Formatwerkstatt im Pastoralen Raum Völklingen gestaltet Gottesdienste und mehr:Glaube verständlich machen
Püttlingen – „Ihr müsst das Netz gleichmäßig ganz nach oben ziehen und dann schnell festmachen.“ Selina Altmeyer hat zum Mikrofon gegriffen, um die Probenarbeit in der Püttlinger Kirche Liebfrauen zu ordnen. Rund 20 Leute sind im Längsschiff der Kirche dabei, ein riesiges Netz aufzuspannen. Das soll auch in der Probe schnell und ohne Pannen funktionieren. Im Gottesdienst am Abend des Gründonnerstags sollen die Besucherinnen und Besucher in die symbolische Aktion einbezogen werden und dann soll es keine vermeidbare Panne geben, erklärt die 27 Jahre alte Ausbilderin. Selina Altmeyer arbeitet schon lange in der „Formatwerkstatt“ mit, einer Initiative von Christinnen und Christen im Pastoralen Raum Völklingen. 20- bis 25-mal pro Jahr gestaltet die Formatwerkstatt ihre „Profil-Gottesdienste“ und lädt dazu alle Interessierten ein. Den Namen haben sie gewählt, weil sie in ihren Gottesdiensten am eigenen Glauben teilnehmen lassen und die Besucherinnen und Besucher einladen, dies auch zu tun. In der diesjährigen Karwoche hat man das Motto „An das Morgen glauben“ gewählt und setzt das Thema in vier Gottesdiensten vom Palmsonntag bis zur Osternacht um. Und da kommt am Gründonnerstag ein riesiges Netz ins Spiel. Was bedeutet Mahlgemeinschaft? Eine Runde, in der man sich wohl fühlt. In der man sein Leben vertiefen kann. In der man zusammen hält. In der man vernetzt miteinander lebt. Das aufgespannte Netz soll eine Einladung sein zu einem verbundenen Leben in Gemeinschaft.
Die Formatwerkstatt ist aus der Arbeit der Jugendpastoral in Püttlingen entstanden. Unter Mitarbeit von Pastoralreferent Klaus Friedrich und Gemeindereferentin Manuela Breit kümmern sich Frauen und Männer unterschiedlichen Alters um neue Gottesdienstformen, um neue Formen der Verkündigung, etwa mit Ausstellungen, um eine jährliche Kinder-Bibelwoche, um Ferienfreizeiten oder um ein Angebot von offenen Gruppen für Kinder und Jugendliche. Die Breite der Aktivitäten ist möglich, weil die Mitarbeitenden alle sich bietenden Synergieeffekte nutzen. So komme ein Teil der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus vergangenen Ferienfreizeiten, oder die Mitarbeit dort ergibt sich aus der Vorbereitung eines der Profil-Gottesdienste, erklärt Pastoralreferent Friedrich.
Zum engagierten Mitmachen sind alle Interessierten eingeladen. So kam etwa auch Birgit Schillo zu dem Kreis. Die 59-jährige Ingenieurin kam durch ihren Sohn zur Formatwerkstatt. „Es gefällt mir, mit den anderen zu arbeiten. Da kann ich noch was lernen. Auch über mich und meinen Glauben“, sagt sie. Dass hier jüngere und ältere Menschen miteinander im Gespräch sind, hält Pastoralreferent Friedrich für eine große Stärke der Formatwerkstatt, die sich ihr Programm selbst setze. Wenn man einen neuen Profilgottesdienst plane, gehe es immer zunächst darum, die Mitarbeitenden zu finden. Je nach Kirchenjahreszeit und aktuellem Weltgeschehen werde dann gemeinsam ein Thema diskutiert und gefunden. Mithilfe der beteiligten Theologen befrage man etwa die Bibel und versuche, deren Botschaft aktuell zu übersetzen. Wichtig sei dabei, was die Beteiligten selbst mit den vorgefundenen Glaubenserfahrungen verbinden, erklärt Selina Altmeyer. Dann werde geklärt, wie man den Gesprächsprozess der Formatwerkstatt transportieren kann. Gute Erfahrungen habe man dabei mit der Visualisierung von Themen gemacht. Überhaupt setze man in den Profil-Gottesdiensten alle nötigen und hilfreichen modernen Medien oder Techniken ein. In der Kirche Liebfrauen habe man dazu gute Bedingungen. Dass im Zuge der Corona-Pandemie die Kirche mit Stühlen statt Bänken ausgestattet wurde, sei eine wichtige Bedingung für die ungewöhnlichen Gottesdienstformen der Formatwerkstatt. So ließe sich der Kirchenraum viel leichter den Themen anpassen und auch Begegnung ermöglichen, sagt sie. Stehe das Thema und seien Ideen für den Gottesdienst entwickelt, übernehmen alle ihre speziellen Aufgaben. Dazu gehört etwa auch die Musik zum Gottesdienst, für die es eine eigne „Musik-Projekt-Gruppe“ junger Erwachsener gibt, die sich experimentell um die musikalische Gestaltung kümmert. Oder aber – wie jetzt – das Besorgen eines riesigen Netzes und die Entwicklung einer Aufhängung dafür. Von der Vorbereitung hänge es auch ab, ob zu dem geplanten Thema eine Wort-Gottes-Feier, ein ökumenischer Gottesdienst oder eine Eucharistiefeier entstehe, erklärt Friedrich.
Entstanden ist so ein „Ort von Kirche“, der durch seine Aktivitäten alle Interessierten ansprechen und für alle offen sein will. Zu den Profil-Gottesdiensten kommen auch Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, haben die Mitglieder der Formatwerkstatt festgestellt und freuen sich darüber. Viele alte Formen sagten den Menschen heute nur noch wenig, deshalb sei es wichtig neue Übersetzungen und Zugangswege für den Glauben zu finden. „Deshalb ist uns auch die Begegnung mit allen, die kommen, so wichtig“, erklärt Selina Altmeyer. „Wir versuchen die Menschen persönlich zu begrüßen und bieten – wenn immer möglich – nach den Gottesdiensten noch eine Begegnung an, oder geben ein kleines Erinnerungsgeschenk mit.“ Um zur Begegnung nach den Gottesdiensten mehr Möglichkeiten zu haben, wurde in der Kirche eine kleine Küche eingerichtet. Dafür ist man sehr dankbar und wartet sehnsüchtig darauf, dass eine entspannte Corona-Lage die Begegnungen wieder unkomplizierter möglich macht.
Für dieses Jahr plant man weitere Profil-Gottesdienste zu Ferienbeginn, zum Ferienende und zu Allerheiligen. Für den November hat man sich eine „Spirituelle Projektwoche“ vorgenommen. Interessierte sind jederzeit zur Mitarbeit eingeladen.
Information unter: www.formatwerkstatt.org oder Telefon 06898-689890
Hans Georg Schneider