Theater:Von Ängsten und Träumen
Saarbrücken. Der stehende Applaus hätte eigentlich eine Zugabe verlangt. Die aber kann es kaum geben nach dieser Aufführung. „Ich muss erstmal nachdenken“, sagt ein Besucher danach. „Wie ein Komet, der zweimal einschlägt“ hat offensichtlich eingeschlagen, getroffen, berührt.
Dass das Stück (der „Paulinus“ berichtete) für den „Katholischen Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“ vorgeschlagen wurde, können alle an diesem Abend in den Willi Graf Schulen in Saarbrücken nur unterstützen. Der Preis wird alle zwei Jahre gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken vergeben. Die nächste Verleihung findet am 6. Mai statt.
Der Titel des Stücks ist angelehnt an das Lied von Udo Lindenberg und dem deutschen Rapper Apache 207. Die Ausgangssituation: Ein Komet rast unerbittlich auf die Erde zu und droht, alles zu zerstören. Was tun angesichts dieser bevorstehenden Katastrophe?
„Idee des miteinander lebens statt der Ellbogen-Gesellschaft“
Bernhard Gleisner
Die 24 Schülerinnen und Schüler vom bischöflichen Willi Graf Gymnasium in Saarbrücken und den beiden Koblenzer Berufsbildenden Schulen Carl-Benz und Julius-Wegeler machen in dieser Situation das, was wohl die meisten Menschen tun würden: Sie blicken auf ihr eigenes Leben, ihre Erfahrungen etwa mit der Flucht, auf ihre Wünsche und Hoffnungen. Und das höchst authentisch.
Denn das Stück ist genau daraus entstanden, dass sich die jungen Menschen erstmals untereinander ausgetauscht haben, wobei einiges zusammenkam. Die Schülerinnen und Schüler kommen nämlich aus den verschiedensten Regionen der Welt: aus Armenien, der Türkei, Afghanistan, Iran und Italien. Unter Anleitung von Regisseur Marc-Bernhard Gleisner ist aus ihren Geschichten ein Theaterstück mit besonderer Intensität entstanden.
Im Blick auf den heranrasenden Kometen fallen Sätze wie: „Das Ende der Welt ist weniger schlimm als die Angst, ständig fliehen zu müssen“ oder auch: „Wir können doch nicht die Haltung verlieren“ (wenn sich junge Menschen in Drogen flüchten). Es geht außerdem um den deutschen Vorschriftendschungel, der Entfaltungsmöglichkeit einengt und zur Verzweiflung treiben kann. Nicht einmal ein Bunker zum Schutz sei möglich ohne „Bunkerbauinstandsetzungssatzung“. Perspektiven, Ängste und Sorgen, aber auch Träume von einer besseren Welt kommen zum Ausdruck. Und am Ende steht die Erkenntnis: „Wenn wir es schaffen, unsere Streitereien beiseite zu lassen, dann können wir auch den Kometen besiegen.“
Lebensgeschichten machen nachdenklich
Die Authentizität der Lebensgeschichten, eindrucksvoll inszeniert, wirkt und macht nachdenklich. Das machen Stimmen aus dem Publikum deutlich: „Es war insofern überwältigend, als man erahnt hat, welche Probleme die Jugendlichen haben, von denen unsereiner keine Ahnung hat“ oder: „Beeindruckend, wie sich Leute aus allen Ecken der Welt gefunden haben, und wie sie das Erlebte dargestellt haben“. Ein Besucher sagt: „Wie sie die Erfahrungen in Worte gefasst haben, regt zum Nachdenken an.“ Und eine Dame, die schon die Uraufführung erlebt hat, kommentiert: „Ich fand die erste Aufführung schon gigantisch. Auch das zweite Mal war super.“
Was den Schülerinnen und Schülern mit am wichtigsten war, fasst Fiona stellvertretend zusammen: „Es ist krass, dass wir uns vom ersten Tag an so gut verstanden haben, dass man übers Theater hinaus so gut auskommt und Freundschaften entstanden sind.“ Ein Aspekt, der auch den Regisseur an diesem Projekt begeistert. Für Marc-Bernhard Gleisner, im Bistum im Bereich „Innovative Pastoral/Pastorale Projekte“ tätig, ist das Komet-Projekt die „Idee des miteinander lebens statt der Ellbogen-Gesellschaft“.