Küsterinnen und Küster aus dem Bistum Trier stellen Blumenschmuck her – mit Hilfe vom Profi:„Heute sind SIE die Künstler!“
Bistumsweit/St. Thomas – Vor dem Seiteneingang der Kirche, im Altarraum und auf der Empore – überall wird fleißig gewerkelt: Gärtnerscheren kappen Buschwerk, Drahtwickel winden sich um Äste und viele Hände packen gemeinsam an: Rund 30 Küsterinnen und Küster aus dem ganzen Bistum haben sich an einem Nachmittag im Dezember in Kleingruppen aufgeteilt und bearbeiten das unterschiedlichste Grünzeug. Reisig, Bast und Sträucher mit weißen und roten Beeren sind nur Beispiele für die Fülle an Material, das die Natur rund um das Exerzitienhaus St. Thomas für sie bereithält.
Der Benediktinerbruder Stephan Oppermann aus Maria Laach ist gelernter Florist und beendet zurzeit sein Bildhauerei-Studium. Gemeinsam mit Pfarrer Carsten Rupp aus dem Bischöflichen Generalvikariat und Achim Müller, Referent in der Sakristanenausbildung, hat er einen ganzen Tag im Programm des diesjährigen Fortbildungskurses für Küsterinnen und Küster aus dem Bistum Trier gestaltet. An diesem Tag drehte sich alles um das Thema Blumenschmuck in der Kirche, und das in einer „etwas extravaganteren Form“, wie Müller verrät.
Eine Frage der Statik und Dramaturgie
Während Bruder Stephan mit einem Teilnehmer im hinteren Teil der Kirche übermannshohe dicke und dünne, gerade und krummgewachsene Äste, an denen noch einzelne grüne Blätter flattern, in einer massiven mattgoldenen Vase drapiert, erklärt er das Konzept: „Wir haben hier einerseits die Frage der Statik und andererseits die Frage der Dramaturgie, also konkret für diese Gruppe: Wie baue ich ein größeres Objekt, damit es sicher steht? Und: Wie kann man beispielweise Gestrüpp oder schon absterbende Äste mit einer wertvollen gotischen Madonnenstatue kombinieren?“ Die Gruppe hat sich eine knifflige Aufgabe ausgesucht. Anhand von Begriffen, die sie dem Buch Jesaja entnommen haben, gestaltet die Gruppe um Maria Elisabeth Wagner ein raumgreifendes Gesteck. Sie ist seit fünf Jahren Küsterin in Bergweiler (Pfarreiengemeinschaft Landscheid) und damit nach eigener Aussage „eigentlich noch neu im Geschäft.“ Ihr Team kombiniert die Begriffe Heilige Drei Könige, die ja bei Jesaja vorausgesagt werden, Lichtstrahlen, Weihrauch, Bewegung und Beruhigung. „Das ist schon eine ziemliche Herausforderung“, berichtet sie. „Die Lichtstrahlen wollen wir zum Schluss mit helleren Blumen, vielleicht Nelken, darstellen“, ergänzt ihre Kollegin Gertrud Mattes, die seit acht Jahren als Küsterin in Rittersdorf und Biersdorf tätig ist.
Den Ort, den die Gruppenmitglieder für ihr Projekt gewählt haben, ist an der linken Seite der Westwand gelegen, die die Kirche hinter dem Gräberfeld abschließt. Die Aufgabe umfasse daher auch das Totengedenken und die Aspekte des Behütens und Beschützens mit dem Wissen um die Flüchtigkeit, sagt Bruder Stephan. „Durch die Heiligen Drei Könige schwebt dann das Thema des Verfolgens und Ankommens mit. Hier wird das Gefäß ganz lose mit Ästen gefüllt, löst sich dann im Weiteren auf und ergießt sich in den Raum über den Grabplatten.“ Tatsächlich sieht die Installation nach wenigen Stunden Arbeit so aus, als schwebten die Zweige in der Luft dahin. Der Trick: Über das Gräberfeld haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dünne Metallschnüre gespannt, an denen die Äste ranken – mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar.
Christina Kleber, seit drei Jahren Küsterin in der Pfarrei Hilbringen (Merzig), und Olessia Salbiev aus der Pfarreiengemeinschaft Altenkessel fertigen mit ihrer Gruppe im Nebenraum ein Blumengesteck für den Altar. Kleber ist zum ersten Mal auf einer Fortbildung: „Wir haben zum Beispiel die Begriffe Jerusalem und die Farbe Gelb ausgesucht und überlegt, wie wir das mit dem Licht im Raum am besten umsetzen. Dann haben wir einige Gestecke angefertigt und immer wieder verbessert. Jetzt wissen wir, wie’s geht – und es klappt!“, freut sie sich. Auch Maria Peters nimmt die Anregungen, die sie heute von Profi Bruder Stephan Oppermann bekommen hat, mit in ihre Heimatgemeinde Wißmannsdorf: „Alles werden wir so nicht umsetzen können, weil unsere Kirche doch viel kleiner ist. Aber es ist alles sehr interessant und ich nehme viele Ideen mit nach Hause“, versichert sie. Besonders gut gefällt ihr, dass sie gelernt hat, wie sie Naturmaterialien, die ja in Fülle vorhanden sind, in die Gestaltung einbinden kann. „Und aufpeppen kann man das Ganze dann ja noch mit frischen bunten Schnittblumen“, weiß sie.
Der Küsterdienst – ein anspruchsvolles Amt für Haupt- und Ehrenamtliche
Die Ergebnisse überzeugen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Mehrere große und kleine Gestecke schmücken inzwischen den Innenraum der Kirche und untermalen auf ganz unterschiedliche Weise die feierliche Atmosphäre, die dem sakralen Raum innewohnt – ein gutes Beispiel dafür, wie anspruchsvoll der Küsterdienst ist. Denn Küsterinnen und Küster sind wahre Allrounderinnen und Allrounder (jemand, der Kenntnisse und Fähigkeiten auf zahlreichen Gebieten besitzt und anwendet). Nicht nur gilt es, sich um die Gebäude und die darin enthaltenen Gegenstände zu kümmern, sondern auch, Gottesdienste vorzubereiten und zu begleiten und den Gemeindemitgliedern sowie Gästen ein Ansprechpartner vor Ort zu sein. Ohne das Wissen um geistliche und kultische Bezüge ist diese praktische Arbeit kaum zu leisten. Tagtäglich haben die Küsterinnen und Küster mit Kirchengütern zu tun, die zum Teil schon sehr alt sind und einen hohen liturgischen oder künstlerischen Wert besitzen. Neben dem Kursteil „Blumenschmuck“ wird deshalb in dem viertägigen Kurs auch Wissenswertes über Arbeitsschutz und Klimamanagement sowie der Umgang mit Kerzen und die Pflege von kirchlichen Kunstgütern vermittelt. Achim Müller, der schon seit 20 Jahren die Fortbildungskurse begleitet, erklärt, warum: „Die Männer und Frauen im Küsterdienst sind diejenigen, die mit am häufigsten mit den Kunstgütern in ihrer Kirche zu tun haben. Deshalb möchten wir in ihnen das Gespür dafür wecken, welche Gegenstände sie da vor sich haben und welchen Wert sie besitzen. Und wir möchten ihnen vermitteln, wie man sie gut pflegt, damit sie lange erhalten bleiben.“
Inzwischen haben sich die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kaffeetisch versammelt – das „Team Empore“ steckt just noch in den letzten Zügen seiner Arbeit. Schnell wird Bruder Stephan herbeigebeten, der sich gemeinsam mit Therese Massone, Küsterin in Urexweiler St. Franziskus in der saarländischen Pfarreiengemeinschaft Maria Himmelfahrt Marpingen, und ihren Kollegen über die ideale Positionierung der drei strahlend roten Amaryllis berät, die das i-Tüpfelchen der gut dreieinhalb Meter hohe Installation bilden. Die Wahl ist schnell getroffen, und zufrieden betrachtet die fünfköpfige Gruppe ihr Werk. „Ich bin ganz gerührt“, sagt Therese Massone mit glänzenden Augen. „Diese Kreativität, und dass man mit wenigen Mitteln so was Schönes darstellen kann, das begeistert mich.“ Selbstverständlich soll das Kunstwerk auch fotografisch dokumentiert werden. „Ein Bild mit dem Künstler!“, fordern zwei Teilnehmerinnen. Die Antwort von Bruder Stefan folgt prompt, während er sich leicht vor den Teilnehmern verbeugt: „Heute sind SIE die Künstler!“
Der Kurs wird einmal jährlich angeboten und vermittelt praktische Fähigkeiten und Lerninhalte rund um den Küsterberuf. Die Schwerpunkte des Kurses werden alle zwei Jahre verändert. Weitere Informationen gibt es im Bischöflichen Generalvikariat, Abt. 1.1 – Pastorale Grundaufgaben, Arbeitsbereich 1.1.3: Liturgie und Kirchenmusik, Mustorstraße 2, 54290 Trier; Tel.: 0651/7105-374, Fax: 0651/7105-405, E-Mail: liturgie@bgv-trier.de.
(ih)