Trierer Hospiztag thematisiert Fremdheit in der Hospiz- und Palliativsorge:Menschen am Lebensende besser verstehen
Trier – Das Hospiz: ein Ort des Sterbens. Schon der Gedanke an das Lebensende ist für viele fremd und beklemmend. Noch schwieriger ist es, wenn sich ein geliebter Mensch in einen „Fremden“ verwandelt, weil seine Krankheit ihn so sehr beansprucht oder ihn zum Beispiel durch eine Demenz in seine Vergangenheit zurückwirft. Mit solchen Fremdheiten beschäftigt sich der 23. Trierer Hospiztag am Samstag, den 16. November 2019, im Robert-Schuman-Haus mit dem Titel „Ich möchte dich verstehen!“ Neben Professor Thomas Heinemann, der über die Fremdheit in der hospizlichen und palliativen Sorge referiert, stellen weitere Experten Beispiele aus ihrer Praxis vor. Dabei geht es um Menschen mit Demenz, einer psychiatrischen Erkrankung, mit besonderem kulturellen Hintergrund oder einer geistigen Behinderung, die im Hospiz dem Ende ihres Lebens entgegensehen. Bei diesen Menschen ist ein Gefühl von Fremdheit ganz besonders greifbar.
Eine der Referentinnen ist Melanie Jäger, Krankenschwester und Praxisanleiterin der Schülerinnen und Praktikantinnen im Mutter-Rosa-Altenzentrum in Trier. Ihr Spezial-Thema ist die Demenz im Hospiz und der palliativen Pflege. Wenn ein Patient nicht mehr geheilt werden kann, wird die Pflege umgestellt, berichtet sie. Schmerzfreiheit und Lebensqualität stehen dann im Mittelpunkt. Doch gerade Menschen mit Demenz seien oft nicht mehr in der Lage, zu äußern, was sie möchten, sagt Jäger. „Es liegt an uns, zu erspüren, was ihnen wichtig ist. Dafür braucht es eine spezielle Haltung.“ Wenn sie und ihre Kollegen die Biographie und die Vorlieben des Patienten kennen, könne man ihn besser beruhigen, die Pflege angenehmer gestalten und ihm mehr Lebensqualität bieten.
So habe sie einmal einen schwer dementen Patienten betreut, der seine Unsicherheit durch Gewalt gegenüber seinen Mitmenschen äußerte. Die Angehörigen erzählten, dass Musik eine wichtige Rolle in seinem Leben spielte. Als der Patient wieder singen durfte, wurde er entspannter. Das erleichterte nicht nur die Pflege es verschönerte auch sein Leben. Als er dann auch nichts mehr zu sich nehmen wollte und die Mundpflege unerlässlich wurde, ging es wieder darum, es ihm so angenehm wie möglich zu gestalten. Da er laut der Angehörigen gerne Bier getrunken habe, wurde Bier für die Mundpflege verwandt. „Obwohl die Angehörigen zunächst sehr skeptisch waren, haben sie es später als sehr bereichernde Erfahrung erlebt“, so Jäger. In einem solchen Beispiel werde die „Fremdheit“ wieder deutlich: Der Mann, der plötzlich aggressiv wird, weil er sich missverstanden fühlt, oder diese „befremdliche“ Form von Mundpflege mit einem alkoholhaltigen Getränk was für eine auf Heilung ausgelegte Pflege undenkbar wäre. „Gerade die Angehörigen haben mit solch einer Fremdheit zu kämpfen und reagieren oft mit Unsicherheit und Unverständnis. Da ist es wichtig, sie gut aufzuklären und zu beraten, und eben nicht nur den sterbenden Menschen im Blick zu haben, sondern auch die Angehörigen“, sagt Jäger.
„Fremdheit“ und einem besser Verständnis geht der diesjährige Trierer Hospiztag auf den Grund. Am selben Tag findet auch der 20. Koblenzer Hospiztag zum Thema Sterbehilfe statt.
Weitere Informationen gibt es beim Caritas Verband Trier: 0651 9493283 oder ag-hospiz@caritas-trier.de.
(aw)