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Neuwieder „Schöppche“ nimmt wichtige Aufgaben wahr :Begegnung auf Augenhöhe 

Das Neuwieder „Schöppche“ bietet Obdachlosen die Möglichkeit, Wäsche zu waschen und frische Kleidung zu bekommen, etwas zu essen oder sich beraten zu lassen.
Vanessa Evren und Nick Bellion
Datum:
13. Aug. 2024
Von:
Julia Fröder

Neuwied – 40 bis 50 Personen kommen täglich ins „Schöppche“ um zu duschen, ihre Kleidung zu waschen oder sich beim gemeinsamen Essen oder einer Tasse Kaffee mit anderen auszutauschen. Die meisten in und vor dem Gebäude gleich hinter der Geschäftsstelle des Caritasverbands Rhein-Wied-Sieg (Heddersdorfer Straße 5) in Neuwied teilen das gleiche Schicksal: Sie sind wohnungslos. 

„Es ist eine Anlaufstelle für Menschen, die nicht gerne gesehen werden. Doch hier begegnet man ihnen auf Augenhöhe“, fasst Nick Bellion die Charakteristika der Einrichtung zusammen, die von Ehrenamtlichen organisiert wird und an den Caritasverband angegliedert ist. Bellion hat gemeinsam mit einer Kommilitonin im Zuge eines Studiums der Sozialen Arbeit an der Hochschule Koblenz die Arbeit des Tagesaufenthalts kennengelernt. „Es ist ein Rückzugsort, ein Safe Space für die Menschen“, sagt der 42-Jährige. Seine Kommilitonin Vanessa Evren kann das bestätigen und fügt hinzu: „Das Besondere ist auch die Niedrigschwelligkeit. Die Menschen können erstmal ankommen. Es wird wertschätzend und akzeptierend gearbeitet“, ohne, dass jemand direkt mit einem Therapieplan um die Ecke käme. 

In Gedenken an Verstorbene 

Der Gedenktag ist eine Gelegenheit, das Thema Drogentote in die Mitte der Gesellschaft zu bringen

Die Studierenden gestalteten im Rahmen eines Projektes eine Gedenkfeier für Personen, die durch den Konsum von Drogen verstorben sind. Anlass war der internationale Tag für verstorbene Drogengebrauchende, der bundesweit zum 26. Mal Ende Juli stattfand. Der Großteil der Besucherinnen und Besucher der Neuwieder Tagesstätte hat Erfahrungen mit Drogen, berichtet Janine Timm. Die Sozialarbeiterin ist Streetworkerin und in der Wohnungslosenhilfe bei der Caritas tätig. „Das hier ist für viele ein Familienersatz“, weiß Timm. Daher seien diese auch oft sehr bewegt, wenn einer von ihnen durch Drogenkonsum versterbe. „Es gibt immer Gespräche darüber“, sagt Timm. Einen Platz, den Verstorbenen zu gedenken, gibt es gegenüber des „Schöppchens“ im Pfarrgarten der Pfarrei St. Matthias. Die Kirchengemeinde hat das Grundstück für den Erinnerungsort zur Verfügung gestellt. Dort fand auch die Gedenkfeier statt. 

Bei der Planung des Gedenktages sei den beiden Studierenden wichtig gewesen, Klientinnen und Klienten, Angehörige und Interessierte einzuladen, um an die Verstorbenen in würdiger Weise zu erinnern. So hielt der katholische Seelsorger Christoph Hof eine Ansprache, und es gab die Möglichkeit, Steine mit den Namen der Verstorbenen zu beschriften und für jede gute Eigenschaft des Verstorbenen eine Perle auf einer Kette aufzufädeln. „Oft werden nur die schlechten Eigenschaften gesehen“, weiß Bellion. Der Gedenktag sei auch eine Gelegenheit, „um das Thema in die Mitte der Gesellschaft zu bringen“, so der 42-jährige Studierende. 

Ungeklärte Zuständigkeiten und fehlende Kapazitäten 

Mit Sorge schaut Streetworkerin Timm allerdings auf die steigende Zahl von Wohnungslosen in Deutschland. Es brauche mehr Anlaufstellen dieser Art, betonen Bellion, Evren und Timm unisono. Doch diese müssten durch Bundes- oder kommunale Mittel finanziert werden. Die Einrichtung in Neuwied lebt durch Spenden wie von der Bäckerei Preißing und den Ehrenamtlichen, die für die Wohnungslosen beispielweise stets frisch kochen. Gesetze gebe es einige, doch an der Umsetzung hapere es, ärgert sich Timm. Ungeklärte Zuständigkeiten und fehlende Kapazitäten seien meist die Antworten, die sie zu hören bekäme – und das, obwohl es das Grundrecht auf Obdach gebe, die Realität sähe allerdings anders aus. „Wir kommen da oft nicht weiter“, spricht sie aus der Praxis. Das hat auch Studentin Evren feststellen müssen und fordert von der Politik, dass mehr Geld in die Wohnungslosenhilfe fließe, „sodass mehr Fachkräfte in dem Bereich arbeiten können.“ Denn es fehle oftmals an langfristigen Lösungen für Menschen ohne Dach über dem Kopf. 

Montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr bietet das „Schöppche“ nicht nur Mahlzeiten und die Möglichkeit, Wäsche zu waschen oder frische Kleidung zu bekommen, sondern hier können auch Sozialberatungen durchgeführt werden oder Kontakte zu Ärzten oder Therapieangeboten vermittelt werden.