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Bischof Ackermann: Warum die Liturgie des Gründonnerstags vor „falscher Innerlichkeit“ bewahrt :Von Heiligen und Schurken, vorbildlichem Glauben und abgrundtiefem Zweifel

Bischof Stephan Ackermann erklärt in seiner Predigt, warum die Liturgie an Gründonnerstag vor „falscher Innerlichkeit“ bewahrt.
Bischof Ackermann bei der Fußwaschung, an Frauen und Männer aus der St. Jakobus-Bruderschaft und den Besucherdiensten von Dom und Bistum
Datum:
17. Apr. 2025
Von:
Judith Rupp

Trier – All das, was Menschen aus eigener Kraft und mit bestem Willen tun, reiche nicht, „um die Knoten der Geschichte zu lösen und Gerechtigkeit, Frieden und umfassende Gemeinschaft zu schaffen“. Dazu brauche es „die Initiative Gottes. Die Sehnsucht danach bündelt sich in der Gestalt des Messias, des Erlösers, also desjenigen, der nicht nur die Lösung für einzelne Probleme bringt, sondern einen wirklichen Durchbruch schafft“. Das hat Bischof Dr. Stephan Ackermann in der Gründonnerstagsliturgie (17. April 2025) im Trierer Dom erklärt. 

Die biblischen Lesungen des Gottesdienstes spiegelten die Spannung wider, die gläubige Menschen im Alltag spürten: „Passt die Botschaft Jesu wirklich in diese Welt? Ist sie nicht so steil und abgehoben, dass sie nur zu Sonn- und Feiertagen passt? Wie will das Evangelium von der Fußwaschung den Realitäten unserer Welt standhalten?“ Offenbar sei nicht Nächstenliebe das Gebot der Stunde, sondern „Abgrenzung, Aufrüstung, Bereitschaft zur Verteidigung – verbal, wirtschaftlich, militärisch“. Man habe den Eindruck, es sei „aktuell nicht die Stunde, einander die Füße zu waschen, sondern die Köpfe“, so Ackermann.  

Deshalb sei es richtig und wichtig, dass sich die Kirche nicht nur auf das Neue Testament berufe, sondern die gesamte Heilige Schrift höre, die die Lebens- und Glaubenserfahrungen von Menschen über einen Zeitraum von rund 1.000 Jahren aufzeige: „Die Schriften des Alten Bundes berichten von Heiligen und von Schurken, von vorbildlichem Glauben und abgrundtiefem Zweifel. Sie besingen in wunderbarer Poesie die Liebe, und sie sind Kriegsberichterstattung. Schuld und Versagen bis in die höchsten Kreise werden nicht verschwiegen. Nichts Menschliches ist der Bibel fremd.“ Man könne der biblischen Botschaft nicht vorwerfen, sie wüsste nicht um die Realitäten dieser Welt: „Sie weiß sehr wohl, wozu Menschen in der Lage sind, im Guten wie im Bösen.“ 

Dass die Liturgie des Gründonnerstags von dieser Spannung geprägt sei, bewahre die Gläubigen vor einer „falschen Innerlichkeit“, erklärte Bischof Ackermann. „Denn sie erinnert uns an das Leiden derjenigen, die in Situationen der Unterdrückung, der Unfreiheit und Entwürdigung leben müssen. Wir hören den Schrei nach Gerechtigkeit, nach Freiheit und nach einer Macht, die das Böse besiegt.“ Daneben stehe der Weg Jesu: der Weg der Gewaltlosigkeit, des Einander-Zuvorkommens, der Vergebung und der Liebe. „Wir ahnen, dass dieser Weg letztlich wirksamer und zukunftsträchtiger ist als der Weg der Gewalt, auch wenn es der Welt und uns oft anders erscheint. Aber es gibt diesen Weg. Jesus ist ihn gegangen – erfolgreich für uns alle.“