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Profanierung der Kirche St. Michael in Gersweiler:Abschied nach 134 Jahren

Weihbischof Franz Josef Gebert profanierte zusammen mit den Pastören Lars Meiser und Peter Frey sowie den Diakonen Christian Dahlke und Horst-Peter Rauguth am 3. Juni die Kirche St. Michael in Gersweiler.
Die Kirche St. Michael in Gersweiler wurde am 3. Juni 2023 profaniert.
Datum:
4. Juni 2023
Von:
Ute Kirch

Gersweiler – Ein letztes Mal haben die Glocken von St. Michael in Gersweiler am Samstag, 3. Juni, zum Gottesdienst gerufen. Rund 200 Christinnen und Christen sind dem Ruf gefolgt, um Abschied von ihrer Kirche zu nehmen. Gemeinsam mit Weihbischof Franz Josef Gebert, den Pastören Lars Meiser und Peter Frey sowie den Diakonen Christian Dahlke und Horst-Peter Rauguth feierten sie ein letztes Mal Eucharistie in dem 1889 eingeweihten Gotteshaus. St. Michael in Gersweiler gehört zur Pfarrei Hl. Christophorus, die die Saarbrücker Stadtteile Altenkessel, Rockershausen, Klarenthal, Gersweiler und Ottenhausen umfasst. Am Ende des Gottesdienstes verlas Weihbischof Gebert das Dekret des Trierer Bischofs Dr. Stephan Ackermann zur Profanierung der Kirche. Sie verliert damit ihre Funktion als Gottesdienstort.

Im Oktober 2022 hatte die Kirchengemeinde den Bischof und den Generalvikar gebeten, die Profanierung, also Entwidmung, der Kirche einzuleiten. Zuletzt wurde am 15. Oktober 2022 ein Gottesdienst in St. Michael gefeiert – bei einer anschließenden Versammlung gab Pastor Meiser die Entscheidung der Gemeinde bekannt. „Es ist kein einfacher Schritt, den die Kirchengemeinde beschlossen hat, aber ein notwendiger”, sagte Meiser. Immer weniger Kirchenbesucher aus der Gemeinde selbst, keine Verantwortlichen vor Ort, die sich um bauliche Maßnahmen kümmern, weniger finanzielle Ressourcen und nicht zuletzt die steigenden Energiekosten – bildeten den Rahmen für die Entscheidung, die der Verwaltungsrat am 12. Juli 2022 einstimmig getroffen und die vom Pfarreienrat mehrheitlich angenommen wurde. Hinzu kommen viele Baustellen, die mehrere zehntausende bzw. hunderttausende Euros kosten würden. Risse in der Kirche, ein feuchter Keller im Volkshaus und auch das Dach des Pfarrhauses müssten saniert werden.

 

200 Menschen besuchten den letzten Gottesdienst in St. Michael/Gersweiler.

„Heute ist Tag des Verlustes, es ist ein Anlass zur Trauer, fast so, als wenn wir uns von einem lieben Menschen verabschieden“, sagte Weihbischof Gebert. Doch es sei auch eine Gelegenheit, dankbar zu sein. „Hinter der nüchternen Zahl von 134 Jahren steckt so viel an christlichem Leben. Viele Menschen haben mit ihren Lebensgeschichten diesen Raum gefüllt und Dank, Sorgen, Freude, Leid, Glaube, Hoffnung und Liebe vor Gott getragen. All das haben die Mauern hier aufgesogen.“ Doch schreibe der Apostel Paulus, dass Gott nicht in einem Tempel wohne: „Gott braucht keine Tempel. Wir Menschen brauchen sie, damit wir diesen Gott in dieser Welt wirklich spüren können“, sagte Gebert. Der Kirchenraum helfe uns, aus dem normalen Alltagsleben herauszufinden: „Die Kirche ist ein Ort, an dem wir nicht unseren Alltag leben, nicht arbeiten oder Geschäfte machen. Sie ist ein Ort, an dem wir uns versammeln können, um zu beten und zu feiern, um uns zu vergewissern und sagen zu lassen, wer wir für Gott sind und wer er für uns ist.“ So vermöge der Glaube auch Trost in der Stunde des Abschieds zu spenden: „Wir dürfen nicht vergessen, dass in dieser Begrenztheit eines Bauwerkes nicht Gott selber gefangen ist, sondern dass er mit seinem Geist im allem und durch uns selber wirkt.“

Weihbischof Gebert verliest das Dekret zur Profanierung.

Mit der Entwidmung der Kirche ende nicht das kirchliche Leben in Gersweiler, betonte Pastor Meiser: „Es wird anders weitergehen.“ Er dankte allen, die sich in das kirchliche Leben in Gersweiler eingebracht haben und lud dazu ein, sich an den anderen Gottesdienstorten der Pfarrei und in den kirchlichen Gruppen einzubringen.

Vielen Gottesdienstteilnehmern standen die Tränen in den Augen, als Weihbischof Gebert das Dekret des Bischofs zur Profanierung verlas. Viele der älteren Gläubigen hatten in St. Michael die Taufen und Erstkommunionfeiern ihrer Kinder erlebt, Ehejubiläen gefeiert, in der Kirche ihre Heimat gefunden. Messdiener nahmen Kerzen und Tischdecken vom geschmückten Altar, Diakon Dahlke entnahm das Allerheiligste aus dem Tabernakel. In Stille verließen die Zelebranten das nun entwidmete Gebäude.

Messdiener räumen den geschmückten Altar ab.

An diesem letzten Gottesdienst nahmen auch in ökumenischer Verbundenheit die evangelischen Pfarrerinnen Christine Unrath, Anja Schild und Jutta Seibert teil. „Mir fällt der Abschied schwer“, gestand Pastor Peter Frey, der von 2003 bis 2015 Pfarrer in Gersweiler war. So geht es auch einer 88-jährigen Gersweilerin: „Es ist ganz fürchterlich. Ich habe in dieser Kirche alles erlebt – von der Taufe bis zur Diamantenen Hochzeit. Zuerst wollte ich heute gar nicht kommen.” Eine Meinung, die Uschi Nachtigall vom Lokalen Team häufig zu hören bekommen hat. „Die Gersweiler sind niedergeschlagen”, sagt sie. 25 Jahre lang arbeitete sie in St. Michael als Pfarrsekretärin.

Die Zukunft der ehemaligen Kirche und des Geländes mit dem Katholischen Volkshaus ist noch offen. Ein Interessent, der das Areal erwerben wollte, ist zwischenzeitlich abgesprungen. Nach Gesprächen mit dem Landesdenkmalamt steht jedoch fest, dass die Kirche in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleibt.

Profanierung in Gersweiler:Abschied von St. Michael

Am 3. Juni 2023 ist die katholische Kirche St. Michael in Gersweiler profaniert worden. Rund 200 Menschen kamen zum letzten Gottesdienst.
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