Heilig-Rock-Tage: Kardinal Odilo Scherer aus Brasilien spricht beim Priestertag:Sehschule für die pastorale Arbeit im Bistum Trier
Trier – „Die Türen unserer Kirchen müssen offen stehen: nicht nur, damit Menschen eintreten können, sondern auch, damit die Katholiken hinausgehen können zu den Menschen.“ Das hat Kardinal Odilo Pedro Scherer, der Erzbischof von São Paulo in Brasilien, beim Priestertag des Bistums Trier am 9. Mai gesagt. 120 Priester im aktiven Bistumsdienst, Ordenspriester und Ruheständler hatten sich zu diesem Tag im Bischöflichen Priesterseminar versammelt, der auf Einladung von Bischof Dr. Stephan Ackermann traditionell während der Heilig-Rock-Tage stattfindet.
Es solle „eine Art Sehschule“ sein, was Kardinal Scherer aus seinem Erzbistum berichtet, erklärte der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann in seiner Begrüßung. Die Berichte sollten „ermutigen, dass Pastoral auch anders gelingen kann als in dem Rahmen, den wir bisher in unserem Bistum gewohnt waren“. Natürlich könne die Situation in Brasilien und die Herangehensweise in der Seelsorge dort nicht unmittelbar auf das Bistum Trier angewandt werden, aber „viele Fragen und Probleme sind auch vergleichbar“. Der Kardinal, dessen Vorfahren aus dem Hunsrück stammen, erwähnte in seinem Referat nicht nur seine biographischen Bezüge zum Bistum, die auch ins saarländische Theley reichen, sondern stellte weitere Parallelen her zu den pastoralen Erfahrungen in seiner Erzdiözese und dem Bistum Trier: Vor zwei Jahren hatte er in seinem Erzbistum, das in der größten Stadt Brasiliens nur einige Innenstadtbezirke umfasst und zu dem dennoch mehr als fünf Millionen Katholiken zählen, eine Diözesansynode unter dem Leitwort „Gott wohnt in der Stadt – Wir sind seine Zeugen“ ausgerufen. Die Erfahrung, dass der sonntägliche Gottesdienstbesuch in der Großstadt rasant schwindet und in São Paulo bei gerade mal noch etwas mehr als fünf Prozent liegt; die hohe Zahl der Kirchenaustritte; die Konkurrenz in Glaubens- und Sinnfragen zu anderen spirituellen Angeboten von Freikirchen und auch Sekten; die Erfahrung, dass nur noch jedes zweite Paar sich kirchlich trauen lässt und manch andere statistische Erhebung aus den letzten Jahren, von der der Kardinal aus Brasilien berichtete, erinnerte die versammelten Priester an eigene Erfahrungen.
Erfahrungen in der Seelsorge in Brasilien und in Trier: ähnlich und doch anders
Nach dem Referat tauschten sich die Priester darüber aus, welche Anregungen die geschilderte Situation aus Brasilien für den eigenen Dienst als Priester haben könnten, und welche Anknüpfungspunkte sie in der Synodenumsetzung des Bistums Trier sehen. Fragen nach der Ökumene mit anderen christlichen Konfessionen; die Frage nach der Priesterausbildung und welche konkreten Schritte der Kardinal für ein besseres Zugehen auf die Menschen sieht, die nicht von sich aus in die Kirche kommen, beschäftigten die Priester dabei. „Wir müssen Boten der Frohen Botschaft auch in der Stadt sein; das erfordert auch eine öffentliche Präsenz der Kirche in vielen Feldern der Kultur, der Gesellschaft und besonders auch bei den Armen und Leidenden“, sagte der Kardinal. In einer von Pfarrer Tim Sturm, dem Leiter der Berufepastoral des Bistums Trier, moderierten Runde konnten die Teilnehmer des Priestertages den Gast aus Brasilien dazu befragen und schildern, was sie in ihrem Alltag erleben.
Heiliger Rock als Zeichen, dass österliches Leben auch gewohnten Schutz ablegen kann
Den Abschluss des Tages bildete das Pontifikalamt mit Kardinal Scherer und Bischof Ackermann im Dom, an dem unter anderem auch die Trierer Weihbischöfe Robert Brahm und Franz Josef Gebert teilnahmen. In seiner Predigt erinnerte Bischof Ackermann daran, dass der Heilige Rock eine Passionsreliquie sei und dennoch in der Osterzeit besonders verehrt werde. „Der auferstandene Christus benötigt die äußeren Zeichen des Schutzes, die ihm als Zeichen der Demütigung in der Passion genommen wurden, nicht mehr“, sagte der Bischof. So könnten auch die Priester und die Pfarreien heute sich fragen, welchen irdischen Schutz und welche Zeichen von Rolle, Würde und Befugnissen sie im Licht des österlichen Lebens ablegen könnten: „Wenn wir in der Osterzeit auf den Heiligen Rock blicken, dann vertrauen wir auf die Kraft Jesu Christi und bleiben in dieser Zuversicht gelassen, wenn uns äußere Sicherheiten genommen werden“, betonte Ackermann. „Der Auferstandene ermutigt uns, dass wir dann neue Formen finden und so auch Neues durch ihn entstehen kann: Wenn wir auf die Kraft Gottes vertrauen, schafft er unseren Schritten weiten Raum“, erinnerte der Bischof an das Leitwort der diesjährigen Heilig-Rock-Tage.
Musikalisch wurde der Gottesdienst auch von einem Chor aus Theley begleitet. In den Fürbitten gedachten die Gottesdienstteilnehmer unter anderem der im letzten Jahr verstorbenen Priester; besonders auch Domvikar Dr. Engelbert Felten, der die bisherigen Priestertage mit vorbereitet hatte und der im März überraschend gestorben war, sowie des emeritierten Domkapitulars Walter Prüm, der in den Morgenstunden des 9. Mai verstorben war.
(red)
Eine Bildergalerie des Priestertages mit Kardinal Scherer ist hier veröffentlicht.