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Rendantur wird bei Brandunglück zum Zufluchtsort für Erstversorgung:Brand in Koblenz: Notfallseelsorger Bernd Wienczierz hat helfende Idee

Als ein Mehrfamilienhaus in der Nachbarschaft brennt, öffnet die Rendantur in Ehrenbreitstein ihre Türen und wird zum Erstversorgungsort für Evakuierte und Verletzte. Mitarbeitende und Hilfsdienste arbeiten Hand in Hand.
Rauchwolken steigen auf, die Rettungskräfte sind vor Ort
Datum:
26. März 2025
Von:
Simone Bastreri

Koblenz – Als eine Kollegin aufgeregt ins Büro stürmt und ihm von Rauch und Schreien draußen auf der Straße berichtet, zögert Bernd Wienczierz nicht lange. Der 59-Jährige läuft von seinem Bürogebäude in Ehrenbreitstein weniger als 60 Meter weit in die Kapuzinerstraße, wo sich gerade das erste Fahrzeug der Feuerwehr vor einem brennenden Mehrfamilienhaus positioniert. „Da standen Menschen Hilfe rufend in den Fenstern der oberen Stockwerke, teilweise mit Ruß beschmiert, oberkörperfrei und aus einigen Fenstern loderten Flammen“, erinnert sich der 59-Jährige. Mit der Drehleiter beginnt die Feuerwehr, die ersten Personen herunterzuholen, ein weiterer Rettungswagen stößt hinzu. Passanten gehen mit den Evakuierten in Richtung Kapuzinerplatz, es ist kühl an diesem Morgen.

Rendantur wird zu Zufluchtsort für Evakuierte und Rettungskräfte

Ausgebranntes Mehrfamilienhaus in der Kapuzinerstraße

Wienczierz arbeitet in der Rendantur Koblenz, einer Dienststelle des Bistums, die in der Vermögensverwaltung der  Kirchengemeinden tätig ist. Doch er ist auch Theologe und – was sich jetzt als Glück erweist – seit kurzem beauftragter Notfallseelsorger des benachbarten Bistums Limburg. In der Situation wird ihm schnell klar, dass es einen Ort braucht, wo die evakuierten und teils verletzten Menschen medizinisch und psychologisch versorgt und betreut werden können. Wienczierz wendet sich an den Einsatzleiter der Rettungskräfte und bietet an, die Räume der Rendantur in der benachbarten Humboldtstraße zu nutzen. Deren Leiter Nicolas Haas ist sofort einverstanden. Er ist schon auf dem Weg zur Arbeit auf der Rheinbrücke von einem Rettungswagen überholt worden und hat in Ehrenbreitstein Rauch aufsteigen sehen, erzählt er. Kurzerhand werden also der breite Flur und zwei Konferenzräume zum Zufluchtsort für die betroffenen Menschen und Hilfskräfte. Nach kurzer Zeit sind auch die für Koblenz zuständigen katholischen und evangelischen Notfallseelsorger*innen an Ort und Stelle, sprechen mit Verletzten und Angehörigen. „Es sind immer mehr Hilfsdienste angerückt. Die Malteser haben mit ihrem Betreuungsdienst mit den evakuierten Kindern gespielt, der Caritasmigrationsdienst kam mit Übersetzerinnen und mit Kleidung für die Leute“, erinnert sich Haas. In dieser Situation ist vor allem die Übersetzerin des Migrationsdienstes „Gold wert“, betont Notfallseelsorger Wienczierz. Sie muss unter anderem einer Frau erklären, wie schlimm es wirklich um ihren nach Köln ausgeflogenen, schwer verletzten Mann steht – keine leichte Aufgabe.

Bürgermeisterin dankt Rendantur-Team

Gebäude der Rendantur Koblenz

Aber auch alle Kolleginnen und Kollegen der Rendantur helfen, wo sie gebraucht werden: Einige kochen Kaffee oder Tee, eine Kollegin gibt ihre Jacke einer vom Löschwasser völlig durchnässten Frau, einige geleiten die schon registrierten und untersuchten Personen vom unteren in einen oberen, ruhigeren Konferenzraum. Bürgermeisterin Ulrike Mohrs, die schnell vor Ort ist und sich einen Überblick verschafft, dankt später Haas und seinem Team dafür, dass die kirchliche Einrichtung sofort zur Stelle war und ihre Türen geöffnet hat. 76 betroffene Personen zählt Wienczierz an diesem Tag, darunter 18 Verletzte. Schließlich organisieren Ordnungsamt und Caritas die Unterbringung der über 70 betroffenen Menschen aus dem ausgebrannten Gebäude in Hotels und Privatunterkünfte.

Kirche muss in existenziellen Situationen Menschen in Not helfen

Für Wienczierz ist es bisher sein größter Notfallseelsorge-Einsatz, vielleicht auch der dramatischste, weil er mitten im Geschehen dabei ist und nicht erst später gerufen wird. Vor einem Jahr hatte er die Weiterbildung begonnen, um Menschen in besonderen Krisen- und Notsituationen begleiten zu können. Notfallseelsorger*innen begleiten Personen, die etwa nach dem Tod eines Angehörigen verzweifelt zurückbleiben, sie überbringen gemeinsam mit der Polizei Todesnachrichten und sind bei Katastrophen oder Unfällen für Verletzte und Sterbende sowie Angehörige da. Das sei „ganz klar diakonischer Auftrag der Kirche“, sagt Wienczierz. Man erlebe Menschen in existenziellen Situationen, in denen sich Christlichkeit und Nächstenliebe zeigen könne. „Helfen, für andere da sein, die in Not sind. Das ist eine grundlegende christliche Botschaft“, betont der Familienvater.