Koblenz – Die Schritte hallen auf dem Kopfsteinpflaster wider. Es ist zwar Mai, aber der Wind pfeift kalt auf dem Florinsmarkt. 23.30 Uhr an einem Freitagabend in der Koblenzer Altstadt. Anstatt in die nächste Kneipe oder in eine Disco geht es heute in die evangelische Florinskirche. Die Fenster sind hell erleuchtet und versprechen wohlige Wärme und Geborgenheit. Hier erwartet die Besucher und Besucherinnen das ökumenische Gebet für die Stadt, der gemeinsame Abschluss der diesjährigen Nacht der Offenen Kirchen. Vorher gab es ab 19 Uhr bei der Veranstaltung, organisiert vom Arbeitskreis „Ökumene in der City“, einiges zu entdecken. Ob in der Vorstadt, im Rauental, in Ehrenbreitstein, in Lützel oder eben in der Innenstadt, die vielen offenen Kirchen- und Kapellentüren waren bis 23 Uhr geöffnet und boten ganz unterschiedliche Veranstaltungen und Aktionen. Neben Vokal- und Instrumentalkonzerten verschiedener Stilrichtungen gab es besinnlich-meditative, aber auch inspirierende oder irritierend-herausfordernde Angebote, die auf ihre Weise die biblische Botschaft auslegten und entfalteten: Das reichte von Zeiten der Stille und des Gebetes, sowie Musik der Klassik und der Moderne über Licht-Installationen, Kurzfilme und Ausstellungen bis hin zu Gespräch und Information. Ein interessanter Gesprächspartner war sicherlich Aeham Ahmad in der Citykirche. Internationale Bekanntheit erlangte er vor etwa zwei Jahren durch seine öffentlichen Auftritte im Flüchtlingslager Jamuk als „Pianist in den Trümmern“ während des Bürgerkriegs in Syrien. Nun lebt der Familienvater mit seiner Frau und zwei Kindern als Flüchtling in Deutschland. Dekanatsreferentin Christiane Schall zeigte sich besorgt über die zunehmende rechte Stimmung in Europa und zitierte die biblischen Gebote zum Schutz der Fremden. „Gott steht auf der Seite der Fremden“, betonte sie und zog eine Verbindung zur laufenden Ausstellung in der Citykirche und dem Gast aus Damaskus. Dieser fragte sich, was aus seiner Zukunft wird. „Für mich ist es wichtig, mich zu integrieren“, sagte der studierte Pianist in einem Gespräch mit Pater Ludger Widmaier. „Ich kenne diese Kultur schon durch meine Musik.“ Einen anderen interessanten Einblick während der 14. Nacht der Offenen Kirchen bot die Ausstellung „Mein letztes Hemd“ in der Florinskirche. Die Bestatterin Ute Bockshecker aus Unkel hatte die Idee, Künstlerinnen und Künstler zu bitten, Werke zum Thema Tod mit einem Sterbehemd und einer Leinwand zu gestalten. Entstanden sind ganz unterschiedliche Arbeiten, die den Betrachter mit seiner eigenen Endlichkeit konfrontierte, aber auch inspirierte. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Alt-Katholischen Pfarrgemeinde St. Jakobus entstanden ist, ist noch bis zum 4. Juni zu sehen. Im Jahr des Reformationsgedenkens war selbstverständlich Martin Luther auch ein Thema. Ein Singspiel widmete sich dem „wahren Leben“ des Reformators. „Die Lebensgeschichte und seine Botschaft sorgfältig recherchiert“, lautete der Anspruch des aufführenden Singkreises Spay in der Basilika St. Kastor. Alle beteiligten Kirchen und Konfessionen wünschten sich, dass viele Menschen etwas von der spirituellen Kraft des christlichen Glaubens an diesem Abend erleben konnten. (jf)