Es gibt jetzt kein spezielles Essen, sondern das, was es auch ohne den hohen Besuch gegeben hätte“, sagt Probst. Der Zulauf aus der Bevölkerung steige spürbar, haben die Helfenden beobachtet. „Vielen sieht man an, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen haben“, sagt Guido Speicher. Unter den Gästen sind auch Geflüchtete aus der Ukraine, die auf Deutsch Steinmeier für Deutschlands Hilfe und ihre Aufnahme danken.
Ort der Begegnung
Das Essen ist nur ein Teil der Emmausstube: „Hier geht es auch um Begegnung“, sagt Diakon Patrick Winter, der seit 2012 als Hauptamtlicher mit dabei ist. „Hier kommen sowohl Menschen von der Straße, Tafelkunden als auch die Witwe, die für sich allein nicht kochen will.“ Aktuell biete die Kirchengemeinde unterstützt durch die Winterhilfe des Saarlandes jeden Tag ein Mittagessen an, das an allen Tagen außer donnerstags zum Mitnehmen als „Emmaus to go“ in der Kirche ausgegeben wird. Der Beichtstuhl sei kurzerhand zum Lager geworden, in dem haltbare Lebensmittel aus Spenden aufbewahrt und an Bedürftige verteilt werden. Auch Kleiderspenden werden dort ausgegeben. Die Emmausstube finanziert sich aus Zuwendungen von Pfarrangehörigen und Förderern. Das Essen liefert jede Woche ein Partyservice, den Kuchen spendet eine Bäckerei. Rund 20 Ehrenamtliche in fünf Teams teilen sich die Dienste auf.
An die Ränder gehen
Stellvertretend für die Kirchengemeinde St. Eligius überreichte Kaplan Michael Meyer Frank-Walter Steinmeier das Buch „Wir sind alle Geschwister – das Zeichen der Zeit“ von Kardinal Michael Czerny. „Czerny, Vertrauter von Papst Franziskus, stellt die Soziallehre dieses Pontifikats anhand der Enzyklika ,Fratelli tutti‘ kritisch vor. Diesen Auftrag, zu den Menschen an den Rändern der Gesellschaft zu gehen, haben wir uns vor einem Jahr bei der Gründung der Pfarrei St. Eligius als Vision auf die Fahnen geschrieben. Wir wollen eine Kirche schaffen, wo Verstoßene ihren Platz haben und jeder willkommen ist“, sagte Meyer. „Vielen Dank für Ihren Einsatz für unsere Gesellschaft“, sagte Steinmeier.
Außerhalb des Protokolls
Die Gastfreundschaft in Völklingen gefiel dem Staatsoberhaupt offenbar so gut, dass er seinen Besuch in der Pfarrei um einen Programmpunkt verlängerte, der nicht im Protokoll vorgesehen war. „Wo ist denn eure Kirche?“, wollte er wissen. Schnell hieß es für den Sicherheitsapparat aus Polizei und Personenschützern umdisponieren, sodass das hauptamtliche Team von Pfarrei und Pastoralem Raum Völklingen Steinmeier noch die Eligius-Kirche zeigen konnte. Interessiert zeigte sich der Bundespräsident am Motiv des diesjährigen Misereor-Hungertuchs, das den Altarraum schmückt. Organist Jonas Mayer spielte zum Abschied eine facettenreiche Variation des Deutschlandliedes auf der Orgel. „Das war ein schöner Abschluss der drei Tage in Völklingen“, bedankte sich Steinmeier. Der Besuch der Emmausstube war der letzte Programmpunkt der „Ortszeit Völklingen“.
(uk)