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Akademietag behandelt Pandemie aus theologischer und philosophischer Sicht:"Veränderungen positiv entwickeln!"

Im Januar finden die traditionellen Akademietage an der Hochschule in Vallendar statt. In diesem Jahr wurde die Veranstaltung ins Internet verlegt.
Pater Markus Hau bei einem Missionsprojekt. Foto: privat
Datum:
19. Jan. 2021
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Vallendar – Anstatt der traditionellen drei Akademietage an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) fand am 16. Januar eine Online-Veranstaltung unter dem Motto: „Infiziert vom Neuen – Veränderungen positiv entwickeln!“ statt. Gäste von Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC und Daniel Steiger, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildungsstätte Koblenz (KEB), waren Prof. Dr. Franziskus von Heereman, Stiftungslehrstuhl Philosophie sozial-caritativen Handelns an der PTHV und Malteser-Mitglied sowie P. Markus Hau SAC, Missions-Sekretär der Pallottiner.

Von Heereman betreut seit vielen Jahren ein Projekt für behinderte Jugendliche im Libanon, wofür er das Bundesverdienstkreuz erhalten hat; Hau sammelte in den letzten Monaten viel Erfahrung mit den Auswirkungen der Pandemie in Afrika und Asien.

In seinem Impuls zeigte von Heereman Gefahren und Chancen der Epidemie aus philosophisch-ethischer Sicht auf. „Es ist eine menschliche Versuchung Prognosen zu erstellen, worauf diese Pandemie hinausläuft“. Er warnte vor voreiligen Deutungen, diese seien vielmehr erst im Rückblick möglich. „Das zeigen die Fakten. Es handelt sich hier um ein unübersichtlich-komplexes Phänomen der Natur und der Kultur. Zudem kommt ein Phänomen der Freiheit hinzu und Freiheit kann man nicht vorhersagen.“ Er riet dazu abzuwarten und stattdessen über die Gefahren und die Chancen dieser Krise nachzudenken. Als Möglichkeiten benannte er: 1. Das Gemeinwesen wieder mehr zu schätzen und 2. das bewusste Leben mit dem Wissen der Sterblichkeit und Verwundbarkeit. Sein Fazit: „Corona hat unser Menschsein vertieft.“

Daniel Steiger blickte kritisch auf die Rolle der Kirche seit Beginn der Pandemie und versuchte eine Antwort auf die Frage zu geben: „Ist Corona der Beschleuniger einer Entwicklung hin zu einer kleineren und persönlicheren christlichen Gemeinschaft?“ Er ließ dabei keinen Zweifel an berechtigter Kritik an der Kirche, zumal vor dem Hintergrund vergangener Skandale und offener Fragen. Steiger zeigte jedoch auch auf, wo und inwieweit insbesondere im Bereich caritativer Einrichtungen kreative und Mut machende Veranstaltungen umgesetzt wurden, etwa in Form von Online-Benefizkonzerten oder Angeboten junger Seelsorger. „Bei all den positiven Beispielen geht es um die Hinwendung zum Menschen und zu dessen Lebenswelten.“ Während der Corona-Krise sei deutlich geworden, dass Kirche und säkulare Welt Gefahr laufen, noch weiter auseinanderzuklaffen als bisher. Kirche finde oftmals in einer Blase, einem Paralleluniversum, statt.

Pater Markus Hau ließ den Blick auf die Weltkirche und den Spannungsbogen von Not und Solidarität schweifen. Anhand der Länder, in denen die Pallottiner Projekte betreuen, zeigte er auf, wie sehr Corona bestehende Probleme der jeweiligen Länder noch weiter als Katalysator befeuere. So werde beispielsweise in Nigeria/Afrika die Destabilisierung des Landes massiver spürbar durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, politische Unruhen und eine höchst fragile Sicherheitslage. Weitere Beispiele aus Indien, Südafrika und Malawi bestätigten seine Ausführungen, zeigten aber auch auf, dass dort, wo die Not am größten sei, die Menschen besonders solidarisch handeln. Sein Fazit: „Wir können viel lernen von Ländern wie Afrika im Hinblick auf Mitmenschlichkeit. Corona lässt uns einladen über den Tellerrand zu schauen und nicht weg, sondern hinzusehen.“

Leben - ein kostbares Geschenk

Rheinbay zeigte in seinem Impuls auf, was durch die aktuelle Situation offenbar werde – im menschlichen Miteinander sowie im Verhältnis des Einzelnen zu sich selbst. „Das Virus trifft genau die Lebensader der Menschen, es legt die Geschäftigkeit lahm.“ Manche Aspekte des jetzt erzwungenen Lebens mit mehr Innehalten und Pausen seien weiterführend auch für die Zeit nach Corona – etwa das Empfinden von Einsamkeit als Möglichkeit des Eins-Seins mit sich selbst. Der in Stille und Meditation wahrgenommene Atem sei die Brücke zu einer Erfahrung, die jedem einzelnen zugedacht sei: Das Leben als kostbares Geschenk, als leuchtender Edelstein.

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion kamen Fragen auf nach einer möglichen theologischen Deutung der Pandemie, der Frage der Systemrelevanz der Kirche sowie nach möglichen Zukunftsprognosen. Die Veranstaltung schloss mit einem Besinnungsimpuls.

Die Akademietage werden in gemeinsamer Trägerschaft von der PTHV mit der Katholischen Erwachsenenbildung Fachstelle Koblenz und der Katholischen Erwachsenenbildung der Bildungswerke Westerwald und Rhein-Lahn geplant und umgesetzt. Die Veranstaltungsreihe findet bereits seit 1976 statt. Weitere Informationen gibt es auf www.pthv.de. Der Stream zum Akademietag ist weiterhin auf https://www.youtube.com/watch?v=4hG3AwvigkQ&feature=youtu.be abrufbar.

(red)