Faire Woche im momentum 2024:Klimagerechtigkeit beginnt im Kleinen
Neunkirchen – Jutta Longen tritt kräftig in die Pedale: „Noch etwas Sport vor dem Mittagessen“, sagt sie und lacht. „Sehr gut. Schon 150 Kilowatt“, lobt Karl-Heinz Rüttiger-Barth, „da könnten wir schon eine Kaffeemaschine anschließen.“ Was vor dem kirchlichen Begegnungscafé momentum auf der Bliespromenade aufgebaut ist, ist kein gewöhnlicher Drahtesel, sondern ein sogenanntes Energie-Fahrrad. Die erstrampelte Energie dient nicht der Fortbewegung, sondern wird in einem Akku gespeichert und bringt eine Glühbirne zum Leuchten. Das Energie-Fahrrad, das Elektroingenieur Rüttiger-Barth von der Initiative Klima-Fit in Neunkirchen mitgebracht hat, ist Teil mehrerer Aktionen, mit denen sich das momentum vom 13. bis 25. September an der bundesweiten Fairen Woche beteiligt. Unter dem Motto „Fair. Und kein Grad mehr“ steht in diesem Jahr das das Thema Klimagerechtigkeit im Fokus.
Beim Aktionstag vergangenen Freitag hat die Klima Fit-Initiative zudem über Balkonkraftwerke informiert, von denen eines ebenfalls vor dem momentum aufgebaut war. Direkt daneben ist in einem Pavillon die interaktive Karikaturenausstellung „Witzig, aber wahr!“ des Forums für internationale Entwicklung und Planung (finep) zu sehen, die sich auf humorvolle Weise mit dem Thema Wasser in Zeiten der Klimakrise auseinandersetzt. „Hier sind die Gäste aufgefordert, sich selbst miteinzubringen und Sticker mit ,Witzig‘ oder ,Nicht witzig‘ unter die Banner zu kleben“, sagt Pastoralreferentin Jennifer Schmitt, die mit Gemeindereferentin Katja Groß das Begegnungscafé hauptamtlich leitet. Sechs Banner thematisieren Extremwetterereignisse, darunter Dürren, den Meeresspiegelanstieg, die Plastikverschmutzung der Meere, die Wasserprivatisierung sowie virtuelles Wasser, also den Wasserverbrauch zur Herstellung von Produkten. Besonders die Karikatur zum Thema Hochwasser sorgt für Gesprächsstoff. „Das Pfingsthochwasser ist bei allen noch präsent“, sagt Katja Groß. Auch die aktuellen Nachrichten zum Hochwasser in Österreich, Polen und Tschechien machten viele nachdenklich. „Eigentlich ist gar nichts davon lustig, das Lachen bleibt im Hals stecken“, kommentiert ein Besucher die Karikatur, bei der ein Mann vermeintlich übers Wasser laufen kann – in Wahrheit steht er auf einem Teppich aus Plastikmüll.
Im Begegnungscafé haben die Ehrenamtlichen einen Kiosk mit einem breiten Warenangebot fair gehandelter Lebensmittel und Handwerksarbeiten aufgebaut. Darüber hinaus gibt es ein Glücksrad und Tipps für eine faire Zukunft. Im Rahmen der Aktionswoche finden zudem zwei Workshops mit Schülerinnen und Schülern des TGSBBZ Neunkirchen und der Schulseelsorge statt. „Eine Ehrenamtliche, die Expertise in Sachen Naturkosmetik hat, hat mit der Friseurklasse Shampoo aus Naturmaterialien herstellt. Mit den angehenden Erzieherinnen wurde Handcreme gekocht“, erklärt Groß.
Veranstaltungen stoßen auf Interesse
Das Team aus haupt- und ehrenamtlichen hatte am Mittwoch zu einem fairen Frühstück geladen. „Eier vom Markt, Tomaten vom Bauer, Marmeladen von unserem gepa-Stand“, zählt Schmitt auf. Erstmals habe man mit den Ehrenamtlichen von Foodsharing kooperiert, die das gerettete Brot beisteuerten. „Das war so viel, da konnten wir noch am Nachmittag Baguette verteilen“, sagt Schmitt.
Vor drei Jahren hat das momentum erstmals bei der Fairen Woche mitgemacht. „Unser Ansatzpunkt ist zu schauen, was wir im Kleinen bewirken können“, so das Leitungs-Duo. So habe im letzten Jahr während der Fairen Woche erstmals ein Stromspar-Check stattgefunden – ein Angebot, das es nun alle 14 Tage gibt. „Auf Wunsch kommen die Berater auch zu Interessierten nach Hause und zeigen konkret, wie sich etwa mit Energiesparlampen nicht nur Strom, sondern auch Geld sparen lässt“, sagt Schmitt. Auch in diesem Jahr seien die Aktionen während der Fairen Woche gut besucht gewesen, zeigen sich die beiden zufrieden.
Bundesweit gibt es während der Fairen Woche rund 2.000 Veranstaltungen, darunter faire Frühstücke, Ausstellungen, Gottesdienste, Sportangebote, Informationsveranstaltungen mit Produzentenvertretern sowie Aktionen in Schulen, Kindergärten, auf Straßen und Plätzen. Das Forum Fairer Handel ist in Kooperation mit Fairtrade Deutschland und dem Weltladen-Dachverband Veranstalter der Fairen Woche, an der sich vielfältige Akteure beteiligen – von Weltläden, Eine-Welt-Gruppen und Schulen über Umweltgruppen und Verbraucherorganisationen bis hin zu Supermärkten und Gastronomen und zahlreichen kirchlichen Verbänden und Initiativen.