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Workshop „Anleitung zum Mutig-Sein“:Vom Unterdrückten zum Sieger

Unterdrückung und Gewalt sind alltäglich. Doch man ist dem nicht hilflos ausgesetzt. Hilfestellung bietet der vom Bistum angebotene Workshop „Anleitung zum Mutig-Sein“.
Veronika Ziegelmayer und Marc-Bernhard Gleißner geben in ihren Seminaren Hilfestellungen, wie schwierige Situationen zu meistern sind.
Datum:
3. Aug. 2024
Von:
Rolf Lorig /Paulinus Wochenzeitung im Bistum Trier

Trier. Vielen wird die Szene bekannt vorkommen: Ein Ehepaar streitet am Frühstückstisch. Eine der beiden Personen moniert, grüner Tee dürfe nicht mit kochendem Wasser aufgebrüht werden. Der Tee werde dann ungenießbar. So oft sei das gesagt worden …

Wie lässt sich vermeiden, dass  sich solch ein nichtiger Anlass zum ernsten Beziehungsproblem ausweitet? Die Soziologin Veronika Ziegelmayer wollte im Bereich der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) ein Format anbieten, das Hilfestellung geben kann. Über das Medium Theater, so ihre Überlegung, sollte es eine Möglichkeit geben, etwa bei ihrem Kollegen Marc-Bernhard Gleißner.

Die Schauspieler müssen sich erst mit ihren Rollen anfreunden, in sie hineinwachsen.

Marc-Bernhard Gleißner

Der Projektleiter „Innovative Pastoral“ hat schon mit mehreren Theaterprojekten von sich reden gemacht. Die Arbeit mit Laien ist dem Regisseur nicht fremd. Und das „Theater der Unterdrückten“ kennt er vom Studium her. „Gemeinsam haben wir ein Angebot geschaffen, das sich an alle richtet, die zuhause, am Arbeitsplatz oder im Ehrenamt Situationen von Unterdrückung erfahren“, sagt Gleißner.

Vor zwei Jahren ging das Projekt an den Start: „Wir fanden auf Anhieb sieben, acht Interessenten.“ In der Regel hat das „Theater der Unterdrückten“ zehn bis zwölf Teilnehmer. An diesem Samstag sind es sogar 16, die sich im Pfarrzentrum St. Valerius eingefunden haben. Der Workshop beinhaltet ein „Warm-Up“ mit einem Mix aus Schauspielmethoden.

Einige der Personen tragen schwer an ihren Erlebnissen. Beim Erzählen wirken diese teilweise so stark nach, dass Emotionen spürbar an die Oberfläche kommen. Aufmerksam verfolgt Gleißner die Berichte, fragt Details nach. Dann geht es an die spielerische Umsetzung. Gruppenteilnehmer übernehmen die Rollen des Umfelds, die betroffene Person stellt sich selber dar.

Was folgt, ähnelt dem richtigen Theaterspiel: „Die Schauspieler müssen sich erst mit ihren Rollen anfreunden, in sie hineinwachsen. Deshalb muss eine Szene auch mehrfach geprobt werden“, erläutert der Regisseur. Von Durchgang zu Durchgang gewinnt das Spiel an Glaubwürdigkeit. „Dann zeigt sich der Moment, in dem der Unterdrückte bricht und der Unterdrücker sich durchsetzt. In der Gruppe werden Lösungsansätze erarbeitet und im Rollenspiel ausprobiert, die letztlich im Alltag umgesetzt werden können“, informiert Gleißner.

Ließen sich solche Situationen nicht genauso gut in Diskussionen vom Kopf her lösen? Der Regisseur hat seine Zweifel. Die Rückmeldung aus der Gruppe hilft den Einzelnen bei der Einschätzung der Situation. „Aggressionen sind ein Empfinden, das nicht nur über den Kopf, sondern über den gesamten Körper läuft. Genau das stellen wir in diesen Rollenspielen heraus. Im Idealfall kommt es zu paradoxen Interventionen, die der Unterdrücker nicht erwartet und durch die der Unterdrückte als Sieger vom Platz geht.“

„Schauspielerisches Können ist hier nicht erforderlich, sondern lediglich Lust und Interesse an Kreativität und Spontaneität“, betont Regisseur Gleißner. Auch wer  selbst aktuell vor keiner herausfordernden Situation stehe, die er oder sie einbringen wolle, sollte teilnehmen. „Blick und Erfahrung jeder einzelnen Person hilft wiederum den anderen Teilnehmern.“

Die Seminare „Anleitung zum Mutig-Sein“ finden einmal pro Quartal statt. Unter www.t1p.de/mutig-sein gibt es Näheres.