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Buchvorstellung über die letzten acht Trierer Erzbischöfe und Kurfürsten :„Doppelwesen” zwischen weltlicher und geistlicher Macht 

Archivar Dr. René Hanke wird sein Buch über die letzten acht Trierer Erzbischöfe und Kurfürsten im Museum am Dom der Öffentlichkeit präsentieren.
Clemens Wenzeslaus als reitender Kurfürst
Datum:
20. Jan. 2025
Von:
Inge Hülpes

Trier/KoblenzDie letzten Trierer Erzbischöfe: Acht Männer, geistliche Oberhirten und weltliche Regenten in einem, lenkten die Geschickte der Erzdiözese mitten in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs, der Aufklärung und der Französischen Revolution, in deren Folge Erzbistum und Kurstaat letztlich zerfielen. In seinem jüngst erschienen Band „Die Trierer Erzbischöfe von 1623 bis 1802“ aus der Reihe Germania Sacra liefert Dr. René Hanke, Archivar am Landeshauptarchiv Koblenz, einen zwölfhundert Seiten starken Überblick über Leben und Wirken der von ihm auf den Zahn gefühlten „Doppelwesen“ im Spannungsfeld zwischen kirchlicher und weltlicher Macht. Auf Einladung von Jörg Michael Peters, Trierer Dompropst und Weihbischof, wird Hanke am Freitag, 31. Januar um 18.30 Uhr, sein Buch im Museum am Dom der Öffentlichkeit präsentieren. Mit seinem Band bildet Hanke einen detaillierten „Ist-Stand” ab, mit dem er zudem eine Grundlage für künftige Forschungsbestrebungen schafft. 

Anhand einer Fülle von Sekundär- und vor allem Primärquellen aus den Beständen des Landeshauptarchivs Koblenz, des Bistums- und des Stadtarchivs Trier identifiziert der promovierte Historiker Kontinuitäten und Brüche im Regierungsgeschehen in Innen- und Außenpolitik und beleuchtet das Verhältnis der Regenten zu ihrem Domkapitel, dem Adel und den Landständen, aber auch zur römischen Kurie und der Reichskirche. „Wenn man sich näher an der Wurzel, also aus den Quellen heraus, mit den Erzbischöfen beschäftigt, und das in Kontrast setzt zu dem Bild, das von ihnen überliefert ist, hat sich mir das ein oder andere doch anders dargestellt”, verrät Hanke. 

„Was mag er sich dabei nur gedacht haben?” 

Dr. René Hanke, Archivar am Landeshauptarchiv Koblenz

„Philipp Christoph von Sötern zum Beispiel, dessen Regierungszeit sicherlich die dramatischste in der Reihe der acht letzten Erzbischöfe war, ist harsch dafür kritisiert worden, dass er sich im Dreißigjährigen Krieg mit Frankreich und dem protestantischen Schweden eingelassen hat. Für einen Erzbischof und Kurfürsten war es tatsächlich zunächst einmal fragwürdig, diese Neutralitätsverträge abzuschließen.” In einer stark national geprägten, traditionellen Geschichtsschreibung sei dieser Schritt daher oftmals als „Verrat am Reich” angesehen worden. Analysiere man jedoch die genauen Umstände, die diesem Entschluss zugrunde lagen, „kann man schon einiges an Verständnis dafür aufbringen. Da wäre eine differenzierte Beurteilung angebracht, die ich in meinem Buch auch versucht habe”, so Hanke. Trotz allen politischen Kalküls attestiert er von Sötern, der bei Bürgertum wie Domkapitel gleichermaßen verhasst war, einen Hang zu Jähzorn, Starrsinn und empfindlicher Eitelkeit. Nach acht Jahren Ermittlung und Ausarbeitung wagt Hanke also den Blick auf die innere Verfasstheit seiner Forschungsobjekte. Zwar erlauben die Quellen durchaus Rückschlüsse auf die jeweilige Persönlichkeitsstruktur und den daraus resultierenden Führungsstil. Doch: „Ich bin ja Historiker, und kein Psychologe.” Wobei Hanke gesteht, dass er die Würdenträger manchmal gerne „auf die Couch gelegt hätte”, scherzt er. „Und zwar immer, wenn ich mich fragte: ‘Was mag er sich wohl dabei nur gedacht haben?’“ Manch blinder Fleck bleibt also bis heute. Dennoch konnte Hanke den Quellen einiges von Interesse entlocken.  

Bei dem Letzten seiner Art, Clemens Wenzeslaus von Sachsen, attestiert der Historiker etwa grobe Fehler im Umgang mit dem einfachen Volk. In den Jahren um 1800 musste Clemens Wenzeslaus erleben, dass Kurstaat und Bistum auseinanderbrachen und zu großen Teilen an Frankreich fielen. Hanke stellt fest: „Den Bedürfnissen der einfachen Bevölkerung hat Clemens Wenzeslaus zu wenig Beachtung geschenkt. Ihm war wohl nicht klar, wieviel Momente des farbigen Gepränges dem Volk bedeutet haben.“ Angestoßene Reformen, die Clemens Wenzeslaus aus einem „Nutz- und Effizienzdenken“ heraus angestoßen habe – vulgo etwa das Verbot der Echternacher Springprozession oder die Halbierung der Anzahl der Feiertage – stießen daher auf wenig Begeisterung und setzten sich gar nicht erst durch in der Praxis.  

Wer mehr über die Regierungszeit und die Persönlichkeiten der letzten Trierer Erzbischöfe und Kurfürsten erfahren möchte, ist herzlich zur Buchpräsentation eingeladen. Ergänzend zu dem Vortrag von René Hanke gibt es eine historische Einordnung von Prof. Dr. Stephan Laux (Universität Trier) und die Möglichkeit, ausgesuchte Exponate im Museum am Dom zu erkunden. Der Eintritt ist frei.