Mit SoFiA nach Bolivien:Trinidad statt Tholey
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Trinidad/Tholey – Die Landessprache Spanisch beherrscht sie zu dem Zeitpunkt noch nicht und vom Land weiß sie bloß aus dem Erdkunde-Unterricht, dass es ein Hochland und ein Tiefland gibt – und natürlich Alpakas. Dennoch wagt Deborah Fleck (20) aus Tholey das Abenteuer Ausland und steigt am 8. August vergangenen Jahres in Frankfurt ins Flugzeug. Nach Zwischenstopps in Buenos Aires und Santa Cruz kommt sie fast zwei Tage später in Trinidad im Nordosten Boliviens an, wo sie die nächsten 13 Monate am Colegio Madre Seton, einer katholischen Schule, einen Freiwilligendienst absolviert. Begleitet wird sie während des Freiwilligendienstes von den Sozialen Friedensdiensten im Ausland (SoFiA), einem Verein in Trägerschaft des Bistums Trier und des Diözesan-Caritasverbands, der seit über 30 Jahren jungen Leuten Aufenthalte inner- und außerhalb Europas ermöglicht.
„Nach 13 Jahren Schule war für mich klar, dass ich zunächst ins Ausland will, bevor ich ein Studium beginne“, sagt Deborah Fleck, die im Sommer an der Gemeinschaftsschule Marpingen Abitur gemacht hat. Doch ob Freiwilligendienst, Work and Travel oder Au Pair sei anfangs offen gewesen. Doch eine ehemalige SoFiA-Freiwillige berichtete in der Schule von ihren Erfahrungen und überzeugte sie, sich auch zu bewerben. In mehreren Seminaren wurden die Freiwilligendienstleistenden auf den Einsatz vorbereitet. „Wir haben viel über die Kultur und Gesellschaft gelernt. Bolivianische Freiwillige, die aktuell in Deutschland sind, konnten uns auch viele Fragen beantworten“, erzählt die 20-Jährige. Während des ersten Monats in Bolivien belegt sie zunächst einen Sprachkurs, damit sie sich in der Schule von Beginn an einigermaßen verständigen kann. „Das war am Anfang ziemlich schwierig, aber inzwischen geht es schon viel besser“, sagt sie. Das erste halbe Jahr arbeitete sie in der Segundo inicial de kínder, wo sie die Lehrerin unterstützte. „Es ist wie eine Art Vorschule, jedoch anders als in Deutschland. Die Kinder lernen bereits Buchstaben, Zahlen und erste englische Wörter“, berichtet sie. Darüber hinaus ist ihre Aufgabe, den Kindern das Thema Umweltschutz näherzubringen. Im Februar begann in Bolivien das neue Schuljahr, jetzt ist sie zusätzlich in der sogenannten Primaria (Kinder von 6 bis 12 Jahren) und der Secundaria (12 bis 18 Jahre) im Englischunterricht eingesetzt. Wie in Deutschland findet der Unterricht vormittags statt, sodass Deborah Fleck nachmittags Freizeit hat, die sie gerne im Fitnessstudio oder bei Ausflügen in die Umgebung verbringt.
Eintauchen in die Lebensweise und Kultur der Menschen
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Während ihrer Zeit in Bolivien wohnt Deborah Fleck in einer Gastfamilie bestehend aus ihrer Gastmutter, Gastoma und der sechsjährigen Gastschwester Alicia, die ihr beim Erlernen der Fremdsprache hilft. „Bevor ich herkam, kamen mir 13 Monate sehr lang vor, doch das Gegenteil ist eingetreten: Unglaublich, dass jetzt schon Halbzeit ist“, staunt sie. Besonders schätzt sie es, in der Zeit eine neue Kultur, eine neue Sprache und ein neues Land von allen Facetten kennenlernen zu können. In Reiseführern werde oft einseitig der Fokus auf die touristischen, schönen Dinge gelegt. „Als Tourist erfährt man oft nur oberflächlich etwas vom Land. Hier können wir in die Lebensweise der Menschen eintauchen“, sagt sie. Vom Gastland ist sie begeistert: „Ich finde Bolivien bezaubernd. Es ist ein sehr vielfältiges Land mit einer gigantischen Natur, vielen Klimazonen mit unterschiedlichen Vegetationen. Ich war bereits am größten Salzsee der Erde“, berichtet Deborah. „Die Menschen habe ich als sehr hilfsbereit, offen und familiär erlebt. Das finde ich sehr schön.“
Das Departemento Beni, dessen Hauptstadt Trinidad ist, zähle zu den ärmsten des Landes. „Die Straßen sind nicht alle ausgebaut, Hauptverkehrsmittel ist hier der Roller.“ Schlimm sei es im letzten Jahr während der verheerenden Waldbrände in Bolivien gewesen. „Die Luft stand voller Rauch, deswegen blieb auch die Schule geschlossen.“ Seitens der Regierung sei nichts unternommen worden, die Stimmung in der Bevölkerung sei entsprechend schlecht gewesen. Immer wieder gebe es auch Engpässe in der Versorgung, etwa beim Benzin: „In Deutschland geht man einfach an die Tankstelle und ist nach zwei Minuten fertig. Hier steht man oft Stunden an – ohne sicher sein zu können, am Ende etwas zu bekommen. Das war für mich ein Schock.“
Zum ersten Mal hat Deborah Fleck Weihnachten ohne ihre Eltern verbracht. „Davor hatte ich etwas Angst, aber das war unbegründet“, sagt sie, da sie sich in ihrer Gastfamile ebenfalls gut aufgehoben fühlt. Nach dem Gottesdienst wurde gemeinsam gegessen, gebetet und Geschenke ausgepackt. „Um Mitternacht gab es ein riesiges Feuerwerk wie bei uns an Silvester, um in den Weihnachtstag reinzufeiern“, erzählt sie. „Das Essen schmeckt hier sehr gut, auch wenn es sehr fleischlastig ist.“ Eine Spezialität Ost-Boliviens sei Masaco, Kochbanane mit Käse oder Charque (Trockenfleisch).
Viel fürs Leben und über sich selbst gelernt
Die großen Sommerferien im Dezember und Januar nutzte die 20-Jährige gemeinsam mit anderen Freiwilligendienstleistenden zum Reisen: „Zuerst waren wir in Bolivien unterwegs in den Städten Santa Cruz, Cochabamba und Sucre, bevor es für drei Tage in die Canyons der großen Salzwüste, der Salar de Uyuni, ging. Auch für einen Abstecher nach La Paz in Argentinien blieb Zeit. Weitere Höhepunkte ihres Aufenthalts waren der Ausflug in das Eco Reservat Chuchini mit Bootstour und Tour durch den Regenwald, die Laguna Suárez und des Río Marmoré. Im tropischen Klima von Trinidad begegne man Tieren wie Affen, Papageien, Capybaras, Alligatoren und Kolibris. Die nächste Reise ist bereits geplant: „Wir Freiwilligen wollen zum berühmten Karneval von Oruru fahren und nach Abschluss des Einsatzes nach Möglichkeit noch nach Peru.“
„Ich würde jedem empfehlen, nach der Schule einen Freiwilligendienst zu machen. Man lernt so viel fürs Leben und über sich und andere Menschen“, zieht Deborah Fleck ein Zwischenfazit, „wir wurden von SoFiA so gut vorbereitet, dass auch meine Eltern mich guten Gewissens gehen lassen konnten.“ Für sie persönlich hat der Einsatz auch geholfen, sich über ihre berufliche Perspektive klarer zu werden. „Auch wenn noch nichts entschieden ist: Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, etwas Soziales zu machen.“
Bewerbungen für einen Freiwilligendienst mit SoFiA im August 2025 sind noch möglich. Einsatzorte sind Bolivien, Brasilien, Peru, Indien, Jordanien, Rumänien, Litauen, Frankreich, Burkina Faso, Malawi, Ruanda, Uganda und Nigeria.
Kontakt unter Tel. 0651-993796301, per E-Mail: sofia@soziale-lerndienste.de oder unter www.sofia-trier.de