„Ein Blick“ in die Pfarrei der Zukunft zeigt vielfältige „Orte von Kirche“:Kernelemente der Pfarrei werden sichtbar
Trier – Bewegte Bilder, Mut machende Video-Botschaften, geballte Information, bunte Plakatwände mit Blick auf besondere Orte der Kirche, eine Installation, die sofort ins Auge springt, und bequeme Sitzwürfel, die sich kinderleicht verschieben lassen: In der Trierer Antoniuskirche stehen während der Heilig-Rock-Tage alle äußeren Zeichen auf Interaktion und munteren Meinungsaustausch. Doch an diesem Tag müsste die Ausstellung statt „Ein Blick in die Pfarrei der Zukunft“ eher „kein Blick“ heißen.
Paul Claaßen und Raimund Anke jedenfalls sind alles andere als begeistert, dass sich während ihrer „Dienstzeit“ niemand in die Kirche „verirrt“ hat. Zu gern hätten die beiden ehrenamtlich Engagierten Besuchern die „wunderbare Geschichte“ erzählt, wie der Förderverein und weitere Mitstreiter es schafften, nach dem Verkauf des Missionshauses der Steyler Missionare in Wittlich deren Kirche weiter mit Leben zu füllen. Längst stehe die Autobahn- und Radwegekirche St. Paul für die bunte Vielfalt kirchlichen Lebens. Kindergottesdienste, kulturelle Veranstaltungen, künftig Kirche als Kino: „Wir haben es geschafft, ein niederschwelliges Angebot zu installieren, das hervorragend ankommt und angenommen wird. Auch bei Leuten, die der Kirche sonst nicht so nahestehen“, erzählt Claaßen. Er und Anke gehören zum Beirat des Fördervereins und haben gerne das Angebot des Bistums angenommen, ihr Beispiel, wie Pfarrei der Zukunft mitgestaltet werden kann, bei der Ausstellung zu präsentieren. „Die Antoniuskirche liegt schon weit weg vom Schuss. Rund um den Dom ist einfach mehr los“, sagt Anke.
Orte von Kirche als "Strahlorte"
Bereut haben sie ihre Teilnahme dennoch nicht. Sie haben die Zeit genutzt, mit den anderen Engagierten, die ihre Orte der Kirche vorstellen, ins Gespräch zu kommen. Was läuft gut? Was sollte man lieber anders machen? Wie soll ich mir die Pfarrei der Zukunft vorstellen? Anke: „Vielleicht gibt es ja auch noch die Chance, mit einem Hauptverantwortlichen der Synodenumsetzung zu diskutieren.“ Kaum gesagt, gesellt sich Dr. Gundo Lames zu der Gruppe. Er ist Direktor des Strategiebereichs „Ziele und Entwicklung“ im Generalvikariat Trier und gehört zur Steuerungsgruppe, die die Umsetzung der Synode lenkt. „In Wittlich wird fruchtbare Arbeit geleistet. Ich nenne das kulturelle Diakonie, das schätze ich“, sagt er und benutzt den Begriff „Strahlort“. Auf die Umsetzung der Synode bezogen stellten sich jetzt Fragen wie: Was braucht die Kirche in Wittlich, damit sie das Angebot weiterentwickeln kann? Braucht es den Priester, um diese Strahlkraft zu haben? Welche Räume braucht es zur Entfaltung?
Auflösung der Rendanturen, Finanzen: Viele Punkte sorgten naturgemäß für Ängste und bange Fragen. Christian Heckmann, Leiter der Stabsstelle für die Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode, verhehlt nicht: „Wir begegnen auch Fragen, auf die wir heute noch keine Antwort geben können. Das ist ja ein Prozess.“ Mit der Ausstellung wolle man zeigen: „Wir sind im Gespräch. Verschiedene Gruppen sollen in Kontakt kommen. Es soll bewusst werden, was für Pflänzchen es gibt.“ Gundo Lames findet es auch schade, dass das Angebot so wenig wahrgenommen wird. „Aber es gab auch gute Tage, als zum Beispiel die Pfarrsekretärinnen und Pfarrsekretäre hier waren. Da wurde lebhaft und offen diskutiert.“ Der Besuch der Ausstellung lohne sich: „Hier werden Kernelemente der Pfarrei der Zukunft sichtbar. Im Gespräch kann das vertieft werden. Die Dynamik der unterschiedlichen Orte von Kirche wird deutlich.“ Dann zeigt er auf die Installation mit den Orten der Kirche und die Botschaft: „An unserer Kirche hängen wir.“
Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten für die Pfarreien der Zukunft
Martina Zimmer und Aloysius Fehr hätten sich natürlich auch mehr Zuspruch gewünscht. Doch aus ihrer ehrenamtlichen Erfahrung heraus wissen sie: „Es geht nicht immer um Quantität, sondern vor allem um die Qualität der Gespräche. Und die war mit den anderen Projektträgern hoch.“ Beide zählen zum Team im „Ort des Zuhörens“ am Losheimer Stausee. Dort, wo Einheimische und Touristen gerne ihre Freizeit verbringen, genau dort haben sie einen orangefarbenen Bauwagen hingestellt. Der fällt auf, und er wird angenommen. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der umliegenden Kirchengemeinden hören Menschen aller Altersgruppen und vieler Religionen zu, die sich aussprechen wollen. „Es war ein Versuch, der zum Selbstläufer geworden ist“, erzählt Aloysius Fehr. Manchmal vergehen Stunden ohne Besuch im Bauwagen, doch dann steht plötzlich das Mädchen da, das den Suizid einer Freundin nicht verkraftet, „und dann weiß man, wie wichtig unser Projekt ist“.
Vergleichbar ist der Ansatz beim Projekt „Kirche im Nationalpark“ Hunsrück-Hochwald. Es sei eine ökumenische Initiative, erklärt Bernd Schmitt, der ehrenamtlich dort tätig ist. Im Nationalpark seien die Menschen gerne, also gehe die Kirche genau dorthin. Gottesdienste in der Nationalparkkirche, Waldmessen, pilgern, Wege zur Schöpfung – da sei viel in Bewegung. Michaela Tholl ist ebenfalls in die Antoniuskirche gekommen. Doch an diesem Tag nicht als Leiterin des Arbeitsbereichs Ehrenamtsentwicklung im Bistum Trier. Sie ist für das Projekt „Damit die Kirche im Dorf bleibt“ da. Der Förderverein der Pfarrgemeinde Gutweiler hat die Renovierung der Kirche in Gutweiler und der Kapelle in Korlingen vorangetrieben. Die Gotteshäuser sollen als anziehende Orte erhalten bleiben und vor allem nicht leer stehen. So wurde der Bau in Korlingen zur Kulturkapelle. „Sie ist ein Ort der Kirche geblieben, gleichzeitig ist das Angebot so vielfältig und reich, dass die Kapelle immer voll ist“, sagt Tholl und strahlt über das ganze Gesicht.
Wie die Verknüpfung „hauptamtlich-ehrenamtlich“ gut funktionieren kann, zeigt das Projekt „Rückenwind“ in Wittlich. Die Anlaufstelle bietet Angehörigen Inhaftierter Hilfestellung und ist bundesweit einmalig. Träger ist der „SKM, Katholischer Verein für soziale Dienste, Diözesanverein Trier e.V.“ Eine Ansprechpartnerin arbeitet hauptamtlich und wird unterstützt von vielen Ehrenamtlichen. Warum das funktioniert? „Weil wir engagiert sind, wir uns das zutrauen und man uns umgekehrt das auch zutraut“, erklärt der ehrenamtliche Projektleiter Hans-Peter Pesch. Dass so wenige Besucher gekommen sind, trägt er mit Fassung. Sagt es und erklärt eben einem ehrenamtlichen Helfer der Heilig-Rock-Tage, was es mit Rückenwind auf sich hat. Denn der konnte sich so gar nichts darunter vorstellen. Und warum sieht sich „Rückenwind“ als besonderer „Ort der Kirche“, also als „ein Schlüssel für das Konzept der Pfarrei der Zukunft“, wie es auf einer der Info-Tafeln steht? „Es entspricht einem zutiefst christlichen Verständnis, Menschen zu helfen, die am Boden sind. Und glauben Sie mir, die Angehörigen der Inhaftierten sind wirklich am Boden. Ort der Kirche heißt für mich: Not sehen und einfach handeln.“
Die St. Antonius-Kirche war vom 4. bis 11. Mai als "EinBlick" in die Pfarrei der Zukunft eingerichtet. Bilder aus der Kirche sind hier zu finden.
(red)