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Bolivianische Stifter besuchen Café Exodus:Jugendliche stärken und ihre Themen sichtbar machen

Wie funktioniert die Jugendarbeit in Deutschland und welche Themen bewegen die Jugendlichen? Das und vieles mehr wollten die Gäste aus Bolivien von der Stiftung „Solidarität und Freundschaft Chuquisaca-Trier“ bei ihrem Besuch im Café Exodus in Saarbrücken wissen.
Zum gegenseitigen Austausch im Café Exodus kamen Elvira Guttierez, Hannan Chalabi, Maximilian Schmitt, Evelyn Zimmer, Padre Henrry Vellejos, Gina Arancibia, Ader Barrón, Paul Alexis Montellano, Matthias Becker und Juan Carlos Arancibia (von links).
Datum:
6. Juli 2023
Von:
Ute Kirch

Saarbrücken/Sucre – Wie sieht die deutsche Jugendkultur aus, welche Themen bewegen die Jugendlichen und wie ist hierzulande die Jugendarbeit organisiert? Mit Fragen wie diesen im Gepäck waren am Mittwochabend, 5. Juli, fünf Gäste aus dem bolivianischen Erzbistum Sucre zu Gast im Café Exodus in Saarbrücken. Zwei Wochen lang sind die Delegierten der Stiftung „Solidarität und Freundschaft Chuquisaca-Trier“ im Bistum unterwegs. Neben der jährlichen Stiftungsversammlung, wo sie mit ihren deutschen Partnern des Bistums Trier und des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) über Formen der zukünftigen Finanzierung der Partnerschaft diskutieren, besuchen sie zahlreiche Einrichtungen im Bereich der Jugendarbeit.

Im Café Exodus treffen sie auf Elvira Guttierez. Seit fünf Monaten macht die 24-Jährige aus dem bolivianischen Sucre über den Verein Soziale Friedensdienste im Ausland (SoFiA) hier einen Bundesfreiwilligendienst. Dafür hat sie in Bolivien ihr Studium der Umweltingenieurswissenschaften unterbrochen. Der Start in Deutschland sei schwer gewesen, sagt Elvira. „Aber ich mache hier gute Erfahrungen. Ich lerne nicht nur Deutsch, sondern auch viel über mich selbst und kann an meiner Persönlichkeit wachsen.“ In der Zeit hat sie schon einige Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und ihrem Heimatland entdeckt. „Wie hier können auch in Bolivien die Jugendlichen in der Jugendarbeit mitbestimmen. Aber der Unterschied ist, dass in Bolivien die Jugendlichen alle einer Kirchengemeinde angehören - hier nicht.“ Dass es auch in Deutschland junge Gläubige gibt, habe sie erst in der Jugendkirche eli.ja erlebt. Maximilian Schmitt, hauptamtlicher Leiter des Café Exodus ergänzt: „Wir verstehen uns als Anlaufstelle für alle. Wir sind ein diakonisches Angebot und für die da, die kommen und schauen, was sie brauchen – auch wenn sie keinen Bezug zu Kirche haben.“

"Die Jugendlichen sind die Hauptdarsteller"

Das Café Exodus ist ein offener Jugendtreff in Trägerschaft des Bistums Trier, den es seit 1994 in Saarbrücken direkt hinter der Johanneskirche im Nauwieser Viertel gibt. Finanziert wird der Jugendtreff vom Bistum Trier, der Stadt Saarbrücken, dem Regionalverband und dem Förderverein. Es ist eine Anlaufstelle für Jugendliche in allen Lebenslagen. Neben dem Café zum Verweilen, Lesen und Reden gibt es hier Zeitschriften, Bücher, Jukebox, Kicker, Gesellschaftsspiele und WiFi – alles kostenlos. Neben dem offenen Treff planen die Jugendlichen in Gruppen eigene Veranstaltungen und Projekte. So organisieren sich die Jugendlichen in verschiedenen Arbeitskreisen – und planen dort etwa Gaming-Abende oder die Konzertreihe Rockwiese im Rahmen des Altstadtfestes. „Die Jugendlichen entscheiden gemeinsam, welche Band auftreten darf, und übernehmen die komplette Planung“, sagt die pädagogische Mitarbeiterin Hannan Chalabi. Über ihre Angebote gewinnen sie oft neue Freiwillige, die sich dann in den verschiedenen Arbeitskreisen ehrenamtlich engagieren.

„Mir gefällt hier besonders gut, dass die Jugendlichen im Café Exodus die Hauptdarsteller sind. Sie stecken viel Herzblut in ihre Projekte und arbeiten hart dafür“, sagt Elvira, „ich finde es toll, dass die Jugendlichen einfach kommen können und über ihre Probleme mit einem Hauptamtlichen sprechen können.“

Ob durch die gemischte Finanzierung durch Kirche und Staat dem Café Exodus staatliche Vorgaben gemacht würden, will Ader Barrón, Geschäftsführer der Stiftung wissen. „Nein, in der Programmgestaltung sind wir frei und müssen das niemandem vorlegen. Die Themen kommen von den Jugendlichen, wir helfen ihnen, sie sichtbar zu machen“, betont Schmitt. Doch gebe es Richtlinien zur Wertevermittlung. So gehöre etwa die Beteiligung an der Internationalen Woche gegen Rassismus fest zum Programm – in diesem Jahr drehten die Jugendlichen einen Film zum Thema Rassismus an deutschen Schulen. „Über Dinge, die ihnen Spaß machen, etwas einen Film zu drehen, beschäftigen wir uns mit ernsten Themen“, sagt Schmitt.

Ohne die jungen Erwachsenen, die sich ehrenamtlich für ihre Projekte und Veranstaltungen einsetzen, würde das Café Exodus nicht laufen, sagen Maximilian Schmitt und Hannan Chalabi. Auch die Stiftungs-Vertreter wollen in Bolivien die Ehrenamtsförderung vorantreiben. Die Stiftung Solidarität und Freundschaft Chuquisaca-Trier fördert seit vielen Jahren Projekte in Bolivien für Kinder, Jugendliche, Frauen und beeinträchtigte Menschen. Eines ihrer Ziele ist es, die Jugend so zu stärken, dass sie verantwortungsvolle Entscheidungsträger in ihrem Land werden. „Ist einer ihrer Jugendlichen Politiker geworden?“, will Paul Alexis Montellano, Vorsitzender des Stiftungs-Direktoriums wissen. „Bisher nicht“, räumt Maximilian Schmitt ein, „dafür aber Tatort-Kommissar.“ So sei SR-Hauptkommissar Daniel Strässer früher im Café Exodus aktiv gewesen.

Mehr Informationen gibt es auf: www.bdkj-trier.de unter der Rubrik Bolivienpartnerschaft und auf der Homepage des Café Exodus: https://cafe-exodus.de/