Initiative "Neue Frauenorte" im Pastoralen Raum Wadern:Kreative Auszeit unter Frauen
Wadern-Wadrill – Nähmaschinengeratter und fröhliches Stimmengewirr vermischen sich im Pfarrheim Wadrill zu einer bunten Geräuschkulisse. Die Freundinnen Mathilda (8) und Lene (9) haben ihre eigenen Maschinen mitgebracht und versuchen sich an einer Filztasche. „Das wird ein Geschenk für den Muttertag“, verrät Mathilda. Gegenüber näht Karin Ebert unter Anleitung von Workshop-Leiterin Melanie Schneider aus altem Jeansstoff eine neue Schürze. „Upcycling“ – also aus alten Dingen etwas Neues erschaffen – ist die Idee dahinter. Ruhiger geht es am Nebentisch zu, wo Katrin Kaufmann den Frauen am Stickrahmen den Margeritenstich, Knötchenstich und Plattstich erklärt. Hier sollen mit Nadel und Faden bunte Frühlingsbilder entstehen.
Rund 30 Mädchen und Frauen im Alter von 8 bis 80 Jahren sind am Samstag, 6. Mai, zum ersten Kreativtag der Initiative „Neue Frauenorte“ des Pastoralen Raums Wadern nach Wadrill gekommen. Neben Upcycling und Sticken steht ein Töpfer-Workshop auf dem Programm, bei dem unter Anleitung von Marion Weber Lichtkugeln entstehen. Im Nebenzimmer gestalten fünf Frauen aus gefundenen Holzstücken mit Acrylfarbe Königinnen. „Die Holzstücke mit ihren Kanten und Einbuchtungen sind so individuell wie jede Frau selbst. Jede Frau hat Würde, ist eine Königin, hat eine ganz individuelle Persönlichkeit“, sagt Workshop-Leiterin Karin Jacobs.
Angebote für alle Frauen - egal welchen Alters oder welcher Nationalität
Seit Oktober 2022 gibt es im Pastoralen Raum (PastR) Wadern die Initiative „Neue Frauenorte“. „Die Idee zu der Initiative hatten wir schon länger, doch Corona hat uns ausgebremst“, sagt Gemeindereferentin Dagmar Hack-Selzer von der Pfarrei Losheim, die gemeinsam mit Gemeindereferentin Tanja Buchheit-Thewes vom Leitungsteam des Pastoralen Raums Wadern und Pastoralreferentin Martina Zimmer zu den Initiatorinnen gehört. Vorbild ist die Frauenkirche „Frauen (T)raum” aus Köllerbach, in der sich seit mehreren Jahren Frauen treffen und auf ganz unterschiedliche Weise ihren Glauben ausdrücken. Es soll ein Ort entstehen, der Frauen, egal welchen Alters und welcher Nationalität, einen Raum bietet, wo sie sich begegnen können und gemeinsam auf Spurensuche gehen, um ihre Fähigkeiten und Charismen zu entdecken. Bewusst haben die drei auf das Wort „Kirche“ im Namen verzichtet. „Wir wollen auch Frauen ansprechen, die nicht in die Kirche kommen oder mit dieser in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben“, sagt Buchheit-Thewes. So fand die Auftaktveranstaltung nicht in Kirche oder Pfarrheim, sondern im Forsthof in Nunkirchen statt. Dabei wurden Ideen gesammelt: Regelmäßige Stammtische, Frauenwanderungen mit Impulsen, Gottesdienste an besonderen Orten und ein Kreativtag, waren die Wünsche der Frauen. Die Orte werden bewusst gewechselt, damit im ländlich geprägten Raum die Erreichbarkeit für möglichst viele gegeben ist.
„Ideen für das Programm hätten wir selbst für die nächsten Jahre, aber uns geht es darum zu hören, was die Bedürfnisse der Frauen sind, was sie sich wünschen, und nicht einfach etwas vorzugeben“, sagt Tanja Buchheit-Thewes. Den Initiatorinnen ist es wichtig, so viel Verantwortung wie möglich auch in die Hände der Teilnehmerinnen zu legen. So wurde etwa der Kreativtag geleitet von den Ehrenamtlichen Sandra Veit und Karin Ebert. „Wir wollen die Frauen ermutigen zu schauen, wo ihre Stärken liegen. Viele haben noch nie getöpfert und wollten das einfach mal ausprobieren“, sagt Martina Zimmer.
Frauen vernetzen sich untereinander
Einmal im Monat findet der Frauenstammtisch statt, zu dem zwischen 15 und 30 Frauen kommen. Auf Wunsch der Teilnehmerinnen stehen manche Treffen unter einem Thema wie „Mutige Frauen“ oder „Frauen in der Werbung“, über das diskutiert werden kann. „Bei den Stammtischen haben sich viele Frauen in ähnlichen Lebenssituationen kennengelernt und Nummern ausgetauscht“, hat Buchheit-Thewes beobachtet. Manche durchlebten gerade eine Trennung nach 25 Jahren Ehe, seien alleinerziehend oder neu in der Region. Andere seien kürzlich verwitwet oder hätten einen Partner, der im Pflegeheim wohnt. Viele Frauen suchten Anschluss, aber in einer lockereren Form als in einem Verein. „Ich bin erstaunt, wie offen die Frauen in diesem Schutzraum über Persönliches sprechen“, sagt Buchheit-Thewes. Das hauptamtliche Team sei bei den Treffen immer wieder auch als Seelsorgerinnen gefragt.
Es sei der Wunsch vieler Frauen gewesen, spirituelle Erfahrungen jenseits des Kirchraums zu erleben. Dadurch entstand die Idee zum Frauengottesdienst mit Stationen im Seegarten in Losheim. Die Frauen schrieben die Texte selbst, und am Ende stand ein gegenseitiges Segnen sowie ein Imbiss mit Brot und Wein.
So wie sich die Frauen untereinander vernetzen, entstehen auch immer wieder neue Kooperationen, etwa mit der Tourist-Zentrale Losheim am See für den Gottesdienst im Seegarten oder mit dem Verein Lichtspiele Wadern, in dessen Kino ein Frauenkino veranstaltet wurde. „Zur Filmvorführung sind auch einige Männer gekommen“, sagen die Initiatorinnen und betonen: „Auch wenn wir uns an den Bedürfnissen von Frauen orientieren, schließen wir keine Männer aus. Willkommen ist, wer uns und unsere Ziele unterstützt.“
Intensive Begegnungen ohne Verpflichtung
„Frauen und Kirche ist ein Thema, das immer wieder angesprochen wird. Uns Frauen wird in vielen Beiträgen vermittelt, wie wichtig unser Engagement in Kirche und Gesellschaft ist. Aber es wird oft gerade in der Kirche von Männern definiert, welche Möglichkeiten uns offenstehen, Glauben, Spiritualität und Berufungen zu leben“, sagen die drei Initiatorinnen. Sie wollen zeigen, dass Kirche mehr sein kann als das traditionelle, oft von Männern dominierte Umfeld.
„Alles ist noch in Bewegung und es ist spannend, was alles noch kommt“, sagt Dagmar Hack-Selzer während Martina Zimmer ergänzt: „Es gibt bei uns die Möglichkeit zur intensiven Begegnung ohne Verpflichtung. Wenn wir Frauen zusammenfinden und miteinander Träume, Interessen und Charismen teilen, kann mit der Zeit sehr viel wachsen und lebendig werden.“