Sommerakademie des Deutschen Liturgischen Instituts beschäftigt sich mit Bibel :„Sie muss gelesen werden, sonst ist sie ein Papiertiger“
Trier – Mit dem kommenden Kirchenjahr, das am ersten Advent beginnt, werden in der katholischen und der evangelischen Kirche überarbeitete Bibelübersetzungen in den Gottesdiensten eingeführt. Eine zeitgemäße Sprache und wortgetreue Übersetzungen: Diese Aufträge sollten die Revisionen der Lutherbibel und der katholischen Einheitsübersetzung vor allem erfüllen. Über den Umgang mit der Heiligen Schrift im Gottesdienst und ihren Stellenwert in der Liturgie, aber auch den aus den neuen Übersetzungen resultierenden Spannungen hat sich die 17. Sommerakademie des Deutschen Liturgischen Instituts in Trier auseinandergesetzt. Unter dem Motto „Liturgie und Bibel“ kamen vom 6. bis 9. August über 60 Interessierte zusammen, die sich durch Vorträge und Workshops informieren und austauschen konnten.
Tagungsleiter Professor Thomas Söding von der Ruhr-Universität in Bochum beleuchtete in seinem Vortrag Entstehung und Konflikte, aber auch Chancen der neuen Einheitsübersetzung. In einem kleinen Exkurs berichtete Söding, die Einheitsübersetzung von 1979 habe nicht etwa so geheißen, weil sie als ökumenisches Projekt geplant war und alle anderen Übersetzungen verdrängen sollte, sondern weil die katholischen Bistümer eine gemeinsame Übersetzung anstrebten. Im Zweiten Vatikanischen Konzil Anfang der 1960er habe das Projekt Fahrt aufgenommen. Seit ihrem Erscheinen 1979 werde sie im Schulunterricht, in der Katechese, den Lesungen im Gottesdienst verwendet. Nach rund 30 Jahren habe nun einfach eine moderate Renovierung angestanden, die Fehler ausmerzen und eine zeitgemäße Sprache beachten, aber nicht die „Anstößigkeit der Bibel“ abmildern und damit ihren teils aufrüttelnden Charakter verändern sollte.
Als Beispiel nannte Söding, dass das Wort Jahwe für Gott in der neuen Übersetzung konsequent gemieden und durch „HERR“ ersetzt werde. Das sei einerseits aus Freundschaft zum Judentum geschehen, das Gott grundsätzlich nicht beim Namen nenne und auch im Einklang mit der christlichen Tradition. Das wirke zunächst sehr patriarchalisch, aber eine Bibel in gerechter Sprache mit zwanzig Varianten sei aus Respekt vor dem Text und der Überlieferungsgeschichte ebenso keine Option gewesen. Andererseits ersetze die neue Übersetzung die Anrede „Brüder“ an vielen Stellen durch „Brüder und Schwestern“, bleibe aber bei der Gender-Fairness inkonsequent, da im Fließtext weiterhin nur „Brüder“ gebraucht werde. Das Wort „ekklesia“ werde differenziert übersetzt: Teilweise mit „Kirche“, wenn die gesamte Kirche beziehungsweise Ortskirche gemeint sei und mit „Gemeinde“ wenn die lokale Versammlung im Blick stehe. Das sei bei der Lutherbibel anders: Dort werde immer das Wort „Gemeinde“ benutzt. Aus dem Publikum gab es dazu teilweise kritische Stimmen. Eine Teilnehmerin wünschte sich mehr Aufklärung darüber, was die Übersetzer sich gedacht und weshalb sie bestimmte Dinge geändert haben. „Es ist schwierig, wenn man Dinge lesen soll, von denen man nicht weiß, warum sie jetzt so sind.“
Zusammenfassend sagte Söding, die Einheitsübersetzung habe durch die Überarbeitung gewonnen, sie sei gleichzeitig näher am Urtext und aufgeschlossener für die Gegenwart. Es fehle jedoch noch ein „finish“, denn es existiere immer noch eine Fülle von kleinen Ungereimtheiten. Am wichtigsten sei aber auch für zukünftige Revisionen, die Chance zu nutzen, den Menschen die Bibel näherzubringen und da vor allem auch die neuen Medien mit einzubeziehen. „Ohne dass die Bibel gelesen wird, ist sie ein Papiertiger.“
Dr. Marius Linnenborn, ebenfalls Tagungsleiter und Leiter des Deutschen Liturgischen Instituts in Trier, fasste die Veranstaltung so zusammen: „Wir haben uns damit beschäftigt, wie das Wort Gottes im Gottesdienst verkündet wird und wie die verschiedenen Schriftlesungen inhaltlich zusammenhängen.“ Vor Ort könne man jetzt überlegen, wie man mit der nötigen Sorgfalt an die Texte herangehe – in der Vorbereitung auf das Lesen eines Textes, aber auch im Sprechen selbst. Die Sommerakademie versuche immer, aktuelle Themen anzusprechen. Deshalb sei es in diesem Jahr fast zwingend gewesen, sich mit der Bibel zu beschäftigen. Im nächsten Jahr werde es voraussichtlich um das Thema „Liturgie und große Räume“ gehen.
Weitere Informationen zur Sommerakademie und zum Deutschen Liturgischen Institut gibt es unter www.liturgie.de im Internet. Eine Publikation mit den Tagungsbeiträgen ist in Planung.