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Katholischer Leiter der TelefonSeelsorge geht in den Ruhestand:Liebevolle Neugierde am Gegenüber

24 Jahre lang prägte Ulrich Heinen die TelefonSeelsorge Mittelrhein. Nun geht er in Ruhestand.
Ulrich Heinen geht nach 24 Jahren bei der TelefonSeelsorge Mittelrhein in den Ruhestand.
Datum:
28. Juni 2024
Von:
Julia Fröder

Koblenz – Fast genau 24 Jahre arbeitet Ulrich Heinen bei der ökumenischen TelefonSeelsorge Mittelrhein mit Sitz in Koblenz, fast genauso lange ist er die katholische hauptamtliche Fachkraft neben seiner evangelischen Kollegin, Pfarrerin Carmen Tomaszewski. Bis heute ist er von der Idee und den Anliegen der TelefonSeelsorge überzeugt. Nun geht der 65-jährige Koblenzer in den Ruhestand.

„Wir begegnen hier Menschen auf einer Ebene. Das sind nicht unsere Patienten, die wir behandeln müssen oder ihnen sagen, wie sie zu leben haben. Die Anrufenden suchen häufig Kontakt und Bestätigung oder benötigen Aufmerksamkeit. Es geht selten um die Lösung eines bestimmten Problems, sondern eher um Einsamkeit“, betont Heinen das Verhältnis zwischen Anrufenden und den Ehrenamtlichen, die den Dienst am Telefon übernehmen – wobei es mittlerweile auch digitale Angebote wie Kontakt über Chat und E-Mail gibt, die insbesondere von Jüngeren angenommen werden, weiß Heinen.„Das Wichtige ist nicht ein bestimmtes Fachwissen, sondern eine Aufmerksamkeit, liebvolle Neugierde und Offenheit für Menschen in allen Lebenssituationen und das Talent, zu diesen Menschen einen Zugang zu finden“, formuliert Heinen die Anforderungen an die ehrenamtlichen Engagierten. Vor dem ersten Einsatz am Telefon steht eine etwa 120-stündige professionelle kostenlose Ausbildung. Für fundierte und aktuelle Aus- und Fortbildungen sowie eine gute Begleitung der Ehrenamtlichen hat sich Heinen immer stark gemacht. Diese Professionalisierung habe in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen, berichtet der Sozialpädagoge. „Begleiten, schulen und auf das vorbereiten, was da kommt – das finde ich weiterhin wichtig und das habe ich immer gerne gemacht“, diese Form der „Lehrtätigkeit“ werde er vermissen, obwohl er nie Lehrer werden wollte. Den administrativen Aufgaben werde er nicht nachtrauern, gibt er lachend zu.

Weitere Engagierte gesucht

Um die Erreichbarkeit 24 Stunden am Tag an sieben Tagen die Woche aufrechtzuerhalten, werden immer wieder neue Kolleginnen und Kollegen der momentan etwa 60 Aktiven benötigt. „Gegen den Trend, dass sich Menschen eher für einen Projektzeitraum engagieren, sprechen unsere Zahlen“, freut sich Heinen. Die Mehrheit sei mindestens zehn Jahre dabei. „Seelsorge ist auch kein Projekt. Es ist ein Ehrenamt mit offenem Ende, es gibt kein bestimmtes Ziel zu erreichen“, erklärt Heinen. Voraussetzungen für die Freiwilligen sind eine gewisse Sprachfähigkeit, eine einfühlsame Zugewandtheit und ein wohlwollendes Interesse an Anderen.

Sein erster Tag in Rente ist der 1. Juli, bis dahin wird er seiner Nachfolgerin, Sandra Löcher aus Neuwied, noch einen fundierten Einblick in das Arbeitsfeld geben. Konkrete Ideen für den Ruhestand hat Heinen, der vor seiner Tätigkeit in der TelefonSeelsorge 15 Jahre ebenfalls für das Bistum Trier in der Lebensberatung gearbeitet hat, noch nicht. Dafür habe er momentan einfach noch zu viel zu tun. Als längerfristigen Plan nennt er einen Umzug in eine andere Wohnung. Koblenz möchte er aber treu bleiben.

Die ökumenische TelefonSeelsorge wird vom Bistum Trier, dem Evangelischen Kirchenkreis Koblenz und dem Verein „Telefonseelsorge Mittelrhein" getragen und von der Stadt Koblenz unterstützt. Sie ist unter 0800 - 111 0 111 und 0800 - 111 0 222 zu erreichen oder eben per Mail über die Seite https://online.telefonseelsorge.de/. Das Angebot der TelefonSeelsorge für alle Menschen – unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität und Konfession – offen und kostenfrei.

"KrisenKompass"

Der deutsche Dachverband der TelefonSeelsorge hat die Selbsthilfe-App „KrisenKompass“ entwickelt, in der Ratsuchende Unterstützungsmöglichkeiten, Sachinformationen zum Beispiel zu Depressionen, aber auch Selbsthilfe-Tools finden. Die App gibt es in allen gängigen App-Stores.