Vatikanischer Präfekt referiert zu jüdisch-katholischem Dialog:„Man kann unmöglich Christ und zugleich Antisemit sein”
Trier/Rom – Anlässlich der Einrichtung des Masterstudiengangs „Interreligiöse Studien: Judentum, Christentum, Islam” an der Theologischen Fakultät Trier hat Kurienkardinal Kurt Koch am 26. Januar in der Promotionsaula des Bischöflichen Priesterseminars Trier über den jüdisch-katholischen Dialog referiert. Der Einladung zum interreligiösen Austausch folgten unter anderen Bischof Stephan Ackermann und der rheinland-pfälzische Landesrabbiner David Schwezoff.
Mit Verweis auf die Mitte der 1960er Jahre verfasste Konzilserklärung „Nostra aetate” betonte der Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen in seinem Vortrag „Reiches gemeinsames geistliches Erbe – Wo steht der jüdisch-katholische Dialog heute?” die heilsgeschichtliche Gemeinschaft, die zwischen dem Judentum und dem Christentum bestünde. Dem entschiedenen „Ja” zum gemeinsamen Erbe stellte er ein kategorisches „Nein” zu allen Formen des Antisemitismus entgegen; die Schoah bezeichnete er als den „grauenhaften Tiefpunkt einer gottlosen Ideologie”. Die Kirche müsse bekennen, dass ein über Jahrhunderte hin wirksamer christlich-theologischer Antijudaismus in der Vergangenheit eine Antipathie gegen Juden begünstigt habe. Die Konzilserklärung, die als „Gründungsdokument für die Versöhnung zwischen Christen und Juden” gelte, sei als bedeutender Wendepunkt und „verheißungsvoller Neubeginn eines fruchtbaren Dialogs zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum” zu würdigen. Bis zum heutigen Tage habe sie nichts an Aktualität eingebüßt.
Gegenseitige Achtung vor dem Glauben des Anderen
In den vergangenen Jahrzehnten habe sich im katholisch-jüdischen Dialog viel Positives ergeben, inzwischen sei eine gute Zusammenarbeit und intensive Freundschaft zwischen den beiden Religionen gewachsen, erklärte der gebürtige Schweizer Koch. Unerlässlich für den Dialog sei allerdings die gegenseitige Achtung vor den Glaubensüberzeugungen des jeweils Anderen. Dies bedeute nicht, dass alle theologischen Fragen, die sich in der Begegnung stellen, letztlich gelöst seien. Als „neuralgischen Punkt” identifizierte er etwa die Wahrnehmung der Gestalt Jesus Christus. Klar sei allerdings, dass die katholische Kirche für die Juden ein verlässlicher Partner im Kampf gegen den Antisemitismus sei: „Wie Papst Franziskus nicht müde wird zu betonen: Man kann unmöglich Christ und zugleich Antisemit sein.”
Studierende fit machen für den interreligiösen Dialog
Theologie auch als die „Suche nach der Wahrheit des Anderen” zu begreifen, befürwortete Dr. Dennis Halft OP, Verwalter des Lehrstuhls für Abrahamitische Religionen mit Schwerpunkt Islam und interreligiöser Dialog in Anlehnung an Papst Franziskus. „Eine solche Theologie der Aufnahme und des Dialogs, wie der Papst sie beschrieb, schließt die Beschäftigung mit anderen religiös-kulturellen Traditionen als der christlichen explizit ein.”
Daraus ergebe sich die Forderung, Studierenden der Theologie eine profunde Auseinandersetzung mit der Geschichte, Sprache und Kultur des Anderen zu ermöglichen, damit christliche, jüdische und muslimische Studierende authentisch einander begegnen und mit- und voneinander lernen können. Mit dem jüngst eingerichteten Masterstudiengang „Interreligiöse Studien: Judentum, Christentum, Islam” sei die Theologische Fakultät, in enger Zusammenarbeit mit der Universität Trier, einen weiteren Schritt zur Förderung von gegenseitigem Respekt, Geschwisterlichkeit und einem friedlichen Zusammenleben gegangen.
Am interreligiösen Austausch nahmen unter anderen Bischof Stephan Ackermann, Landesrabbiner David Schwezoff, Fakultätsrektor Johannes Brantl, Avadislav Avadiev, Vorsitzender des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz, Markus Nöhl, Kulturdezernent der Stadt Trier, Jeanna Bakal, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Trier, Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier, sowie zahlreiche Studierende der Theologischen Fakultät Trier teil. Im Nachgang der Veranstaltung überreichte eine Studierendengruppe dem Präfekten einen Beitrag zum Arbeitsdokument der kontinentalen Etappe der Weltsynode „Mach den Raum deines Zeltes weit”, den sie gemeinsam mit ihrer Professorin Annemarie Mayer erarbeitet hatten, mit der Bitte, diesen an das Synodensekretariat im Vatikan auszuhändigen.
Weitere Informationen zum Lehrstuhl und Studiengang für Interreligiöse Studien gibt es auf www.theologie-trier.de.
(ih)