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Schülerinnen und Schüler mit und ohne Fluchterfahrung stehen gemeinsam bei Performance auf der Bühne:„Wie ein Komet, der zweimal einschlägt“

In der Woche vom 08. bis 12. Juli probten Schülerinnen und Schüler aus Saarbrücken und Koblenz für ihr Theaterstück, welches am 10. September beim Willi-Graf-Empfang Premiere hat.
Eine Gruppe von jungen Menschen probt für ein Theaterstück
Datum:
11. Juli 2024
Von:
Ute Kirch

Saarbrücken – Was würdet ihr tun, wenn ein Komet auf die Erde zurast und droht, alles zu vernichten? Um diese Frage dreht sich das Theaterstück, das 24 Schülerinnen und Schüler aus Saarbrücken und Koblenz mit und ohne Fluchterfahrung aktuell in Saarbrücken einstudieren. Premiere ist am Dienstag, 10. September, beim Willi-Graf-Empfang des Katholischen Büros in Saarbrücken. Vorgegeben war nur der Titel: „Wie ein Komet, der zweimal einschlägt“ – angelehnt an das Lied von Udo Lindenberg und Apache 207. Dialoge und Szenen haben die Schülerinnen und Schüler des bischöflichen Willi-Graf-Gymnasiums Saarbrücken, der Carl-Benz-Schule und der Julius-Wegeler-Schule – zwei Berufsbildenden Schulen in Koblenz – gemeinsam mit Regisseur Marc-Bernhard Gleißner, beim Bistum zuständig für innovative pastorale Projekte, in intensiven Gesprächen erarbeitet. „Wir präsentieren darin unsere Probleme als Flüchtlinge, wenn wir nach Deutschland kommen und hier leben“, sagt Zara aus Armenien.

Trotz der Hitze ist die Konzentration im Probenraum groß, nach dem Textlernen ist die erste szenische Probe angesetzt. Den Raum erfüllt ein buntes Sprachgemisch aus Deutsch, Dari, Farsi, Ukrainisch, Russisch, Armenisch, Kurdisch und Arabisch. „Wir kommen aus verschiedenen Kulturen, sprechen verschiedene Sprachen und proben hier gemeinsam. Das klappt sehr gut“, sagt Navid, der vor drei Jahren von Afghanistan nach Deutschland kam. Einheimische und Geflüchtete stehen zu Beginn in zwei Gruppen getrennt gegenüber – symbolisch für die verschiedenen Lebensrealitäten. Angesichts der Bedrohung durch den Kometen entstehen Gespräche über existenzielle Fragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was sind meine Träume für die Zukunft? Wo ist mein Platz in der Gesellschaft? Dabei fließen die persönlichen Schicksale und Biographien der jungen Schauspieler*innen authentisch mit ein. „Das Ende der Welt ist viel weniger schlimm, als die Angst zu haben, ständig fliehen zu müssen“, sagt Navid. Auch Abolfazl aus dem Iran musste schon mehrfach um sein Leben bangen: Im Boot auf dem Mittelmeer und beim Brand des Flüchtlingslagers auf Lesbos. „Wer einmal ein Camp voller Menschen hat brennen sehen, der kann auch diesen Planeten brennen sehen“, meint er. Während die Jugendlichen mit Fluchtgeschichte vor den Herausforderungen des Ankommens in einem neuen Land stehen, entsteht bei den Einheimischen der Eindruck, dass um sie herum alles bereits fertig ist, bloß sie nicht. Doch eins haben alle gemeinsam: Alle wollen vor dem Kometeneinschlag noch einmal mit ihrer Familie und ihren Freunden sprechen und die letzten Minuten genießen. Doch was, wenn sie den Einschlag überleben? Welche Gesellschaft wollen sie dann aufbauen? „Dann kam die Vision heraus von einer Gesellschaft, die sozial und ökologisch, die an Demokratie und Freiheit orientiert ist und die vor allem auf ein neues Miteinander denkt“, sagt Regisseur Gleißner.

Der Komet diene als Metapher: „Die Erde – Heimat – und der Komet – außerirdisch – brauchen einander. Ein Komet brachte durch seinen Einschlag der wüsten Urzeit-Erde Wasser und schuf Leben. Die Begegnung ist für beide Seiten verändernd, schmerzhaft, brutal und lebensstiftend“, sagt Marc-Bernhard Gleißner. Das drücke auch der Song aus, bei dem Udo Lindenberg und Apache 207 zwei unterschiedliche Musikrichtungen in Deutschland verbinden. „Der Song ist ein Statement für die Verbindung von Deutschrock und Hip-Hop, von Neuem und Altem und dass beides zusammen etwas Neues hervorbringen kann.“

Während des Theatercamps sind die Koblenzer in der Jugendherberge untergebracht. Gemeinsam mit ihren neuen Saarbrücker Freunden gehen sie nach den Proben ins Freibad oder in die Stadt. „Das Theaterprojekt hat junge Leute aus verschiedenen Kulturkreisen zusammengebracht, die sich jetzt auch jenseits der Proben treffen. Das kriegt kein Lehrplan hin. Das ist Integration“, sagt Joachim Denis, Lehrer an der Koblenzer Carl-Benz-Schule.