Andreas Diewald macht zwei Ausbildungen der Kirchenmusik im Bistum Trier:Wenn der Elektrotechnik-Professor eine Orgel im Büro hat
Trier – Wie aus Zeit und Raum gefallen steht sie da: Zwischen Seminarplänen zu Grundlagen der Elektronik, Abhandlungen über Mikroprozessoren und Plakaten zum Radar steht in Professor Andreas Diewalds Büro eine kleine Orgel. „Nichts Besonderes, 890 Euro über das Internet, der Sound ist nicht so gut“, sagt Diewald. Der 37-Jährige Ingenieur leitet das Institut für Radartechnologie und optische Systeme der Hochschule Trier. Wie die Königin der Instrumente in der günstigen Variante ausgerechnet in sein Büro kommt? Diewald macht parallel zwei Ausbildungsgänge der Kirchenmusik im Bistum Trier.
Seit November 2016 bildet er sich zum Organisten und Chorleiter sowie zum Kantor aus. Das bedeutet Einzelunterricht an der Orgel und im Gesang einmal pro Woche und alle vier Wochen gemeinsame Einheiten im Seminar mit den anderen Schülern. Für die Kantoren stehen Musiktheorie, Kirchenmusikgeschichte, Liturgie, Harmonielehre und Rhythmik auf dem Lehrplan. „Zum Üben habe ich mir eben die Orgel gekauft. Dann ziehe ich aber selbstverständlich Kopfhörer an“, grinst Diewald. In seiner täglichen Arbeit forscht der Familienvater aus Kell derzeit unter anderem an einem Monitoring-System für Frühgeborene auf der Basis von Radartechnik. „Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich nur noch in der Mentorenrolle für meine Studenten bin. Ich wollte aber gerne nochmal in die Rolle des Schülers schlüpfen, eine Herausforderung angehen.“ Anspruchsvoll sei vor allem die Koordination zwischen Händen und Füßen beim Orgelspielen. „Ich spiele zwar seit meiner Jugend Klavier und Akkordeon, aber das ist schon noch einmal etwas ganz Neues“. Obwohl sein Beruf auf den ersten Blick wenig mit Kirchenmusik zu tun hat, war sein Fachwissen für die Pfarrei St. Maternus in Trier sogar schon bares Geld wert: Als Dekanatskantor Burkhard Pütz berichtete, dass die Orgel seit zwei Jahren nicht mehr richtig funktioniere, kam Diewald kurzerhand mit einem seiner Studenten vorbei. „Die Pfarrei hatte schon drei Angebote von Orgelbauern, teils richtig teuer. Wir haben sie dann in wenigen Stunden repariert, sie hatte eine Art Kurzschluss.“
Überrascht war Diewald über die liturgischen Inhalte der Kantorenausbildung: „Viele wissen das vielleicht gar nicht, aber der Kantor muss sehr viel Hintergrundwissen zum Ablauf und den Inhalten des Gottesdienstes haben – immerhin kann er mit dem Organisten gemeinsam die Stücke auswählen und soll die Kirchgänger zum Mitsingen animieren.“ Die musikalischen Bausteine hingegen fielen ihm relativ leicht, erzählt er, da er neben dem Musizieren auch 14 Jahre Mitglied der Trierer Sängerknaben war. „Diese Zeit bei den Sängerknaben hat mich definitiv geprägt, der Leiter Bruder Basilius Wollscheid war eine Art Vaterfigur für mich. Sein Tod vor zwei Jahren hat mich viel nachdenken lassen und war mitunter ein Grund, die Ausbildung zu beginnen.“ Obwohl er seit Jahren privat in einer Rockband Akkordeon spielt, gehe ihm beim Orgelspiel vor der ganzen Gemeinde schon „etwas die Muffe“, erzählt er. Drei Gottesdienste hat er als Urlaubsvertretung für den Organist seiner Heimatgemeinde übernommen, als dauerhaftes Engagement kann er sich aber etwas anderes besser vorstellen: „Mein Herzenswunsch wäre die Chorleitung für einen Kinderchor zu übernehmen – da etwas aufzubauen.“
Weitere Informationen über die kirchenmusikalische Ausbildung gibt es unter www.bistum-trier.de/kirchenmusik
(sb)