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Biblischer Talent-Wettbewerb:Die wundersame Geldvermehrung vom Schaumberg

Pfarrer Theo Welsch nahm vor einem Jahr das Evangelium wörtlich und verschenkte Geld mit dem Auftrag, es zu mehren. Jetzt machte er Kassensturz.
Die Messdienerinnen Lotta, Paula, Hanna und Emma Weber sowie Marlene Brill (von links) aus Theley haben das Geld von Pfarrer Theo Welsch auf kreative Weise vermehrt.
Datum:
13. Dez. 2024
Von:
Ute Kirch

Theley – Als Pfarrer Theo Welsch an einem Wochenende im November 2023 in den Gottesdiensten seiner Pfarreiengemeinschaft Am Schaumberg ein riesiges Bündel Fünf-Euro-Scheine zückt, blickt er in verdutzte Gesichter. Die noch erstaunter wurden, als er jedem Gottesdienstteilnehmer einen der Geldscheine schenkt. 430-mal musste er den Geldbeutel zücken – insgesamt verteilte er so 2.150 Euro aus seinem Privatvermögen. Und warum? „Es ging um eine praktische Umsetzung des im Gottesdienst gehörten Gleichnisses von den anvertrauten Talenten“, sagt Welsch.

Neben „Fähigkeit“ meint „Talent“ im biblischen Sinne auch eine Geldeinheit. Bevor er auf Reisen geht, verteilt ein Herr an seine Diener sein Vermögen mit dem Auftrag, damit zu wirtschaften. Dem ersten Diener gibt er fünf Talente, dem zweiten zwei und dem dritten ein Talent. Bei seiner Rückkehr haben die ersten beiden Knechte die Talente verdoppelt und werden gelobt. Tadel bekommt hingegen der dritte Diener, der sein Talent lediglich in der Erde vergraben hatte. Auch die Gläubigen der Pfarreiengemeinschaft Am Schaumberg waren aufgerufen, das Geld binnen eines Jahres für den guten Zweck zu mehren. Auf einem Zettel konnten sie wählen, was mit ihren erwirtschafteten Talenten passiert. Zur Wahl standen: die Finanzierung einer Heizungs-Steuerung in der Kirche St. Peter in Theley, die Reparatur der Außentüren der Kirche St. Mauritius in Sotzweiler, die Finanzierung von Kirchturm und Glockenstuhl der Kirche St. Bartholomäus und Hasborn sowie die Renovierung des Pfarrsaals mit Küche bei der Kirche St. Katharina in Scheuern.

Schaumberger versechsfachten den Einsatz

Nach einem Jahr hat Pfarrer Welsch nun Kassensturz gemacht. Die von ihm persönlich investierten 2.150 Euro seien sein „unternehmerisches Risiko“ gewesen, sagt Welsch, der die Aktion bereits an zwei früheren Pfarrorten durchgeführt hat. „Beide Male mit Erfolg, und so wie ich die Schaumberger kennengelernt habe, wusste ich: Das wird was! Die machen mit.“ Und sein Gefühl hat ihn nicht getrogen: Mit einem Gewinn von 7.425 Euro haben sie den Einsatz binnen eines Jahres versechsfacht. „Das ist ein sehr beachtliches Ergebnis“, dankt Welsch seiner Gemeinde.

Zu dem Ergebnis des biblischen Talent-Wettbewerbs beigetragen haben auch die Messdienerinnen der Pfarrei St. Peter in Theley. Gemeinsam mit ihrem Vater hat die zehnjährige Marlene Brill aus Theley Muffins gebacken. „Die haben wir dann im Friseursalon von Oma und Opa in Alsweiler verkauft“, erzählt die Messdienerin, die so einen Gewinn von 35 Euro erwirtschaftete. Auch die vier Schwestern Emma, Hanna, Lotta und Paula Weber – ebenfalls Messdienerinnen in St. Peter – ließen sich etwas einfallen. Sie bestellten weiße Lesezeichen, die sie mit Aquarellfarben mit religiösen Motiven, aber auch Herzen, Glückskleeblättern, Engelchen oder Regenbögen verschönerten. „Die haben wir dann nach dem Gottesdienst verkauft“, erzählt die zehnjährige Lotta. Für die rund 50 Lesezeichen erzielten sie einen Gewinn von 130 Euro. „Die Aktion war cool“, sind sich die Schwestern einig. „Ihr Opa hat es ganz anders gemacht, er hat zum Fünf-Euro-Schein des Pastors einfach einen zweiten Fünf-Euro-Schein gelegt und den Umschlag so mit der verdoppelten Summe zurückgegeben“, verrät Vater Alexander Weber. Auch das sei völlig legitim, versichert Theo Welsch: „Wie die Talente vermehrt werden, dazu macht das Gleichnis keine Vorgaben.“

Jeden Monat berichtete der Pfarrer im Pfarrbrief über die Rückmeldungen zur Fünf-Euro-Aktion und die Ideen der Gemeindemitglieder. Besonders viele Einnahmen brachten das Orgelkonzert von Organist Thomas Martin, das 600 Euro für St. Peter in Theley einbrachte. Im Frühjahr soll es ein weiteres Konzert in Sotzweiler geben – das Spendenergebnis dürfte dann noch einmal steigen. Einen Gewinn von 508 Euro erzielte ein Hobbygärtner durch den Verkauf von Äpfeln aus dem eigenen Garten.

Erlöse durch Kuchenverkaufe und Bitcoins

Die meisten Schaumberger blieben bei bodenständigeren Aktionen: mehrfach wurden selbstgebackene Kuchen, Plätzchen oder Häkelarbeiten für den guten Zweck verkauft. „Besonders kreativ fand ich auch die Aktion, dass jemand für das Geld Schoko-Münzen gekauft hat, die er dann gegen echte Münzen getauscht hat und so 28 Euro erwirtschaftet hat“, sagt Welsch. Ein anderer sah einen Zufall am Geldautomaten als Zeichen für die Aktion: „Der Automat hat nur Fünf-Euro-Scheine ausgegeben. Für mich war das die Gelegenheit, Ihnen das Geld zurückzuzahlen“ – 95 Euro Gewinn für St. Bartholomäus in Hasborn. Einen kuriosen Einfall hatte auch ein Kirchenmitglied aus Scheuern: Es investierte das Geld in die Kryptowährung Bitcoin und erzielte einen Gewinn von 15 Euro zugunsten von St. Katharina. Ein Gemeindemitglied, das eine schwere Krankheit durchleben musste, spendete aus Dank für die Genesung, jemand anderes verschenkte das Trinkgeld, das er beim Austragen der Pfarrbriefe erhalten hatte.

Der Geldsegen komme der Pfarreiengemeinschaft sehr gelegen. „Vom Bistum erhalten wir für diese Baumaßnahmen 60 Prozent der Kosten, die restlichen 40 Prozent muss die Pfarrei aufbringen. Da hilft uns die Aktion sehr“, dankt Pfarrer Welsch. Während die Heizungs-Steuerung und die Reparatur der Außentüren bereits erledigt sind, muss noch ein Teil der Sanierung in Hasborn erfolgen. Als nächstes komme der Pfarrsaal in Scheuern an die Reihe. Überwiegend sei die Aktion positiv aufgenommen worden, vereinzelt sei Unverständnis geäußert worden nach dem Motto „Ich verstehe den Sinn nicht, ich zahle doch schon Kirchensteuer.“ Natürlich habe es auch Leute gegeben, die das geschenkte Geld nicht im Sinne der Aktion verwendet haben. „Aber wenn sie sich davon Brot, Butter oder Eier gekauft haben, soll es mir auch recht sein“, meint Welsch.

„Die meisten wissen bestimmt schon nach einer Woche nicht mehr, was ich am Sonntag gepredigt habe, aber an diese Aktion werden sie sich erinnern“, ist der Pastor überzeugt. Übrigens: Das Evangelium mit dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten wird im Drei-Jahres-Rhythmus im Gottesdienst verlesen – Gelegenheit zur Nachahmung gibt es also wieder in zwei Jahren.