Erkundungsberichte beschreiben vielfältige kirchliche Landschaft im Saarland:Auf Entdeckungstour im eigenen Land
Saarland – Wie frühe Forscher und Weltentdecker wollten die zehn Erkunder-Teams im Bistum Trier an ihre Arbeit herangehen: Sich in bekanntes und unbekanntes Territorium vorwagen, mit einem unvoreingenommenen Blick, den „Einheimischen“ zuhören, von ihnen etwas über ihr Leben, ihre Sorgen und Bedürfnisse lernen und so Erkenntnisse über das Leben im Bistum Trier sammeln. Zwei Jahre, von 2018 bis 2020 dauerte dieser Lern- und Entdeckungsprozess im Bistum Trier. „Man kann sich das vorstellen, wie der Besuch eines Forschers auf einer Südseeinsel. Dort dokumentiert und kartographiert der Forscher nicht etwa alles, was er sieht, sondern er bringt von der Insel einige ausgewählte Tiere, Pflanzen oder Erzählungen über Gebräuche mit, die ihm interessant erscheinen. Zuhause staunen und freuen sich die Menschen darüber und überlegen, was sie jetzt mit diesen Dingen für sich selbst anfangen können”, erklärt Dr. Alexander Knauf, Referent Sozialraumorientierung und Gemeinwesenarbeit im Caritasverband für die Diözese Trier, die Methode der Sozialraumerkundung. Gemeinsam mit Edith Ries, der stellvertretenden Leiterin des Synodenbüros, hat er die Erkundungsphase im Bistum Trier vorbereitet. Mit der Idee der forschenden Neugier im Rucksack machten sich die Erkunder-Teams auf den Weg ins Bistum und auch ins Saarland gemacht. Stellen wir uns einmal vor, wir gehen mit auf Entdeckertour, nutzen den Wasserweg – und steigen in Saarhölzbach ins Boot ein...
Der namensgebende Fluss des Landes, das wir entdecken wollen, windet sich gleich bei Mettlach zur Saarschleife. Diese macht Mettlach und Orscholz, ergänzt durch den Baumwipfelpfad und das Outlet-Shopping, zu einem der Touristenmagnete des Saarlandes. Die Mischung aus Menschen, die hier für kurze Zeit zu Gast sind und denen, die hier leben und arbeiten, prägt auch die Region, erläutert Erkunder und Pastoralreferent Thomas Ascher: „Es ging bei dem gesamten Erkundungsprozess darum, dass wir lernen, hinzuschauen. Es ist wichtig, dass wir zuerst mit den Menschen reden und dann mit ihnen gemeinsam ins Handeln kommen. Wir als Erkundungsteam konnten ausprobieren, wie es sich anfühlt, wenn wir erfahren, was die Menschen bewegt.” Beispielsweise, was es für eine Pfarrei heißt, die viele Berufspendler nach Luxemburg beheimatet. Was brauchen diese Menschen, die ihre sozialen Bezugspunkte größtenteils außerhalb der Pfarrei haben? „Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass es den Leuten richtig gut getan hat, dass es jemanden gab, der sich wirklich interessierte”, verdeutlicht Ascher die lernende Haltung, mit der sich die Erkunderinnen und Erkunder auf den Weg gemacht hatten.
Wir fahren weiter flussaufwärts und halten in Saarlouis an. Von der „heimlichen Hauptstadt des Landes”, wie manche Saarlouiser ihre Stadt gern nennen, geht es nach Schwalbach. Dort wandern wir ein Stück mit der Schwalbacher Ortsgruppe des Saarwaldvereins. Am Wegesrand fallen uns viele liebevoll gepflegte Bildstöcke, Kapellen und Kreuze auf. Besucherinnen und Besucher bringen Blumen oder Kerzen mit und halten an den verschiedenen Orten kurz inne. Während wir wandern, wird oft spontan ein Marienlied angestimmt. „Religion und Glaube können sich auf vielfältige Weise ausdrücken. Das muss nicht in einem Kirchengebäude und auch nicht in einem Gottesdienst sein”, stellt Erkunder Heinrich Riem fest. Er hat sich als Ehrenamtlicher dem Erkunder-Team im Raum Saarlouis angeschlossen.
Wieder auf der Saar unterwegs ist der nächste Halt Völklingen. Erkunderin Petra Scherschel sucht sich einen Platz im Café und hört zwei älteren Frauen zu, die hier sitzen. Ganz spontan. „Es ist relativ einfach, mit Menschen über die wesentlichen Dinge in ihrem Leben ins Gespräch zu kommen”, stellt sie fest. Sie hört Sätze wie: „Wir sind für die Kirche nur interessant, wenn wir hingehen.” Oder: „Wenn wir nicht in die Kirche gehen, dann kommt die Kirche auch nicht zu uns.” Beide Frauen haben Angst vor dem Tag, an dem sie sich nicht mehr alleine versorgen können. Und Petra Scherschel macht sich Gedanken: „Wenn ich so ganz einfach in einem Café auf Menschen treffe, die sich von der Kirche offenbar ausgegrenzt fühlen, dann sind das wahrscheinlich noch viel mehr.”
Unsere gedankliche Bootsfahrt endet in Saarbrücken. Nicht weit weg vom Ufer der Saar ist der zentrale Treffpunkt der Landeshauptstadt: Der St. Johanner Markt. Genau hier ist der „welt:raum”. Zwischen Wochenmarkt und Straßenmusik, zwischen Eckkneipe und Concept-Store steht eine Kirchenbank, die zum Ausruhen und Beobachten des Stadtrummels einlädt. Im „welt:raum” haben verschiedene Gruppen Platz für Vorträge, Kunst oder Seminare. Die Erkunder Pfarrer Matthias Marx und Kaplan Dr. Michael Meyer stellen in ihrem Erkundungs-Bericht fest: „Ein Ort lebendiger Auseinandersetzung, von der Kirche ermöglicht, generationenübergreifend – in erfreulicher Atmosphäre. Hier ist realisiert, wie es anderswo sein könnte: „Die Räumlichkeit, die Vernetzung mit Partnern der Zivilgesellschaft – weit über den eigenen ‘Dunstkreis’ hinaus.“
Die Erkundungs-Berichte aus allen Teilen des Bistums gibt es offen einsehbar und zum Nachlesen online unter: www.erkundung.bistum-trier.de.
(se)