Kongress der Bundeskonferenz tagte zum Thema Gewalt:Erziehungsberatungen fordern bessere Finanzierung
Saarbrücken – Die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) hat Bund und Länder aufgefordert, die Kommunen bei der Finanzierung von Beratungsangeboten finanziell zu unterstützen. Anlässlich ihrer Wissenschaftlichen Jahrestagung vom 27. bis 29. Oktober zum Thema „Gewalt“ forderte der bke-Vorsitzende Bodo Reuser: „Es gibt einen Rechtsanspruch auf Erziehungsberatung, die Kommunen dürfen mit der Aufgabe nicht alleine gelassen werden“.
Auch die Zahl der Beratungs-Fachkräfte müsse erhöht werden, um den steigenden Bedarf zu decken. So fordert die bke eine Vollzeitkraft auf 2500 Minderjährige. Der Bundesschnitt liege seit 2003 bei einer Vollzeitstelle für knapp 4000 Minderjährige. Im Saarland habe es im Jahr 2020 rechnerisch eine Vollzeit-Beratungskraft auf 5800 Minderjährige gegeben. „Im Sinne einer ausreichenden Versorgung der saarländischen Bevölkerung und angesichts der steigenden Inanspruchnahmen – auch im Zuge der langfristigen Folgen der Corona-Pandemie – halten wir den personellen Ausbau der Erziehungs- und Familienberatung für geboten“, sagt Theresia Wagner, Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungs- und Familienberatung im Saarland und Leiterin der Lebensberatung des Bistums Trier in St. Wendel ist.
Bundesweite Untersuchungen wie die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zeigten, dass fast jedes dritte Kind ein Jahr nach Beginn der Pandemie unter den psychischen Belastungen leide. Sorgen und Ängste haben zugenommen, auch depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden sind verstärkt zu beobachten. Kinder und Jugendliche berichteten über mehr Streit in den Familien und über vermehrte schulische Probleme. „Diese Befragungsergebnisse decken sich mit den täglichen Erfahrungen in den saarländischen Erziehungsberatungsstellen“, sagt Wagner.
Aspekte von Gewalt
Rund 350 Fachkräfte aus der Erziehungsberatung und angrenzenden Arbeitsfeldern aus ganz Deutschland haben an der Online-Jahrestagung der bke teilgenommen. In Vorträgen und Workshops diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die vielfältigen Aspekte von Gewalt innerhalb und außerhalb von Familien und Cyber-Gewalt sowie über Präventionskonzepte, Kinderschutz, gewaltfreie Kommunikation und Programme zur Förderung der Regulation von Emotionen.
Gewalt sei schon vor Corona allgegenwärtig gewesen, sagt Reuser. Dabei setze sich ein Trend zur Verlagerung von körperlicher Gewalt hin zu anderen Formen wie Mobbing und Cyber-Gewalt fort. „Die Corona-Pandemie wirkt eindeutig als Beschleuniger dieser Entwicklungen, auch wenn es sich, zumindest im Saarland, noch nicht anhand offizieller und gesicherter Zahlen belegen lässt. Die Dunkelziffer ist hoch und die Zunahme von verbaler und psychischer Gewalt, von der wir täglich in der Erziehungsberatung Kenntnis nehmen, ist beträchtlich“, sagt Theresia Wagner. Ziel der Wissenschaftlichen Jahrestagung sei es daher auch, einen differenzierteren Blick auf diese gesellschaftliche Realität zu richten und verschiedene Handlungsansätze für die Erziehungsberatung zu diskutieren.
Vorbereitet wurde die Jahrestagung von der saarländischen Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungs- und Familienberatung, die maßgeblich von Mitgliedern der saarländischen Lebensberatungsstellen des Bistums Trier besetzt ist.
Info: Im Saarland gibt es acht Erziehungsberatungsstellen. Sechs davon sind in Trägerschaft des Bistums Trier (Saarbrücken, Saarlouis, Lebach, St. Wendel, Merzig und Neunkirchen). Im Saarpfalz-Kreis ist der Landkreis Träger der Einrichtung in Homburg und der Caritasverband für die Diözese Speyer für die Beratungsstelle in St. Ingbert.
(uk)