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Ort des Zuhörens in Losheim am See:Einfach reden und gehört werden

Noch bis zum 26. August gibt es am Losheimer Stausee den „Ort des Zuhörens“. Am Bauwagen finden Menschen täglich ein offenes Ohr,
Schenken Menschen ein offenes Ohr: Gemeindereferentin Barbara Jung und Aloysius Fehr.
Datum:
19. Juli 2024
Von:
Ute Kirch

Losheim am See – Wer sich vom Parkplatz an der Tourist-Info auf den Weg zum Stausee macht, kann ihn nicht übersehen: Leuchtend orange steht auf der Wiese ein schlichter Bauwagen. Davor – unter Apfelbäumen – drei Stühle und ein kleiner Campingtisch. Ein Aufsteller informiert Touristen wie Einheimische – viele bepackt mit vollen Strandtaschen – was hier los ist: „Ort des Zuhörens“. Wer will, der findet hier noch bis zum 26. August täglich von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr (donnerstags bis 19 Uhr), einen Menschen mit offenem Ohr. Zum neunten Mal gibt es das Angebot; anfangs getragen von der Pfarreiengemeinschaft Losheim, inzwischen vom Pastoralen Raum Wadern.

Die Idee zu dem „Ort des Zuhörens“ sei vor zehn Jahren bei einer spirituellen Wanderung mit Diakon Wolfgang Drehmann entstanden, erzählt Gemeindereferentin Barbara Jung: „Wir wollten gerne mehr Angebote am See machen und für Leute da sein, die jemanden suchen, mit dem sie sprichwörtlich ,über Gott und die Welt‘ reden und ihre Nöte und Sorgen loswerden können. Jemanden zu haben, der einem zuhört, ist ein Grundbedürfnis des Menschen, das im Alltag leider oft zu kurz kommt.“ Zwölf Ehrenamtliche und sieben Hauptamtliche sind in diesem Sommer im Einsatz. Von Anfang an ehrenamtlich mit dabei ist Aloysius Fehr aus Losheim-Bergen. „Wir verschenken Zeit“, sagt der 73-Jährige. Nicht immer komme innerhalb der zweistündigen Schicht jemand vorbei, der das Gespräch sucht. „Ich saß auch schon hier, da ist niemand gekommen. Aber das ist für mich keine verlorene Zeit. Für zwei Stunden den Alltag unterbrechen und Zeit für sich haben, ist auch ein Geschenk.“

Doch viele bleiben stehen und suchen das Gespräch, wobei der Inhalt des Gesagten vertraulich bleibt. Die Themen sind so vielfältig wie die Menschen, die aus allen Altersgruppen kommen: Trauer um Angehörige, Mobbing auf der Arbeit oder in der Schule, die Überforderung mit der Pflege des Partners oder der Eltern, Beziehungsprobleme, früherer Missbrauch und vor allem das Thema Einsamkeit sind Anliegen für die Zuhörende gesucht werden. Vor ihrem Einsatz lernen die Engagierten die Grundlagen des aktiven Zuhörens von Mitarbeitenden der Lebensberatungsstelle und wie sie auf Gesagtes reagieren können – ohne zu werten. „Wir sind keine ausgebildeten Therapeuten oder Berater“, stellt Gemeindereferentin Barbara Jung klar, „aber jeder von uns bringt Lebenserfahrung mit. Wir leben in Beziehungen, kennen Freud‘ und Leid, haben teilweise selbst Angehörige gepflegt oder ein Geschäft geleitet.“ Bei Bedarf verteilt das Team Flyer von Hilfsangeboten etwa der Lebensberatung oder der Caritas und kann aufzeigen, wo sich die Gesprächspartner professionelle Hilfe holen können. „Leider ist Zuhören oft verbunden mit etwas Negativem, etwa dass man von Problemen erzählt. Aber ich höre mir auch gerne etwas Positives an – über eine gute Note oder ein tolles Erlebnis“, sagt Jung.

 

Positive Reaktionen

„Schön, dass es sowas gibt“, „Nach dem Besuch hier geht es mir besser“, oder aber auch „Ist das ein moderner Beichtstuhl?“ – sind nur drei von unzähligen Reaktionen, die das Team vom „Ort des Zuhörens“ von Besucherinnen und Besuchern bekommen hat. Für alle eine Motivation, weiter mitzumachen. Einen weiteren positiven Effekt des Ehrenamts nennt Aloysius Fehr: „Wir haben gelernt, bewusster zuzuhören – das klappt nicht nur am Bauwagen, sondern auch zu Hause und im Freundeskreis.“