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Birgit Kugel geht nach 32 Jahren an der Spitze des DiCV in Ruhestand:Dass die Caritas „ein starkes Stück Kirche“ bleibt

Nach 32 Jahren an der Spitze des Diözesan-Caritasverbands geht Dr. Birgit Kugel in den Ruhestand. Im Gespräch blickt sie auf ihre lange Dienstzeit zurück.
Foto: Helmut Thewalt/Bistum Trier
Datum:
30. Dez. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – Dr. Birgit Kugel, seit 32 Jahren Direktorin des Diözesan-Caritasverbands (DiCV) Trier, beendet zum 31. Dezember ihren Dienst und geht in den Ruhestand. Im Gespräch mit Judith Rupp, Pressesprecherin des Bistums Trier, hat sie auf ihre lange Dienstzeit zurückgeblickt.

Frau Dr. Kugel, was hat Sie vor 32 Jahren daran gereizt, sich für die Stelle der Caritas-Direktorin zu bewerben?

Als damalige Leiterin der Abteilung Finanzen im DiCV kannte ich den Verband, die Aufgaben und die Herausforderungen recht gut. Das breite Aufgabenspektrum und die Möglichkeit, Gesamtverantwortung für das Angebot und die Weiterentwicklung von Hilfeangeboten zu übernehmen – kurz: Caritasarbeit zu gestalten, haben mich sehr angesprochen.

Wie haben sich die Anforderungen an diese Stelle im Laufe der Jahre verändert?

Mit Einführung der Pflegeversicherung haben der politisch gewollte Markt und der wachsende Wettbewerb ganz andere Rahmenbedingungen geschaffen. Sie haben eine zunehmende Ökonomisierung und Bürokratisierung der sozial-caritativen Arbeit mit größeren Nachweis-, Aufsichts- und Dokumentationspflichten mit sich gebracht. Gleichzeitig erfolgten ein erheblicher Ausbau und die Ausdifferenzierung der sozial-caritativen Angebote, um den wachsenden Bedarfen Rechnung zu tragen.
Wichtig ist auch, dass die Diözesan-Caritasverbände und die Träger sozial-caritativer Einrichtungen und Dienste zunehmend sozialpolitisch gefordert sind. Hier geht es vor allem darum, die Perspektive der Armen und Benachteiligten einzubringen, die ansonsten leicht aus dem Blick geraten. Es geht aber auch darum, die Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln und enger, nicht nur innerhalb der Caritas, sondern auch mit den anderen Wohlfahrtsverbänden auf Landesebene, zu kooperieren, um angemessene Rahmenbedingungen für unsere Arbeit zu schaffen bzw. zu sichern.

Aktuell beschäftigen uns natürlich auch die rasante Entwicklung der Digitalisierung der caritativen Arbeit und die Haushaltskonsolidierung des Bistums, die gestaltet werden müssen.

Wenn Sie an die vielen Herausforderungen denken, die Sie mit dem Verband in den vergangenen drei Jahrzehnten meistern mussten: Worauf sind Sie stolz?

Stolz bin ich vor allem darauf, dass sich das Hilfeangebot der verbandlichen Caritas so gut entwickelt hat. Dies ist das Ergebnis des gemeinsamen Tuns vieler Akteure: Die Zusammenarbeit zwischen dem Diözesan-, den Ortscaritas- und den Personalfachverbänden sowie den korporativen Mitgliedern ist zu einem sozial-caritativen Netzwerk gewachsen, das flächendeckend notwendige Hilfen für Menschen in Not leistet und das geprägt ist von Transparenz, Vertrauen und hohem Engagement. 

In all den Jahren haben wir nicht nur weitreichende Veränderungen in den Rahmenbedingungen, vor allem im Bereich der stationären und teil-stationären Einrichtungen, umgesetzt. Es ist darüber hinaus gelungen, Art und Qualität der Angebote bedarfsgerecht auszubauen und das christliche Profil weiterzuentwickeln. So haben wir beispielsweise vor kurzem ein Projekt zur Hospiz- und Palliativkultur abgeschlossen, das darauf abzielt, in unseren Einrichtungen und Diensten eine würdevolle und an den Wünschen der schwerstkranken und sterbenden Menschen orientierte Begleitung zu gewährleisten.

Der Verband hat die Herausforderungen der letzten Jahrzehnte angenommen. Dazu gehörten beispielsweise Fluchtbewegungen als Folge von Kriegen und Konflikten, so wie wir es jetzt wieder durch den Angriffskrieg in der Ukraine erleben, die wachsende Armutsgefährdung in unserer Gesellschaft, aktuell verstärkt durch Inflation und Energiekrise, oder 2021 die Flut-Katastrophe mit ganz neuen Notsituationen.

Immer ist es uns gelungen, wirksame Beiträge zur Unterstützung von Menschen in Not zu leisten. So haben wir vor vielen Jahren zur Bekämpfung von Armut  einen Armutsprojektefonds geschaffen und haben zur Stärkung der Tafeln das Konzept Tafel Plus entwickelt. Darüber hinaus haben wir den notwendigen Ausbau der Beratungsdienste vorgenommen, um auf die wachsenden Bedarfe zum Beispiel in der Schuldnerberatung, der Allgemeinen Sozialberatung sowie der Migrationsarbeit zu reagieren.

Nennen möchte ich auch die vor zwei Jahren geschaffenen Familienbüros, die den Menschen dabei helfen, ihre Ansprüche auf sozialpolitische Leistungen des Staates geltend zu machen, oder den aktuell geschaffenen „Notfall-Energie-Fonds“, der Menschen unterstützt, die von der Energiekrise besonders hart betroffen sind.

Wenn ich diese Hilfeangebote beispielhaft darstelle, ist es mir wichtig, den engagierten und kompetenten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden ein großes Dankeschön zu sagen: Sie stellen tagtäglich eindrucksvoll unter Beweis, wie wichtig gelebte Solidarität und soziales Engagement sind.

Gibt es etwas, das Sie "unfertig" zurücklassen - vielleicht auch bewusst als Aufgabe für eine*n Nachfolger*in?

Aktuell erleben wir eine Zeit von großen Veränderungen und neuen Herausforderungen. Insgesamt gesehen stehen wir am Anfang eines weitreichenden Strategie- und Organisationsentwicklungsprozesses. Das ist eine wichtige Aufgabe für meine Nachfolge.

Was werden die wichtigsten Aufgaben für den Verband in den kommenden drei bis fünf Jahren sein?

Wichtige Aufgaben werden sein, bei knapper werdenden finanziellen Ressourcen - ich nenne hier die Haushaltssicherung im Bistum oder die Entwicklung der Kirchensteuer - nach Synergien in der verbandlichen Caritas zu suchen und neue Förderungen zu erschließen, damit das dringend benötigte Hilfeangebot aufrecht erhalten werden kann. Bei der Personalgewinnung stehen große Anstrengungen an, um geeignetes Personal gewinnen und halten zu können. Schon heute gibt es einen Fachkräftemangel insbesondere in der Pflege und in der Kinderbetreuung.

Zudem sind große gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Hierzu gehören der demographische Wandel, die wachsende Armutsgefährdung und der sozial gerechte Klimaschutz.

Frau Dr. Kugel, was wünschen Sie dem DiCV zu Ihrem Abschied?

Ich wünsche dem DiCV, dass der Verband auf allen Ebenen auch in Zukunft von kompetenten und hoch engagierten hauptberuflich und ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden getragen wird, und dass er sein besonderes Profil als „starkes Stück“ Kirche an der Seite von Menschen in Not sichert und weiterentwickelt.

Am Ende meiner Amtszeit bleibt mir, gerade vor dem aktuellen Hintergrund, daran zu erinnern, dass es auch zukünftig sehr wichtig ist, gemeinsam und tatkräftig an einer solidarischen Gesellschaft zu arbeiten und unseren Beitrag dazu zu leisten. Die Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen, dürfen nicht aus dem Blick geraten.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für den neuen Lebensabschnitt, Frau Dr. Kugel!


Birgit Kugel (*1960) hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität Trier studiert; zunächst war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Trier und promovierte 1988 in diesem Fach. Nach einer Station im höheren Beamtendienst beim Land Rheinland-Pfalz wurde sie im Juli 1989 Leiterin der Abteilung Finanzen im DiCV Trier. Im November 1990 übernahm sie das Amt der Diözesan-Caritasdirektorin.

Informationen zum DiCV Trier sind unter www.caritas-trier.de zu finden.

(JR)