Neues Kartenset thematisiert existenzielle Fragen:WERTVOLL – ICH?! Ein Spielversuch
Bistumsweit/Trier – Ich ziehe wahllos eine Karte aus dem Stapel und lese: „Mit Gott bekomme ich mich in die Haare wegen…“ Hm. Da muss ich nicht lange nachdenken: Warum lässt Du das ganze Leid auf der Welt zu, wenn Du doch allmächtig bist? Sag schon! Ok – nächste Karte. Diesmal ist sie grün – eben war sie lila. „Wer ist ein Vorbild für Dich?“ Als erstes fällt mir die Dietrich ein. Ich habe gerade ein Buch über Marlene gelesen und bin schwer beeindruckt – von ihrem Talent, von ihrer Integrität. Plötzlich ploppen immer mehr Gesichter in meinem Kopf auf und mein Hirn fängt an zu arbeiten. Die Frage wird mich den ganzen Tag beschäftigen, drängt sich immer wieder in meine Gedanken, wenn ich kurz mal Leerlauf habe. Wer sind denn eigentlich meine Vorbilder – und vor allem: warum?
Dieses knallbunte Kartenset, das vor ein paar Tagen morgens auf meinem Büro-Schreibtisch lag, hat mich also tatsächlich zum Nachdenken gebracht. Und dabei habe ich „WERTVOLL ICH – Entdecke Deinen Platz in der Welt” noch nicht mal richtig gespielt. Normalerweise spielt man es nämlich in der Gruppe, inklusive Spielleiter. By the way: Der Zielgruppe bin ich nun auch schon seit ein paar Jahren entwachsen. Denn das Set mit 79 Karten, aufgeteilt in drei große Kategorien, mit dem dazugehörigen Inspirationsheft richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene.
Entwickelt wurde WERTVOLL ICH vom Team „Glaube und Berufung“ der Jugend im Bistum Trier in Zusammenarbeit mit dem Verein „godnews.de“. Anderthalb Jahre tüftelte das Team um Pfarrer Tim Sturm gemeinsam mit Gemeindereferent*innen, Lehrer*innen, Jugendpfarrern, Studierenden, Jugendlichen und einer Hamburger Agentur an Inhalten und Design. „Zunächst wollten wir nur unseren Berufungsparcours auffrischen“, erzählt Sturm. Einen Strategieworkshop später war die Kartenset-Idee aus der Taufe gehoben. Dafür brauchte es allerdings „Impulse und Irritation von außen, also von jenseits der Kirchen-Bubble“, so Sturm. Gesagt – getan. Bis zum Endergebnis mussten viele Entwürfe zahlreiche Praxistests durchlaufen, unter anderem den „Cringe-Test“. Für die älteren Semester unter uns: Cringe ist ein Wort aus der Jugendsprache. Jugendliche benutzen es, um auszudrücken, dass das Verhalten einer (meist älteren) Person peinlich ist. Bei diesem Test ging es also darum, die Sprache so zu wählen, dass die junge Generation auch etwas damit anfangen kann. Gottseidank haben zahlreiche Jugend- und Firmgruppen sowie Schulklassen ihren Senf dazu gegeben. Ob das letztlich geklappt hat, kann ich nicht beurteilen: Einen solchen Cringe-Test würde ich ganz sicher vergeigen – uff, sagt man das denn überhaupt noch so?
Lieber schnell mal die nächste Karte ziehen, diesmal ist sie blau. „Wenn Du ein Werkzeug wärst, welches wärst du? Was für ein Geräusch machst Du?“ Ulkige Frage! Zwei Sekunden später schießt es mir durch den Kopf: eine Ratsch‘ natürlich! Die ist vor allem effizient, sogar bei der Beantwortung. Denn dank der lautmalerischen Eigenschaft des Wortes kann ich beide Fragen mit nur einem Begriff beantworten. Ich muss gestehen: So langsam wird das Spiel amüsant. Und genau das ist ein entscheidender Aspekt von WERTVOLL ICH. Denn das Set bohrt mit seinen Anregungen, sich mit existentiellen Fragen zu beschäftigen, zwar die ganz dicken Bretter, wird aber nicht dröge. Setzt man sich mit mehreren Leuten zusammen, wird es noch interessanter. Weil man so nämlich andere Blickwinkel erfährt. „Der Austausch bei WERTVOLL ICH ist ein zentraler Mehrwert im Vergleich zum früheren Parcours“, sagt Jeffrey Merker, der das Kartenset mitentwickelt hat. Es gehe nicht nur darum, die eigenen Gedanken zu formulieren, sondern auch darum, anderen zuzuhören. „Und dabei gewinnt jeder“, ist er sich sicher. Dass es bei dem Spiel um Gott und Transzendenz, die eigene Berufung im Leben und Persönlichkeitsentwicklung geht, ist klar. Aber kann man es auch spielen, wenn man gar nicht katholisch ist, will ich von Sturm und Merker wissen. „Ja, denn es geht um Grundsatzfragen, die sich jeder Mensch stellt“, sagt Sturm.
Mein Fazit passt zur letzten Karte, die ich aus dem Stapel ziehe: „Eine Erkenntnis, die ich heute mitnehme“: Die Beschäftigung mit existentiellen Fragen treibt uns alle irgendwann mal um – warum nicht einen niedrigschwelligen Zugang nutzen, der die großen Fragen mit einer ordentlichen Portion Spaß verbindet?
Wie funktioniert WERTVOLL ICH?
Im Themenbereich „Ich" dreht sich alles um die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit. Dabei geht es um die Entdeckung der individuellen Träume, Talente, Fähigkeiten, Eigenschaften und Stärken ebenso wie um Grenzen und Schwächen.
Im Themenbereich „Du" werden junge Menschen ermutigt, sich als Teil dieser Welt zu identifizieren und sich mit den Menschen und Geschehnissen in dieser Welt auseinanderzusetzen. Der Themenbereich „Er/Sie/Es" lädt zum Nachdenken über Gott und die Welt ein. Maßgeblich dabei ist die Überzeugung, dass „Glauben” (in welcher Form auch immer) wesentlich zum Menschsein dazugehört. „Er/Sie/Es” kann mit Gott, einem Absoluten, mit Bildern oder Personen verbunden werden. Das "Mein-Ideen-Heft" ergänzt das Kartenset und dient zur persönlichen Auseinandersetzung mit, und zur Vertiefung der Berufungsfrage. Das Heft ist ebenfalls in die drei oben genannten Themenbereiche untergliedert. Anwendung sollen die Materialien unter anderem in der Schulpastoral, aber auch in der Jugendpastoral, z.B. in der Ministrantenpastoral, der Firmvorbereitung, bei Gruppenstunden oder auch zum Teambuilding, finden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind breit gefächert.
Weitere Informationen dazu gibt es hier: https://godnews.de/wertvoll-ich/, dort findet sich auch der Shop. Interessierte, insbesondere Spielleiter*innen/Moderator*innen können an einer Online-Einführung teilnehmen, hier geht’s zur Anmeldung: https://forms.office.com/e/1mU5t5JMAh.