Pfarreien reflektieren dreijähriges Projekt zur Lokalen Kirchenentwicklung :Kirche darf auch anders sein
Trier/Koblenz/Saarbrücken – Mit Aufbruchsstimmung und einem ermutigten Blick in die Zukunft ist das Projekt „Lokale Kirchenentwicklung mit Impulsen aus der Weltkirche“ im Bistum Trier offiziell zu Ende gegangen – die Initiativen gehen aber weiter. Seit 2014 waren die zwei Pfarreien Neunkirchen, Bingerbrück (Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg) und die Pfarreiengemeinschaft Bernkastel-Kues an dem Projekt beteiligt. Auf Studienreisen nach Bolivien und Indien ließen sich die Mitwirkenden von neuen Formen des katholischen Gemeindelebens inspirieren. Durch diese Impulse entstanden in den Pfarreien individuelle Initiativen zur lokalen Kirchenentwicklung. „Kirche darf auch anders sein“, lautet das gemeinsame Fazit am 18. November bei der Abschlussreflexion im Robert Schuman Haus in Trier.
Die haupt- und ehrenamtlich Engagierten aus Neunkirchen, Bernkastel-Kues und Bingerbrück sehen das Umdenken positiv: Kirche soll nicht mehr nur durch Gebäude, sondern vor allem durch Personen sichtbar werden, die mit und unter ihren Mitmenschen aktiv sind. Deshalb sei es wichtig, „selbstverantwortlich als getaufte Christen die Kirche mitzugestalten“, so Ludwig Kuhn, Leiter der Diözesanstelle Weltkirche (DWK), die das Projekt betreute. Vielfalt gehöre bei den verschiedenen Formen, Kirche zu leben, dazu, um die Mitmenschen so anzunehmen wie sie sind. Darum entwickelten die Pfarreien ihre Initiativen jeweils anhand ihrer örtlichen Gegebenheiten.
So etwa in Bingerbrück: Für Pfarrer Markus Watrinet war es ein „sehr glückliches Zusammentreffen“, dass zur gleichen Zeit wie das Bistumsprojekt in Bingerbrück das Projekt „Soziale Stadt“ ins Leben gerufen wurde. Im neuen Stadtteilzentrum entstand dadurch der Begegnungstreff „Zwo Zwo“, geführt von einem Kernteam der Lokalen Kirchenentwicklung. Jeden Mittwoch gibt es nachmittags selbstgebackenen Kuchen und Kaffee. Jeder könne kommen, sagt Watrinet. „Wir wollen als Kirche einfach etwas zum Zusammenleben in Bingerbrück beitragen.“ Einige Besucher hätten Watrinet bereits berichtet, dass sich durch die Teilnahme bereits für sie persönlich etwas verändert hat.
In Neunkirchen entstanden zwei Projekte: Eine Gruppe, die unter Gerhard Scheers Leitung Wortgottesdienste vorbereitet und durchführt, und „Refugio Christi“, das von Pia Geißner ins Leben gerufen wurde. Inspiriert durch die Erzählungen aus Bolivien und Indien hat sie sich die urchristlichen Gemeinden neu zum Vorbild gemacht. Refugio Christi trifft sich bei wechselnden Gastgebern zuhause. Es werden persönliche Fragen, Anliegen und Themen gesammelt, ausgelost und besprochen, jeder soll und darf sich äußern. Zum gemeinsamen Essen bringt jeder etwas mit und „es ist wie bei der biblischen Brotvermehrung: Am Ende bleibt immer etwas übrig und jeder nimmt wieder etwas mit nach Hause“, erzählt Geißner. Es sei eine lockere und herzliche Atmosphäre und sehr bewegend, dem nachzuspüren, was Jesus möchte. Viel Werbung habe sie nicht machen müssen, es kämen viele Familien, Leute aus der Großpfarrei, sogar eine Frau aus dem Nachbarort und interessierte Muslime. Und für die vielen Kinder wolle man nun auch ein eigenes Programm anbieten.
Diakon Hermann Hower aus der Pfarreiengemeinschaft Bernkastel-Kues war sowohl in Bolivien als auch in Indien mit dabei und war begeistert von der selbst organisierten lebendigen Kirche und den kleineren Basisgemeinden, in denen gemeinsam die Bibel gelesen und besprochen wird. Dieses Bibel-Teilen führte die Gemeinde daraufhin auch in Firmvorbereitungen und Gremien ein. Nach indischem Vorbild gibt es in Bernkastel-Kues seit eineinhalb Jahren ein solches Angebot speziell für Kinder. Die Neun- bis Zwölfjährigen lesen in der Kinder-Mitmach-Kirche, die einmal im Monat angeboten wird, Bibelgeschichten, sprechen darüber und dürfen das gehörte in der Kinderbibelecke in der Kirche mit Gegenständen und Figuren nachstellen. „Ich erlebe da Kinder, die zunehmend begeistert dabei sind, die mittlerweile über ihren Glauben reden und die Bibel auslegen in ihrer Sprache“, sagt Hower. Er will auf jeden Fall weitermachen und das auch gerne über seine Gemeinde hinaus tragen.
Zum Ende des Projekts wünschen sich alle Teilnehmer die Begleitung des Bistums für die weitere Arbeit der Lokalen Kirchenentwicklung. Es brauche Rahmenbedingungen, Ansprechpartner und Möglichkeiten der Informationssuche, die die Pfarreien unterstützen und vernetzen, so die Teilnehmer der Projektrunde. Gemeinsame Studientage und Reflexionen untereinander hätten sie innerhalb der drei Projektjahre gestärkt und auch mühsamere Wege überwinden lassen. Für DWK-Leiter Kuhn ist es ein Ergebnis der Abschlussreflexion, zu sehen „wie wertvoll es ist, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und mit anderen Initiativen austauschen zu können“. Mechthild Schabo, Direktorin des Bereichs Pastoral und Gesellschaft, ist erfreut, dass das Projekt so begeistert aufgenommen worden ist. Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg zieht ebenfalls eine positive Projektbilanz im Hinblick auf die Synodenumsetzung, zu der auch Lokale Kirchenentwicklung zählt.
Deborah Kölz