Einblicke in das Verhältnis von Religion und Humor:Kirche mal aufs Korn nehmen
Wittlich - Der Zugang zum komplizierten Verhältnis von Glauben und Humor ist bei Holger Pyka sowohl ein zeichnerischer als auch ein wissenschaftlicher. In seiner Dissertation mit dem Titel „Vom Sittlichkeitskampf zur Büttenpredigt“ befasste er sich mit dem Verhältnis von Kirche und Karneval und dem gewandelten evangelischen Blick auf den Humor. Auch seine „Gedankenskizzen eines zeichnenden Pfarrers“ am 3. Februar in St. Paul und am Folgetag beim Theologischen Quartett in Trier eröffnete er mit theoretischen Überlegungen.
Wie definiert sich Humor, was sind die Gründe für den oft verkrampften Umgang der Kirchen mit ihm? Pyka sieht unter anderem in der ausgeprägten bürgerlichen Affekt- und Impulskontrolle Gründe dafür, dass Humor im religiösen Kontext lange verpönt blieb. „Zudem musste Ernstes auch ernsthaft vermittelt werden“, sagte er über ein kirchlich verbreitetes „Missverständnis“.
Humor ist für mich verbunden mit der Einsicht, nicht perfekt zu sein, und der Erlaubnis, dies auch nicht sein zu müssen
Dr. Holger Pyka
Für den gebürtigen Kölner und Dozenten am Predigerseminar in Wuppertal spielt der Humor aber eine wichtige Rolle in der Ausbildung von Theologinnen und Theologen, in der Predigt und der Gemeindearbeit. Ein Medium dabei sind seine eigenen Cartoons, die oft subtil und selbstkritisch das Innenleben der Kirche aufs Korn nehmen und stets genauer Beobachtung entspringen. „Manches darin führt zur inneren Auseinandersetzung, aber manches darf auch nur Ventil des Pfarrers sein oder einfach zum Lachen bringen“, erklärt der Rheinländer.
Häufig seien es die Mitarbeitenden in der Kirche mit manchen ihrer Gewohnheiten oder skurrile Entwicklungen im Gemeindeleben, die seine spitze Feder offenlegen – möglichst ohne zu verletzen. „Auch der Abgebildete muss lachen können“, laute einer seiner Grundsätze. Und oft sei der Pfarrer in der Skizze „selbst der Dumme“. Selbstkritisch blickt Pyka etwa auf den „Erschöpfungsstolz“ evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer, die untereinander damit prahlen, wer die wenigste Zeit habe und deshalb am wichtigsten sei.
Manchmal gebe es allerdings auch Ärger, weiß der 1982 geborene Pfarrer und Karikaturist. Eine seiner Zeichnungen sei als Lustigmachen über Menschen mit Behinderung missverstanden worden, woraufhin er sogar eine Morddrohung erhalten habe. Cartoons, die Gott oder Jesus zeigten, sowie mittlerweile auch Abendmahlsszenen zählten zu seinen Tabus. Die viel diskutierten Mohammed-Karikaturen lehne er als zu verletzend ab.
„Humor ist für mich verbunden mit der Einsicht, nicht perfekt zu sein, und der Erlaubnis, dies auch nicht sein zu müssen“, sagt Pyka. Dazu gehöre eine „Haltung, die mit Spannungen und Brüchen im Leben rechnet und diese akzeptiert“, um sie anschließend „publikumswirksam inszenieren“ zu können. Der Titel seines zweiten Buches mit Kirchen-Cartoons heißt „Pappe zu Pappe, Glas zu Glas“. Diese Worte der Titel-Karikatur spricht der Pfarrer beim Mülltrennen. Neben ihm fragt ein Gemeindemitglied: „Fällt es Ihnen als Pfarrer eigentlich leicht, Beruf und Privatleben zu trennen?“.