Bistumszeitung Paulinus: Bischof Ackermann äußert sich zur aktuellen Situation:Auf die positiven Kräfte schauen
Trier – Als eine „ganz und gar außergewöhnliche Fastenzeit“ hat der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann die diesjährige Fastenzeit bezeichnet. Mit Blick auf die Corona-Pandemie sagte Ackermann der Bistumszeitung „Paulinus“ am 1. April, jede Krise enthalte auch ihre Chancen, etwa zur Selbstbesinnung. „Ob Fastenzeit oder Krisenzeit: Beide laden dazu ein, aufmerksam zu sein auf das, was vorgeht in der Welt und in mir selbst.“
Ackermann nannte die derzeitigen Einschränkungen der Seelsorge durch die notwendigen Auflagen der staatlichen Behörden „schmerzlich“, etwa wenn er daran denke, dass man möglicherweise im Familienkreis auswählen müsse, wer an einer Beisetzung teilnehmen kann. „Wir verstehen alle den Sinn der Maßnahmen und tragen sie mit, aber das nimmt nicht den Schmerz.“ Gleichzeitig würdigte er den Einsatz in den Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften, der entwickelt werde, „um trotz allem einander nahe zu sein“. Der Bischof lenkte den Blick auch auf die vielen Menschen, die in pflegerischen und sozialen Berufen tätig sind und in dieser Zeit ganz besonders gefordert werden. „Auf einmal merken wir, dass nicht nur Banken für unsere Gesellschaft ‚systemrelevant‘ sind. Es ist das Miteinander von politischen, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Kräften, die unser gesellschaftliches System ausmachen. Ich will mich mit dafür einsetzen, dass die, die gerade jetzt oft bis zu Erschöpfung das System am Laufen halten, nach der Krisenzeit nicht wieder aus dem Blick geraten.“
Nach Ackermanns Einschätzung kommen in einer solchen Krise sowohl die positiven wie auch die negativen Kräfte in einer Gesellschaft zum Vorschein. Er betonte, es sei entscheidend, „dass wir auf die positiven Kräfte schauen und diese stärken. Dann besteht sogar die Chance, dass wir überrascht werden von dem Erfindungsreichtum und der positiven Widerstandskraft, die wir gegen die Corona-Pandemie entwickeln. Aber es ist klar: Das geht nur gemeinsam.“ Auch wenn die Krise überwunden sei, dürften Themen wie Verantwortung und Solidarität füreinander nicht aus dem Blick geraten, damit es nicht zu sozialen Verwerfungen im Land kommt. „Verantwortung und Solidarität wird es auch international verstärkt brauchen. Wir spüren ja ganz unmittelbar, wie sehr alles mit allem zusammenhängt und wie wir als Menschheit miteinander verflochten sind. Kein Mensch und kein Land ist eine Insel für sich. Deshalb bleibt auch die Frage nach einem Lebensstil, der nicht zulasten der Schwachen und der kommenden Generationen geht, auf der Agenda.“
An Ostern werde er sicher die Festlichkeit der Gottesdienste vermissen, sagte der Bischof. „Aber das Großartige an diesem Fest und der christlichen Botschaft insgesamt ist ja, dass sie nicht nur eine Botschaft für gute Zeiten ist.“ Die Gottesdienste im kleinsten Kreis – ob in der Hausgemeinschaft gefeiert und durch die Livestreams - könnten etwas von den Hausgemeinschaften der Urkirche an sich haben. „Das Osterhalleluja wird in unseren Kirchen in diesem Jahr verhaltener klingen, wird aber hoffentlich mehr als sonst zu Hause gesungen. Das wäre wunderbar!“
Das gesamte Interview ist auf www.paulinus.de zu finden und wird in der Osterausgabe der Bistumszeitung „Paulinus“ zu lesen sein.
(JR)