Heilig-Rock-Tage: kfd beschäftigt sich mit Thema „Frauen und Erwerbsarbeit“:Karl Marx für Frauen?!
Trier – Karl Marx und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) – das sind zwei Begriffe, die man nicht unbedingt im gleichen Kontext vermutet und wohl auch eher selten in einem Atemzug nennt. Dass beide aber dennoch so manches miteinander zu tun haben können, ist bei der Veranstaltung „Karl Marx für Frauen!?“ deutlich geworden, die am 14. April im Rahmen der Heilig-Rock-Tage im Casino am Kornmarkt stattfand. Anlässlich des Jubiläumsjahres „200. Geburtstag Karl Marx“ hatten der Ständige Ausschuss „Frauen und Erwerbsarbeit“ im kfd-Bundesverband und der AK „Frauen und Erwerbsarbeit“ des Diözesanverbandes Trier dazu eingeladen, die Situation von erwerbstätigen Frauen in der digitalisierten und globalisierten Arbeitswelt aus Sicht der Gesellschaftsanalyse von Karl Marx zu betrachten. Den Blick auf die modernen Formen von Entfremdung und Entgrenzung zu lenken und Antworten darauf zu finden ist eines der zentralen Anliegen jener kfd-Frauen, die sich auf Bundes- und Diözesanebene mit der aktuellen Situation von Frauen in allen Formen von Berufs- und Erwerbsarbeit beschäftigen, um deren Interessen in Kirche und Gesellschaft zu vertreten.
Einblicke in die Arbeitswelt von Frauen im 19. Jahrhundert gab Dr. Barbara Wagner. Die Kuratorin der kulturhistorischen Landesausstellung „KARL MARX 1818 – 1883. LEBEN. WERK. ZEIT“, die den Ausstellungsteil im Rheinischen Landesmuseum verantwortet, erläuterte, wie Frauen in die neuen Produktionsformen der industriellen Revolution eingebunden waren und welche Auswirkungen diese auf deren physische und psychische Gesundheit sowie auf das Familienleben hatten. Anhand von ausgewählten Exponaten veranschaulichte Wagner die zunehmende Verelendung der Menschen in jener Zeit, speziell der Frauen und Kinder: körperlich extrem schwere Arbeit, überlange Arbeitszeiten, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen und niedrigste Löhne. Ihre Darstellung erweiterte Wagner mit Aussagen von Karl Marx, die Veränderungen der bestehenden Verhältnisse anmahnten und Informationen über die einsetzende Sozialgesetzgebung zum Ende des 19. Jahrhunderts. Deutlich werde dabei, so die Kuratorin, dass Karl Marx eher grundsätzlich das Schicksal des Proletariats anprangern wollte und dabei nicht speziell Frauen im Blick gehabt hätte.
Professorin Dr. Ingrid Kurz-Scherf, langjährige Leiterin des Zentrums für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung der Uni Marburg, stellte die Frage, inwiefern Karl Marx für die Analyse und Beurteilung der aktuellen Arbeits- und Lebenssituation von erwerbstätigen Frauen hilfreich ist und inwieweit er bei der Bewältigung der heutigen Formen von Entfremdung und Entgrenzung nützlich sein kann. Kurz-Scherf konstatierte, dass es in den letzten Jahrzehnten viele positive Veränderungen für Frauen gegeben habe, dass sie aber im Vergleich zu Männern auch heute noch dort überproportional vertreten seien, wo schlechtere Arbeitsbedingungen herrschten. Sie forderte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Karl Marx und zur Weiterentwicklung seines Arbeitsbegriffes auf. Es gehe nicht darum, den Kapitalismus abzuschaffen, sondern ihn zu begrenzen und alle Formen von Arbeit in einem wertschätzenden Kontext zu sehen. Die Frage, ob Karl Marx und Frauen zusammengingen, würde sie mit „Ja, aber …“ beantworten, so Kurz-Scherf. Denn es gelte, mit „produktiver Aufregung“ Optionen der Veränderungen aufzuzeigen und Widersprüche und Brüche in politisches Handeln umzusetzen. Dafür gebe es durchaus Ansätze in seinen Schriften, die aber nicht „wie die Bibel“ gelesen werden dürften, sondern der Inspiration zu neuen differenzierten Sichtweisen dienen sollten.
Die Heilig-Rock-Tage dauern noch bis zum 22. April. Das gesamte Programm und unsere Bildergalerie ist unter www.heilig-rock-tage.de zu finden.
(red)