Zum Inhalt springen

Bischof Ackermann gibt Amt des Beauftragten der Deutschen Bischöfe für Fragen sexuellen Missbrauchs an Aachener Bischof Dieser ab:Größere Gerechtigkeit für Betroffene – tiefere Wahrhaftigkeit der Kirche

Bischof Ackermann gibt das Amt des Beauftragten für Fragen sexuellen Missbrauchs an den Aachener Bischof Dieser ab.
Bischof Dr. Stephan Ackermann (Foto: Helmut Thewalt/Bistum Trier)
Datum:
28. Sept. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Fulda/Trier – Bischof Dr. Stephan Ackermann hat das Amt des Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes an den Aachener Bischof Dr. Helmut Dieser weitergegeben. Dieser wird künftig einer bischöflichen Fachgruppe für Fragen des sexuellen Missbrauchs und von Gewalterfahrungen im Bereich der DBK vorstehen, als Stellvertreter fungiert der Freiburger Erzbischof
Dr. Stephan Burger.

Ackermann stellte am 28. September bei der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda die Eckpunkte der Neustrukturierung des Themenfeldes „Fragen des sexuellen Missbrauchs und Gewalterfahrungen“ vor (das Statement im Wortlaut finden Sie hier). Ziele der Neustrukturierung seien eine Verstetigung, Neuordnung und Bündelung der verschiedenen im Laufe der Jahre ergriffenen Aufgaben und Maßnahmen im Bereich sexuellen Missbrauchs und Gewalterfahrungen; eine größere Unabhängigkeit durch die Etablierung externer Kompetenz und eine breitere Partizipation und Einbindung von relevanten Akteuren wie beispielsweise dem ZdK, der DOK, dem Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM); mehr Transparenz durch größere Nachvollziehbarkeit, unter anderem von Prozessen sowie mehr Qualität durch einheitliche Verfahren und daraus resultierende Verbesserungen.

Expertenrat – Betroffenenbeirat – bischöfliche Fachgruppe

Die Neustrukturierung sieht drei Elemente vor. Zum einen soll ein unabhängiger Expertenrat eingerichtet werden, dem neben externen Fachleuten verschiedener Disziplinen und Professionen auch Vertreter des Betroffenenbeirats angehören sollen. Zudem soll in die Arbeit des Expertenrates die Praxiserfahrung diözesaner Fachleute und anderer relevanter Akteure des kirchlichen Feldes einfließen. Der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz soll beibehalten werden. Er

stellt Vertretungen für den Expertenrat. Seine Kompetenzen und Funktionen werden

im Zuge einer schon vorgesehenen Evaluierung klarer definiert und festgeschrieben. Zudem wird eine bischöfliche Fachgruppe für Fragen des sexuellen Missbrauchs und von Gewalterfahrungen im Bereich der DBK eingerichtet, die eine breitere bischöfliche Zuständigkeit und ein erweitertes Themenspektrum abbildet. Bereits bestehende Strukturen auf Ebene der Bischofskonferenz, wie die Unabhängige Kommission für die Anerkennungsleistungen (UKA), bleiben bestehen.

Ausdrücklicher Dank an Betroffene und Expertise aus außerkirchlichen Bereichen

Bischof Ackermann sagte, in den vergangenen zwölf Jahren, seien „wichtige Schritte“ gelungen: „Ich denke dabei an die MHG-Studie, das neue System der Anerkennungszahlungen und die gemeinsame Vereinbarung mit dem UBSKM. Auf all diesen Elementen baut unsere Arbeit heute auf.“ Der Bischof dankte allen, die bereit waren, ihn und damit die Bischofskonferenz zu beraten, mit ihnen zu kooperieren und sie in der Aufarbeitung und in der Bekämpfung des sexuellen                        Missbrauchs zu unterstützen. „Ich denke dabei ausdrücklich auch an alle Experten aus dem außerkirchlichen Bereich. Diese Expertise ist eine große Hilfe. Wir werden sie auch weiterhin brauchen.“ Auf die Arbeit all deren, die in den vergangenen Jahren im Raum der Kirche ein Engagement im Bereich von Aufarbeitung, Intervention und Prävention übernommen haben, schaue er „mit großem Respekt“. Besonders dankte er den Betroffenen dafür, „dass sie bereit waren und sind, über das Schreckliche, das ihnen angetan wurde, zu sprechen und sich am Prozess der Aufarbeitung zu beteiligen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass gerade für die Gruppe der Betroffenen die Kontaktaufnahme zur Institution Kirche und ihren Vertretern sehr belastend ist.“

„Die Aufgabe hat meinen Blick auf die Kirche verändert“

Ackermann betonte, er wisse, dass er in seiner Aufgabe als Beauftragter Betroffene verletzt habe, „auch wenn das nicht seine Absicht war. Das tut mir von Herzen leid und dafür möchte ich um Verzeihung bitten.“ Der Weg einer zunehmenden Betroffenenorientierung und Betroffenenbeteiligung bleibe holprig und von Rückschlägen begleitet. „Und dennoch existiert nach meiner Wahrnehmung heute im Unterschied zu den ersten Jahren auf institutioneller Ebene eine wesentlich aktivere, strukturiertere, und ich wage auch zu behaupten, selbstverständlichere Kommunikation zwischen Betroffenen und Kirchenverantwortlichen“.

Die Aufgabe als Beauftragter habe ihn persönlich verändert, sagte der Bischof. „Sie hat vor allem auch meinen Blick auf die Kirche verändert: auf Strukturen in ihr und auf eine innerkirchliche Kultur beziehungsweise Unkultur des Wegschauens und des Selbstschutzes, die bis heute noch nicht überwunden ist.“ Die Aufgabe habe ihn sensibler werden lassen für Formen der Machtausübung und für die Frage, wo und wie Menschen Opfer kirchlichen Handelns werden. Er habe seine Rolle als Vermittler zwischen den Betroffenen und der Kirche, zwischen der Kirche und der Politik und Gesellschaft verstanden. Das sei auch ein Spagat gewesen: „Einerseits war es meine Verpflichtung, den Betroffenen und ihren Anliegen empathisch zu begegnen und mich für sie einzusetzen, andererseits agiere ich selbst in und für die Institution, in der der Missbrauch geschehen und die Gegenstand der Kritik ist.“

Größere Gerechtigkeit für die Betroffenen und tiefere Wahrhaftigkeit der Kirche

Es sei selbstverständlich, dass das Themenfeld und die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt ihn weiter beschäftigen werde, nicht nur in seiner Verantwortung als Diözesanbischof, sondern auch wegen seiner Mitgliedschaft im Vorstand des Trägervereins des Instituts für Prävention und Aufarbeitung (IPA). „Die Aufarbeitung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs ist und bleibt für alle Beteiligten ein ebenso wichtiger wie schmerzlicher Lernweg. Ich bin aber überzeugt, dass er zu einer größeren Gerechtigkeit für die Betroffenen und zu einer tieferen Wahrhaftigkeit der Kirche führt und damit zu ihrer Erneuerung beiträgt.“
Weitere Infos sind auf www.dbk.de unter der Themenseite Sexualisierte Gewalt und Prävention zu finden. 
(red)