Zum Inhalt springen

Vortrag :Katholische Soziallehre geprägt

Der Autor Rudolf Dadder alias Florian Russi hat bei einem Vortrag in Dillingen die Bedeutung des katholischen Sozialphilosophen Oswald von Nell-Breuning (1890–1991) gewürdigt.
Nach der Lesung (von links): Verlagslektorin Antje Genth-Wagner, 3B-Vorständin Stefanie Oberbillig, Autor Rudolf Dadder, Minister a. D. Werner Schreiber und 3B-Aufsichtsratsvorsitzender Ralf Dewald.
Datum:
24. Mai 2025
Von:
Gerhard Alt/Paulinus Wochenzeitung im Bistum Trier

Dillingen - Just zu der Stunde, als in Rom der neue Papst Leo XIV. der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, erfuhren im Oswald-von-Nell-Breuning-Haus rund 50 Menschen, welch bedeutenden Stellenwert Leo XIII. mit seiner Enzyklika „De Rerum Novarum“ von 1891 für die katholische Soziallehre hat. Die nach dem großen Trierer benannte Einrichtung ist Sitz des Sozialdienstleistungsunternehmen „3B – Begleiten-Bilden-Begegnen“, das aus der Katholischen Erwachsenenbildung im Kreis Saarlouis (KEB) hervorgegangen ist. Dort stellte Russi seine Monografie „Oswald von Nell-Breuning – der Sozialphilosoph“ vor über den für das 20. Jahrhundert in vielen Belangen bedeutsamen Menschen. 

Aus seinem Glauben heraus waren für Nell-Breuning das Gebot der Nächstenliebe und der Ruf nach Gerechtigkeit bestimmend.

Rudolf Dadder

Russi ist ein Pseudonym, das der in Saarlouis geborene Dadder für seine fachliterarischen und belletristischen Veröffentlichungen gewählt hat. Seit seiner Schülerzeit in einem Jesuitenkolleg in Österreich, wo der ebenfalls dem Orden angehörende Nell-Breuning Lehrer war, begleiten ihn dessen Theorien. Der Autor, der unter anderem als Richter und Hochschuldozent tätig war, leitet heute ein Unternehmen der Wohlfahrtspflege mit bundesweit rund 30 000 Mitarbeitern. Er versicherte dem Publikum, dass man dort Nell-Breunings  Grundsätze umsetze: „Wir achten die Persönlichkeit jedes Mitarbeiters, sorgen für Mitwirkung und bezahlen die Menschen auch gut.“ Die enge Verbindung von Theorie und Praxis bei Nell-Breuning hatte zuvor bereits Werner Schreiber, ehemaliger Sozialminister von Sachsen-Anhalt, in einem Impulsreferat anhand historischer Beispiele skizziert. 

Der Erfinder des Subsidiaritätsprinzips

„Nell-Breuning hat das Subsidiaritätsprinzip erfunden, das gab es vorher nicht“, betonte Dadder. Antje Genth-Wagner vom Mitteldeutschen Verlag las dazu die passende Passage aus dem Buch vor. Dieses Prinzip sei ein sehr humanes, sinnvolles und bewährtes sozialpolitisches Grundverfahren. Es bedeute Hilfe zur Selbsthilfe, schütze die Einzelnen oder auch Gruppen vor Bevormundung „von oben“ und fördere deren Eigenverantwortung. In diesem Sinne habe sich Nell-Breuning auch für Vereine, Genossenschaften und Gewerkschaften stark gemacht, sei dabei nie parteipolitisch gebunden, aber der katholischen Kirche stets kritisch verbunden gewesen, erklärte Dadder. „Aus seinem Glauben heraus waren für Nell-Breuning das Gebot der Nächstenliebe und der Ruf nach Gerechtigkeit bestimmend“, betonte er.

Als umfassend gebildeter Gelehrter, Theologe, Nationalökonom, Sozialphilosoph, sei Nell-Breuning immer Zeitgenosse gewesen. Wegen seiner kritischen Haltung dem nationalsozialistischen Regime gegenüber habe er Lehr- und Publikationsverbot erhalten. Nach dem Krieg, als besonders den jungen Leuten die Vorbilder fehlten, bot er „eine echte Orientierung“, sagte Dadder. Nell-Breuning sei ein Intellektueller gewesen, der die wissenschaftliche und öffentliche Diskussion in Kirche, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft begleitete, Prozesse der Meinungsbildung beeinflusste und Anstöße zur Sozialgesetzgebung gab, beispielsweise bezüglich Mitbestimmung, Tariflohngestaltung, Vermögensbildung, Arbeitszeitverkürzung und mehr.  

Dadder verwies auch auf den großen Einfluss Nell-Breunings auf die Enzyklika „Quadragesimo anno“ (1931, im vierzigsten Jahr nach „Rerum Novarum“), wo die soziale Verantwortung des Staates thematisiert wurde. Darin seien die Grundprinzipien der Soziallehre festgehalten, die ihrerseits Einfluss auf die Entwicklung der Bundesrepublik hatten. Neben der Subsidiarität gehören dazu die naturrechtlich begründete Personalität und Würde jedes einzelnen Menschen sowie die Solidarität als Gesellschaftsprinzip bis hin zum aufrichtigen Austausch zwischen den Kulturen. 

Buchtipp

Florian Russi, „Oswald von Nell-Breuning. Der Sozialphilosoph“, Mitteldeutscher Verlag, ISBN 978-3-96311-936-1, 8 Euro.