Der Klimawandel als Herausforderung für die Bischöflichen Weingüter:Wasser für den Wein
Trier – Luther wird der Satz zugeschrieben, dass Bier Menschenwerk sei, „Wein aber ist von Gott“. Aber auch dieses Göttliche braucht die Hände der Menschen – und eine intakte Natur. Dass der von Menschen verursachte Klimawandel auch den Weinbau trifft, ist ein Fakt und eine Herausforderung für die Weinbauern. „So richtig wissen wir aber noch gar nicht, was genau in den kommenden Jahren passieren wird, wir können uns nur nach den Prognosen und Berechnungen der Wissenschaft und den eigenen Beobachtungen ausrichten“, sagt Julia Lübcke, sie ist die Direktorin der Bischöflichen Weingüter Trier.
Die Bischöflichen Weingüter Trier gehen auf den Zusammenschluss von drei jahrhundertealten Weingütern zurück: das Bischöfliche Konvikt (seit 1840), das Bischöfliche Priesterseminar (seit 1773) und die Hohe Domkirche (seit 1851). 2004 ging auch das 25 Hektar große Weingut Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in den Besitz der Bischöflichen Weingüter über; es wird als eigenständiges Weingut weitergeführt. Zur der rund 122 Hektar großen Anbaufläche gehören Anteile an Spitzenlagen der Anbauregion, unter anderem an der Mosel, entlang der Saar sowie an der Ruwer. Der Anbau-Schwerpunkt liegt mit knapp 90 Prozent auf dem Riesling. Darüber hinaus werden Reben der Sorten Frühburgunder, Spätburgunder, Weißburgunder, St. Laurent und Elbling angebaut.
„Eine Veränderung der klimatischen Bedingungen bemerken wir an der Mosel nicht erst seit ein paar Jahren – rückblickend sehen wir die 90er Jahre als erstes Jahrzehnt mit ausschließlich ‚guten‘ Jahrgängen mit hoher Reife und allgemein wärmeren Bedingungen als noch in den 70ern und 80ern“, erklärt Lübcke. Dann kam der Jahrgang 2003 mit seinen Wetterextremen, gefolgt von weiteren überdurchschnittlich warmen Jahrgängen. „In den letzten Jahren hat sich diese Entwicklung aber nun schlagartig derart beschleunigt und verstärkt, dass wir feststellen können, dass die letzten fünf Jahre die mit Abstand wärmsten Jahre seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen waren.“
Nicht den Klimawandeln leugnen, sondern mit ihm arbeiten
Diese Entwicklung sei zahlreich gemessen und belegt. „Wenn man nicht in der Landwirtschaft tätig ist, kann man dies vielleicht noch weg leugnen oder Zweifel säen, aber wenn man wie wir Jahr für Jahr die Entwicklung in den eigenen Rebanlagen sieht, ist dies nicht mehr möglich und letztendlich auch sinnlos“, betont Lübcke. Denn ein Leugnen oder Ignorieren würde zu nichts führen: „Was jetzt für uns zählt, ist die Anpassungsfähigkeit eines jeden Einzelnen, aber auch der Systeme.“ Dafür müsse man die Realitäten anerkennen, sie analysieren und Wege nach vorne finden.
„Es ist aber sicherlich ein Irrglaube, dass die höheren Temperaturen von 1 bis 3 °C im Jahresdurchschnitt für uns das größte Problem darstellen werden“, erklärt Lübcke. Damit scheine die Natur und auch die Menschen zumindest in unseren Breitengraden noch einigermaßen klarzukommen. „Das größte Problem gerade in unseren steinigen Schiefersteillagen ist die Trockenheit.“ Es falle zwar nicht unbedingt generell weniger Niederschlag, aber deutlich weniger im Frühjahr und Sommer, wenn die Reben es dringend benötigen, um Photosynthese betreiben zu können und Inhaltsstoffe zu transportieren. „Außerdem ist der Verdunstungsgrad durch die hohen Temperaturen höher.“ Hinzu komme, dass die Extremwetterlagen deutlich zunehmen. „Wir sehen es im Moment wieder einmal mit diesem extrem langanhaltenden Hochdruckgebiet seit vielen Wochen.“ Die starken Spätfrostschäden im Frühjahr in einigen Jahren durch den früheren Austrieb nach milden Wintern stellten eine weitere Auswirkung dar.
Weinbau denkt in langen Zeiträumen
Das alles bereitet den Weinbauern in der Region Kopfzerbrechen. „In Summe drohen uns also erfrorene Jungtriebe im April und Mai, Trockenstresssymptome an den Reben und schmeckbar auch in den daraus erzeugten Weinen.“ Folgen könnten auch starke Ertragseinbuße durch mangelnde Ausreifung der Trauben und Schäden durch Starkwetter-Ereignisse wie Hagel, Regenfälle und Ähnliches sein. Die Anpassungsstrategien seien bereits in vollem Gange, „trotzdem sind die Umsetzungen in einer so langlebigen Kultur wie dem Weinbau schwierig“, erklärt Lübcke. „Denn eine Rebanlage, einmal gepflanzt, steht für mindestens vierzig Jahre und kann nicht einfach von heute auf morgen umgepflanzt werden.“
Was also tun? Bischöflichen Weingüter seien zurzeit Teilnehmer am Pilotprojekt ‚Bewässerungsanlage Kaseler Kehrnagel‘. „Und wir gehen verstärkt über zur Von-Hand-Bewässerung von Junganlagen, die uns sonst zu vertrocknen drohen“, erklärt Lübcke. Zudem würde die Bodenstruktur verbessert um damit die Wasseraufnahme- und Haltekapazität zu verstärken. Auch werde der Ertrag der Rebstöcke reduziert, um den Stock selbst zu entlasten, sowie andere Maßnahmen zur Stärkung der Vitalkraft der Reben. „In gewissen Grenzen - und vor allem natürlich langsam - werden wir auch vermehrt Rebsorten anpflanzen, die wärmeliebender oder trockenresistenter sind, etwa Burgunder- oder verschiedene Rotweinsorten.“ Bei all dem stehe man in engem Austausch mit Kollegen, Verbänden und Forschungsinstituten, um neueste Erkenntnisse aus Forschung und Praxis zusammenzuführen.
„Bei der Ressource Wasser wird es sicherlich in absehbarer Zeit auch öffentlich geführte Diskussionen darüber geben, wie wir insgesamt als Gesellschaft damit umgehen wollen“, erwartet Lübcke. Sicherlich gehöre dann auch die Frage dazu, was den Menschen hier in der Region Mosel ein blühender Weinbau und der Erhalt der Kulturlandschaft wert ist, denn selbstverständlich gebe es auch andere Interessenlagen, die es zu berücksichtigen gelte, sagt Julia Lübcke und ergänzt optimistisch: „Ich persönlich bin aber überzeugt, dass wir das als demokratische Bürgergesellschaft, die wir sind, auch hinbekommen werden.”
Weitere Informationen zu den Bischöflichen Weingütern Trier unter: https://bischoeflicheweingueter.de/
(tef)