Gedenkstein:Gemeinsam an Opfer erinnert

Treis - In dem Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof hatten rund 2400 Häftlinge aus allen von den Nazis besetzten Ländern Zwangsarbeit leisten müssen, um eine unterirdische Tunnelanlage zwischen Bruttig und Treis zu errichten. Nachweislich 98 Häftlinge kamen gewaltsam ums Leben. Viele weitere starben infolge der unmenschlichen Haftbedingungen noch im oder kurz nach dem Krieg. Zwölf jüdische Bewohnerinnen und Bewohner von Treis wurden zudem im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des KZ Auschwitz nahmen rund 100 Personen aus Politik und Gesellschaft, Kirche und Kultur auf Einladung von Landrätin Anke Beilstein an einer Gedenkstunde teil, um an die Opfer zu erinnern.
In unserer Verantwortung liegt es, deutlich zu zeigen, dass das jüdische Leben in Deutschland genauso selbstverständlich dazu gehört wie das jedes anderen Glaubens oder Nichtglaubens.
Avadislav Avadiev
„Wir kommen am Holocaust-Gedenktag zusammen, um der Geschichtsvergessenheit entgegenzuwirken, gegen Antisemitismus und jede gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einzutreten sowie für Werte wie Freiheit, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Menschenrechte einzustehen“, erklärte Pastoralreferentin Veronika Raß vom Pastoralen Raum Cochem, die auch Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte KZ-Außenlager Cochem ist. Der Förderverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Geschichtsvergessenheit entgegenzuwirken und an die Opfer des NS-Regimes zu erinnern.
Auch an ermordete Behinderte erinnert
Man erinnerte an alle Opfer der Nazis: der ermordeten Sinti und Roma, der ermordeten politischen Gegner des NS-Regimes, der ermordeten Homosexuellen, der ermordeten Kranken, Behinderten und als sogenannte „Asoziale“ Diffamierten, der ermordeten Polinnen und Polen und der ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen. Die Theologin verwies auch auf die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie, die vom Kloster Ebernach nach Kulparkow bei Lemberg deportiert und dort ermordet wurden.
Neben Raß, die im Pastoralen Raum den Arbeitsbereich Erinnerungskultur leitet, waren seitens der christlichen Konfessionen die katholischen Pfarrer Hermann-Josef Floeck von der Pfarrei St. Castor und Gefährten sowie Jijo Antony von der Pfarrei Moselkrampen, Pfarrerin Dr. Anke Wiedekind von der Evangelischen Kirchengemeinde Cochem, Sven Ziegler von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Bendorf und Tom Goeller vom Bund der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden an der Feier beteiligt. Wiedekind sprach für alle Konfessionen ein Gebet.
Nach einem Grußwort von Ortsbürgermeister Hans-Josef-Bleser trugen Schülerinnen und Schüler des Martin-von-Cochem- Gymnasiums die Biografien verschiedener Opfer vor, die im KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis gequält wurden: Bert Aertz, Hendrikus Rempe, Christian Vervooren, Ubaldo Belucci, Jakub Chabinski und Exile Lucas Schwarzfeld. Guido Pringnitz aus Treis vermittelte weitere Informationen. Hans-Josef Bleser aus Treis-Karden trug die Biografie der aus Treis stammenden Jüdin Herta Corper Salomon vor, die im KZ Auschwitz ermordet wurde.
Politik muss jüdisches Leben in Deutschland schützen
Avadislav Avadiev, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Koblenz sowie der Landesarbeitsgemeinschaft der jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz, nannte als wichtige Aufgabe der Politik, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen. Jede und jeder Einzelne sei gefragt, dem Antisemitismus und der Menschenfeindlichkeit entgegenzuwirken: „In unserer Verantwortung liegt es, deutlich zu zeigen, dass das jüdische Leben in Deutschland genauso selbstverständlich dazu gehört wie das jedes anderen Glaubens oder Nichtglaubens.“
Im Anschluss an die Gedenkstunde bestand die Gelegenheit zu Begegnung und Gespräch im katholischen Pfarrheim St. Johannes, zu der der Förderverein der Gedenkstätte einlud.