Franziskanerinnen stellen am Tag der Ordenschristen Projekt aus Hermeskeil vor:„Eine zweite Heimat sein“
Trier – „HerausGERUFEN - Über den Kirchturm hinaus schauen“ – Zu diesem Impuls im Rahmen der Heilig-Rock-Tage lud der Begegnungstag der Ordenschristen am 17. April ein. Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich auf dem Bischof-Stein-Platz zahlreiche Männer und Frauen in ihren Ordenstrachten, um gemeinsam zu feiern, sich auszutauschen und sich vom Impuls der drei Franziskanerinnen vom Kloster Hermeskeil inspirieren zu lassen.
Bei einem Vorab-Besuch im „Klösterchen“ in Hermeskeil verrieten die drei Ordensfrauen, was ihre kleine Gemeinschaft und ihre Arbeit vor Ort besonders macht. Jede der drei kommt aus einer anderen franziskanischen Kongregation: Schwester Dorothea-Maria Slabschie ist Waldbreitbacher Franziskanerin, Sr. M. Elke Weidinger Sießener Franziskanerin und Sr. M. Beate Kleß stammt aus dem Franziskaerinnenkloster in Dillingen. Gemeinsam bauen die drei Schwestern in Hermeskeil ein geistliches Zentrum auf – in Kooperation mit der Pfarrei Sankt Franziskus, dem Dekanat und mit der tatkräftigen Unterstützung eines Fördervereins. Angelaufen sind schon mehrere Angebote, wie Sr. Elke Weidinger berichtet: „Wir bieten einmal im Monat eine Atempause für Frauen an, bei der immer eine biblische Frauengestalt im Mittelpunkt steht und wo wir kreativ mit der Bibel arbeiten. Mit Pfarrer Clemens Grünebach haben wir Anfang des Jahres einen Besinnungstag mit Collagen-Gestaltung gemacht, da hatten wir alle Altersstufen dabei.“ Bibelgespräche in- und außerhalb des Klosters, Autorenlesungen, franziskanische Besinnungsnachmittage, adventliches Basteln für Großeltern und Enkel gehören ebenfalls zum Programm der Schwestern, die zusätzlich auch auf Anfragen von außerhalb offen sind. Es gibt die Möglichkeit, für eine Zeit mit den Schwestern in ihrer Gemeinschaft zu leben und individuelle Exerzitien zu machen, ein Kurs ist bereits für den Oktober gemeinsam mit Pfarrer Clemens Grünebach geplant. Sonntagabends finden im Sommer um 19 Uhr und im Winter um 18 Uhr Gottesdienste mit dem Klosterensemble statt, freitags um 18.30 Uhr das Abendlob, dazwischen gibt es Taizégebete und Vesper-Gebete.
Dass es diese Angebote nun in Hermeskeil gibt, ist nicht selbstverständlich und dem großen Engagement der Menschen vor Ort für „ihr“ Klösterchen zu verdanken, betonen die Schwestern. Als 2016 klar war, dass die bisher dort lebenden Franziskanerbrüder ihr Kloster aufgeben würden, setzten sich viele Menschen vor Ort dafür ein, dass das Ordensleben in Hermeskeil weitergehen sollte. Eine von ihnen war Religionslehrerin Kerstin Schmitz-Stuhlträger, die inzwischen Vorsitzende eines extra für das Klösterchen gegründeten Fördervereins ist. „Für die Menschen vor Ort war die Nachricht sehr schmerzhaft, dass das Kloster aufgegeben werden sollte, denn es war vielen eine Art zweite Heimat.“ Schmitz-Stuhlträger, die auch an der Synode im Bistum teilnahm, machte es sich gemeinsam mit vielen Mitstreitern zur Aufgabe, das „Klösterchen“ als Standort für ein geistliches Zentrum aufzubauen. So übernahm der Förderverein in der rund einjährigen Vakanz laufende Kosten, etwa für Strom, Heizung und Wasser. Dann kam die interfranziskanische Arbeitsgemeinschaft (INFAG) ins Spiel, der alle franziskanisch-klarianischen Gemeinschaften angehören.
Sie fragte ihre Mitglieder an, ob es nicht Schwestern oder Brüder gebe, die am Aufbau eines geistlichen Zentrums mitwirken wollten. „Wir sind quasi die Antwort auf den Brief der INFAG“, sagt die 54-jährige Sr. Elke mit einem Lächeln. Die Gemeindereferentin war schon einmal sieben Jahre im Allgäu in einem geistlichen Zentrum tätig. Ihre Mitschwester M. Beate war vor ihrem Ruhestand Lehrerin und hatte mit 70 Jahren nochmal Lust, etwas Neues zu wagen. Die dritte Mitschwester ist die 41-jährige Dorothea-Maria, die den „kürzesten“ Weg hatte, da ihr Mutterhaus in Waldbreitbach ist. Die drei verbindet die franziskanische Spiritualität, die sie auch im Umgang mit den Menschen leben. „Wir nehmen jeden Menschen so an, wie er ist, bei uns ist jeder willkommen“, sagt Sr. Dorothe-Maria. Und Sr. Elke fügt an: „Pilger und Fremdling sein ist wesentlich für die Franziskaner – wir leben das in gewisser Weise vor, weil wir aus unseren Gemeinschaften aufgebrochen sind, uns auf Neues und Fremdes einlassen. Uns ist wichtig, zu den Menschen rauszugehen und mit ihnen zu leben.“ Schmitz-Stuhlträger bestätigt das. „Die Menschen haben das schnell wahrgenommen, dass die Schwestern sich nicht im Kloster verschanzen und warten, dass einer zu ihnen kommt, sondern rausgehen. Ob auf dem Neujahrsempfang der Stadt, beim Konzert oder dem Altennachmittag, sogar bei Yogastunden kann man sie treffen. Das Klösterchen ist ein niederschwelliges Angebot, hier fragt niemand nach, wer man ist und welche Brüche man im Leben vielleicht hatte.“ Vielleicht auch deshalb seien die Gottesdienste immer gut gefüllt, Messdiener gebe es meist genug, auch ohne festen Plan. „Und was uns freut, unsere Angebote und die Gottesdienste werden auch gut von Männern angenommen“, sagt Sr. Beate. Für die Schwestern ist klar: In der heutigen Zeit müssen die Orden angesichts sinkender Eintrittszahlen Antworten finden und mutig sein, so wie mit dem interfranziskanischen Projekt in Hermeskeil.
Weitere Informationen und den Gottesdienstplan gibt es auf www.katholische-kirche-ruh.de.
(sb)