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Wie der SkF und die Stiftung Menschen in Not einer jungen Mutter aus dem Kamerun helfen:Alleinerziehende Mutter: Trotz Ausbildungsplatz kein Anspruch auf staatliche Hilfe

Obwohl Gabriella N. als Auszubildende im Krankenhaus Sozialabgaben zahlt, hat die junge Mutter aus dem Kamerun keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung. Grund dafür ist ihr Aufenthaltsstatus. Eine Gesetzeslücke, finden der Sozialdienst katholischer Frauen sowie die Stiftung Menschen in Not. Sie unterstützen die kleine Familie finanziell.
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Datum:
2. Jan. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Saarbrücken – Nach einem anstrengenden Tag im Krankenhaus freut sich Gabriella N. (Name geändert) auf Zeit mit ihrer einjährigen Tochter. Wenn diese schläft, hat N. jedoch keinen Feierabend: Dann lernt die alleinerziehende Mutter, die im dritten Jahr ihrer Ausbildung zur Pflegefachkraft bei der SHG Klinik Völklingen ist, noch für die Prüfungen an der Pflegeschule, macht Hausaufgaben und muss sich um den Haushalt kümmern. „Manchmal weiß ich gar nicht, wie ich das schaffe“, gesteht die 31-Jährige. Aber dann hält sie sich ihr großes Ziel vor Augen: „Ich will unbedingt die Ausbildung beenden und mache alles, damit ich das schaffe.“ Zu diesem ungeheuren Kraftakt kommen finanzielle Sorgen. Aufgrund ihres Aufenthaltstatus – N. hat ein Visum für ausländische Studierende – hat die junge Frau aus dem Kamerun keinen Anspruch auf staatliche Leistungen wie Hartz IV, Elterngeld oder Wohngeld – obwohl sie als Auszubildende wie jeder Arbeitnehmer Sozialabgaben zahlt. Hilfe bekommt die junge Mutter vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) sowie der Caritas-Stiftung Menschen in Not des Bistums Trier.

Doch zunächst ein Blick zurück: Nach ihrem Bachelor-Abschluss an der Universität von Douala in englischer und französischer Linguistik, kam Gabriella N. 2015 zum Studium nach Trier, um dort ihren Master zu machen. „Ich hatte bereits zwei Jahre im Kamerun Deutsch gelernt und in Deutschland zunächst einen sechsmonatigen Intensivsprachkurs gemacht“, sagt N.. Doch das Studium habe sie aus finanziellen Gründen abbrechen müssen. Die anschließende Arbeitssuche gestaltete sich schwieriger als gedacht: „Ich hatte Sorge, dass ich keine Stelle finde und mein Visum ausläuft“, sagt sie. Ein Freund brachte sie auf die Idee, eine Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. „Der Wechsel war schon ein großer Unterschied. Ich hatte ja keine medizinischen Vorkenntnisse“, gesteht N., „doch der Beruf gefällt mir sehr. Das hatte ich am Anfang gar nicht erwartet.“

Notsituation ausländischer Studentin kein Einzelfall

Obwohl sie seit 2018 Auszubildende ist, ist ihre Aufenthaltserlaubnis in Deutschland an ihr Studenten-Visum geknüpft, das ihr Ansprüche auf staatliche Leistungen verwehrt. Als sie 2020 schwanger wird, weiß sie zunächst nicht, wie sie die neue Situation mit Kind alleine finanziell und organisatorisch schaffen soll. Der Vater ihrer Tochter lebt in Schweden. Auf Rat einer Freundin wendet sie sich an den SkF in Saarbrücken. Für Leiterin Maria Groß ist ihre Geschichte kein Einzelfall. Immer wieder meldeten sich ausländische Studentinnen bei der Katholischen Schwangerenberatung. Um ein Visum zu erhalten, müssen die ausländischen Studieninteressierten rund 10.000 Euro auf ein Sperrkonto einzahlen, von dem ein Jahr lang ein Betrag ausgezahlt wird, von dem die Studierenden alles finanzieren müssen – darunter auch Miete und ihre Krankenversicherung. „Nach einem Jahr, in dem das Geld ausgezahlt wurde, überprüft niemand mehr, ob dort noch Geld vorhanden ist. Leider kommt es gar nicht so selten vor, dass über das eine Jahr hinaus kein Geld mehr eingeht“, schildert Groß. Ohne Kind schafften es viele, sich ihren Lebensunterhalt neben dem Studium durch Jobs zu finanzieren. Auch mit einem Partner, der Geld verdient, könne das Studium mit Kind gelingen. Schwierig werde es, wenn die Frauen alleinerziehend seien. „Ich habe auch schon erlebt, dass eine Frau ihr Kind ins Heimatland zu ihrer Familie gebracht hat, damit sie ihr Studium abschließen konnte“, sagt Groß. Frauen dürften in dieser Notsituation auch vom deutschen Staat nicht alleine gelassen werden, findet die Sozialarbeiterin: „Hier müsste es einen Anspruch auf staatliche Leistungen geben oder zumindest einen Fonds des Bundes, der ausländische Studentinnen mit Kindern unterstützt, damit sie ihr Studium oder ihre Ausbildung abschließen können. Das wäre auch nachhaltig.“

Gabriellas N.s Ausbildungsgehalt geht komplett für die Miete drauf. Inzwischen fließt das Kindergeld für ihre Tochter, das anteilig Deutschland und Schweden, dem Herkunftsland des Kindsvaters, zahlen. Auch vom Jugendamt bekommt die junge Mutter einen Zuschuss für den Krippenplatz, der allerdings nicht den kompletten Platz abdeckt. Anspruch auf Elterngeld hat die Auszubildende nicht, da sie aufenthaltsrechtlich als ausländische Studentin gilt. Geld zum Leben bleibt so keines. Seit sechs Jahren habe sie ihre Familie im Kamerun nicht mehr gesehen, denn ein Flug sei zu teuer, erzählt sie.

Bistums-Stiftungen helfen junger Mutter bis zum Ausbildungsabschluss

Um in der Notsituation zu helfen, beantragte SkF-Leiterin Maria Groß zunächst Hilfen bei der Bundesstiftung Mutter und Kind, die Mittel zur Anschaffung der Babyerstausstattung bereitstellte. Finanzielle Unterstützung gab es auch vom Bischofsfonds für schwangere Frauen und Mütter des Bistums Trier. Aufgrund der sehr guten Aussichten, dass Gabriella N. die Ausbildung schaffen wird, unterstützen darüber hinaus die Stiftung Menschen in Not der Caritas-Stiftung im Bistums Trier sowie die Martin-Gemmel-Stiftung und die Stiftung Prälat Scherschel (beide gehören zur Stiftungsgemeinschaft der Caritas-Stiftung) die junge Mutter bis zum Abschluss ihrer Ausbildung mit einer monatlichen Zahlung von insgesamt 300 Euro. „Es geht darum, Hilfe zum Leben zu leisten. Mit dieser Summe sind keine großen Sprünge möglich, sie hilft aber, über die Runden zu kommen“, erläutert Groß.

Michaela Marx, Geschäftsführerin der Caritas-Stiftung Menschen in Not

„Dauernd hören wir in der Presse vom Pflegenotstand in Deutschland. Dann kam im vergangenen Jahr der Antrag des SKF Saarbrücken für Frau N., die zu diesem Zeitpunkt praktisch gezwungen war, ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft abzubrechen und zu ihrer Familie nach Kamerun zurückzukehren, weil sie in ihrer Situation keinerlei staatliche Hilfen erhalten hat. Mit Hilfe unserer Stiftungen kann Frau N. nun ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft beenden. Das Kind ist gut versorgt und auf lange Sicht trägt die Förderung dazu bei, den Pflegenotstand etwas zu lindern“, sagt die Geschäftsführerin der Caritas-Stiftung Menschen in Not Michaela Marx.

Weil sie während der Schwangerschaft und während des Mutterschutzes nicht im Krankenhaus arbeiten durfte, hat sich Gabriella N. Ausbildungszeit verlängert. Voraussichtlich am 30. September 2022 wird sie ihre Ausbildung abschließen: „Danach möchte ich gerne in Völklingen bleiben, um mehr Erfahrungen sammeln zu können“, sagt sie. Sie schäme sich nicht, ihre Geschichte öffentlich zu erzählen: „Ich bin sehr dankbar für die Hilfen“, sagt die 31-Jährige, „ich wünsche mir, dass andere Frauen durch meine Erfahrungen motiviert werden, dass sie es auch schaffen können.“

(uk)