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Freiwillige Vici Backes kümmert sich um Kinder in Indien:„Ich werde dankbarer sein für das, was wir haben“

Seit Oktober absolviert Vici Backes einen Freiwilligendienst in einem Kinderdorf im Süden Indiens, in dem Waisen und Straßenkinder Zuflucht finden.  
Vici Backes
Datum:
17. Feb. 2025
Von:
Inge Hülpes

Trassem/Trier/Tirunelveli – Fast 20 Flugstunden von ihrem Heimatort Trassem entfernt kümmert Vici Backes sich um vernachlässigte Kinder. Seit Oktober vergangenen Jahres leistet die junge Frau einen internationalen Freiwilligendienst im Süden Indiens, organisiert von der vom Bistum Trier getragenen Organisation SoFiA e.V. Rund zehn Monate lang lebt sie in einem kleinen Ort bei Tirunelveli, keine 50 Kilometer vom Indischen Ozean entfernt. Dort arbeitet die Abiturientin im Sunrise Children Village, ein Kinderdorf, in dem Waisen und Straßenkinder Zuflucht finden.  

In dem Dorf gibt es eine Grund- und eine weiterführende Schule, in der die 20-Jährige im Unterricht mithilft und auch mal kleine Sekretariatsarbeiten erledigt. Ziel des von indischen Schönstatt-Patres geleiteten Kinderdorfes ist es, von Armut betroffenen Kindern Schutz, Erziehung und Bildung zukommen zu lassen. Da trifft es sich gut, dass Vici nicht nur fließend Englisch spricht und die Lehrkräfte unterstützen kann, sondern auch passionierte Querflötistin ist. Zehn Blockflöten hatte sie im Gepäck, als sie in Indien ankam und erst mal drei Wochen lang eine völlige Reizüberflutung erlebte. So viel Neues zu entdecken und alles „wahnsinnig laut“, erzählt sie. „Auf jeder Art von Feier wird die Musik voll aufgedreht, alle singen und tanzen mit.“ Zuhause spielt Vici in zwei Musikvereinen und verschiedenen Projektorchestern. Im Sunrise Children Village zeigt sie den Kindern, wie man dem Holzblasinstrument sanfte Töne entlockt. Als die Kids ihre Flöten zum ersten Mal in der Hand hielten, blickte sie in strahlende Kinderaugen: „Das war mit das Schönste, was ich hier erlebt habe“, erzählt Vici. Ihre zweite musikalische Leidenschaft, Heavy Metal, teilt im Sunrise Children Village leider niemand. „Party und Disko fehlen mir aber im Alltag gar nicht“, erklärt sie gelassen. In dem abgelegenen Ort gebe es ohnehin wenig Gelegenheit dazu, außerdem ist ihr Tag so strukturiert, dass sie morgens schon früh aus den Federn steigt. Stattdessen gibt es Einladungen zu neuen Freunden, Ausflüge am Wochenende oder die Möglichkeit, bei den Zwischenseminaren an zentralen Orten mit anderen Freiwilligen zusammenzukommen. Ein Ausflug ist Vici besonders im Gedächtnis geblieben: „Als ich hier mitten in der Regenzeit ankam, haben wir im Fluss gebadet. Es hat zwar geschüttet wie aus Eimern, aber das Wasser war warm. Das war ein richtiges Glücksgefühl!“ 

Bereichernder Kulturaustausch 

Sunrise Children Village - ein Kinderdorf, in dem Waisen und Straßenkinder Zuflucht finden  

Obwohl sie nie „die größte Kirchgängerin“ war, besucht sie die Messe im Kinderdorf und unterhält sich mit den Patres über Glauben und Spiritualität. „Ich genieße diese Routine“, sagt Vici, die als Kind drei Jahre lang Messdienerin war. Der Ritus sei genauso wie in Deutschland, allerdings sitzt die Gemeinde auf dem Boden und die Predigten werden in der Landessprache Tamil, manchmal auch auf Englisch, gehalten. „Ich lebe hier in einem sehr geschützten Raum“, antwortet sie, angesprochen auf kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede im Vergleich zu Deutschland. Zum Beispiel seien Frauen in der Politik stark unterrepräsentiert: Nur rund 13 Prozent der Sitze im indischen Parlament sind an Frauen vergeben. Für die junge, politisch interessierte Frau ein Wermutstropfen an dem sonst so bereichernden Kulturaustausch. Was sie aktuell umtreibt, sind die Bundestagswahlen in Deutschland. Weil diese auf den 23. Februar vorgezogen wurden – „das ist echt ärgerlich!“ – könnte es knapp werden mit der Briefwahl. Die Distanzen sind weit in dem Vielvölkerstaat, daher dauert es lang, bis die Post von A nach B geliefert wird. Notfalls werde sie wohl oder übel die über 600 Kilometer weite Reise zum deutschen Generalkonsulat in Chennai auf sich nehmen, um dort ihre Bürgerinnenpflicht zu leisten. „Hier im Süden Indiens ist die Verkehrs-Infrastruktur gut und die Leute sind sehr hilfsbereit, das ist also machbar.“ 

Privilegien checken 

Während in Deutschland gerade die heiße Phase des Wahlkampfs beginnt, trinkt Vici gesüßten Milchtee und reflektiert ihre Privilegien. In ihrer Unterkunft im Kinderdorf hat sie zum Beispiel keine Dusche, sondern einen Eimer, ein Kännchen und kaltes Wasser zum Waschen. „Es gibt so viele Dinge, die man für selbstverständlich hält. Die Kinder hier sind froh mit den alltäglichsten Dingen und viel weniger Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, als ich es aus Deutschland kenne. Das verändert den eigenen Blickwinkel.“ Wenn sie im Sommer wieder nach Deutschland kommt, wird sie bewusster mit Lebensmitteln und Wasser umgehen, generell ihr Konsumverhalten überdenken und dankbarer sein für die Dinge, die verfügbar sind, ist sie sich sicher. „Ich bin Teil der Gemeinschaft geworden und ich bin super glücklich hier“, schwärmt Vici, bevor sie den Laptop zuklappt und sich mit ihrer Freundin Mari trifft, die versprochen hat, ihr das tamilische Alphabet beizubringen. „Ein paar Brocken Tamil kann ich schon“, freut sie sich und liefert sofort: „Vaṇakkam!“ Genau so begrüßt sie nämlich später ihre neue Freundin.  

Auslandsaufenthalt mit SoFiA: Jetzt bewerben! 

Die Sozialen Lerndienste im Bistum Trier/SoFiA e.V. (Soziale Friedensdienste im Ausland) ermöglichen jungen Menschen einen Freiwilligendienst an verschiedenen Einsatzstellen. Bewerbungen für einen Freiwilligendienst mit SoFiA sind derzeit möglich. Einsatzorte sind Bolivien, Brasilien, Peru, Indien, Jordanien, Rumänien, Litauen, Frankreich, Burkina Faso, Malawi, Ruanda, Uganda und Nigeria. 

Kontakt unter Tel. 0651-993796301, per E-Mail: sofia@soziale-lerndienste.de oder unter www.sofia-trier.de