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Nikolaus-Groß-Gedenktag in Lebach:Wofür stehst Du ein?

Ein Projekttag an der Nikolaus-Groß-Gemeinschaftsschule inspiriert Jugendliche zu eigenen Aktionen gegen Missstände.
Jolie (links) und Lanah (Mitte) besprechen mit Referent Michael Federkeil von der Fachstelle Jugend die Details für den geplanten Kuchenverkauf.
Datum:
16. Mai 2025
Von:
Ute Kirch

Lebach – „Wofür bist Du bereit, Dich einzusetzen?“ – mit dieser Frage waren die Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen der bischöflichen Nikolaus-Groß-Gemeinschaftsschule bei einem Projekttag zum Thema „Demokratie und Widerstand“ am 14. Mai konfrontiert. In zwei Workshops organisiert vom Kollegium, der Fachstelle Jugend, dem Netzwerk Entwicklungspolitik Saarland sowie der Theaterpädagogin Sonni Maier beschäftigten sie sich zum einen mit dem Leben des NS-Widerstandskämpfers Nikolaus Groß und seinem Einsatz für die Wiederherstellung der von den Nazis außer Kraft gesetzten Grundrechte. Darüber hinaus überlegten sie sich auch konkrete Projekte, wie sie selbst auf Missstände hinweisen oder sogar aktiv etwas gegen diese unternehmen können.

„Was können wir Menschen von heute von Nikolaus Groß lernen?“, fragt Michael Federkeil, Referent der Fachstelle Jugend, die den Projekttag finanziert. Zuvor hatte er den Schülerinnen und Schülern einen historischen Abriss von der Weimarer Republik bis zur totalitären NS-Diktatur gegeben: Von der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933, über die Aussetzung der individuellen Grundrechte, der Ausschaltung der politischen Gegner bis zur Volksabstimmung im August 1934, in der 89,9 Prozent der Wähler für die von Adolf Hitler angestrebte Vereinigung der Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers. „89,9 Prozent sind nicht 100 Prozent – es gab Menschen, die gegen diese Alleinherrschaft protestierten“, so Federkeil. Claus Graf Schenk von Stauffenberg habe den militärischen Widerstand gewählt und am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler verübt, Nikolaus Groß habe als Chefredakteur des Westdeutschen Arbeiterzeitung Artikel gegen die Diktatur und die NSDAP verfasst. Beide Männer wurden vom NS-Regime hingerichtet. „Sein Glauben war die entscheidende Kraft zum Widerstand. Der Glaube, dass es einen Gott gibt, der alle Menschen liebt – ohne Unterschied“, so Federkeil, der eine Brücke zur heutigen Zeit schlug: „„Auch wir sehen aktuell in den USA und auch in Deutschland Tendenzen, die zum Ausgrenzen von Menschen führen.“

Gegen Tierleid, mehr Gleichberechtigung und bessere Busverbindungen

Michael Federkeil diskutiert mit den Neuntklässlern der Nikolaus-Groß-Schule wie die NS-Diktatur die Weimarer Republik ablöste.

Bei der Projektentwicklung unterstützte Jean-Philippe Baum vom Netzwerk Entwicklungspolitik Saarland die Jugendlichen. „Schaut, wo ihr selbst Teil des Problems seid – und wie ihr Teil der Lösung werden könnt“, gab er ihnen mit auf den Weg. „Auch eine Straßenumfrage ist bereits eine Aktion, um für Themen und Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen.“ Maximilian (16) will mit einer Aktion gegen Massentierhaltung wachrütteln, Jolie und Lanah planen einen Kuchenverkauf zugunsten des Dillinger Tierheims. Gemeinsam mit Michael Federkeil überlegen die beiden 15-Jährigen, was alles zur Organisation nötig ist: „Wer backt die Kuchen? Wie viele brauchen wir und was soll ein Stück kosten? Bei der Stadt muss die Erlaubnis für den Stand auf dem Markt eingeholt werden“, zählen sie auf. Zwei Mitschülerinnen beklagen die aus ihrer Sicht schlechte Busanbindung der Schule gerade am Nachmittag – sie planen eine Umfrage, ob dieser Eindruck auch von anderen bestätigt wird. Auch die aus ihrer Sicht nicht vollständige Gleichberechtigung, Frauenrechte oder das deutsche Steuersystem waren Bereiche, in denen die Schülerinnen und Schüler gesellschaftliche Missstände sehen. Die Not der Kinder in Gaza wollen wiederum andere etwas lindern und Geld für eine Hilfsorganisation sammeln. Aber auch an ihrer Schule könnte etwas besser laufen, findet eine Projektgruppe, die sich für saubere Schultoiletten einsetzen will. „Es geht bei den Aktionen nicht darum, schon eine Lösung für das Gesamtproblem parat zu haben“, betont Lehrer Michael Ewen. „Wir wollen die Jugendlichen dazu ermutigen, wenn euch etwas wichtig ist, steht dafür ein, damit das Thema wach bleibt in der Gesellschaft und nicht totgeschwiegen wird.“

Theaterpädagogin Sonni Maier macht mit Tim und Tim im Workshop eine Übung zur Stärkung des Selbstbewusstseins.

Im Workshop mit Sonni Maier trainierten die Neuntklässler ihr Selbstbewusstsein. „Sie sollen lernen, zu ihrer Meinung zu stehen, auch wenn sie Gegenwind erfahren und ihre Meinung unpopulär erscheint“, sagt Maier. Nicht leicht in einem Alter, in dem man gerne zur Gruppe dazu gehören möchte und nicht als Außenseiter gelten will. Lanah und Jolie ziehen ein positives Fazit des Theaterworkshops. „Da nehmen wir auf jeden Fall für Präsentationen vor der Klasse ein paar Techniken mit.“

Der Projekttag zu Nikolaus Groß findet jährlich mit wechselnden Inhalten statt, erklärt Michael Ewen: „In Klasse 6 beschäftigen wir uns zum Beispiel mit jüdischem Leben in Lebach, besuchen Stolpersteine und recherchieren Biografien.“ Ältere Jahrgänge besuchen die Synagoge in Saarbrücken, Weltkriegsbunker oder das Konzentrationslager Hinzert.