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Rückenwind kümmert sich seit fünf Jahren um Angehörige von Gefangenen:Beratung, Betreuung, oder einfach eine Tasse Kaffee

Angehörige von Strafgefangenen bleiben oft mit vielen Fragen und Problemen zurück. Was habe ich falsch gemacht? Wie soll ich meinen Alltag bestreiten? Ihnen hilft seit fünf Jahren "Rückenwind" in Wittlich. Das Projekt sei "großartig", sagt auch Bischof Ackermann.
Bischof Ackemann (2vl) hat das Projekt Rückenwind besucht. Mit dabei (vlnr): Hans Peter Pesch (Projektleiter SKM), Rolf Richartz (SKM), Thomas Reichert (Gefängnisseelsorge), Stefanie Löwen (Diözesanreferentin SKM), Josef Heinz (Ehrenamtlicher), Renate Becker (Ehrenamtliche), Doris Fass (Bistum Trier), Melanie Bonifas (Geschäftsstellenleitung Rückenwind), Dieter Burgard (Bürgerbeauftragter SKFM).
Datum:
10. Juni 2016
Von:
Bischöfliche Pressestelle
Wittlich – Es klingelt an der Haustür: Die Polizei hat einen Haftbefehl für den Partner. Die Kinder schreien. Die Frau bleibt allein zurück – mit vielen Fragen. Angehörige von Straftätern fühlten sich sehr häufig alleingelassen mit einer völlig neuen Situation, mit ihren Problemen und Sorgen, erklärt Melanie Bonifas vom Projekt Rückenwind im Wittlich. Seit fünf Jahren bietet das Projekt in Trägerschaft des Katholischen Vereins für soziale Dienste (SKM) im Bistum Trier ihnen Unterstützung, Beratung, Kinderbetreuung, oder einfach nur eine Tasse Kaffee und ein offenes Ohr, und das gleich direkt gegenüber der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich, in der Trierer Landstraße 99. „Das Projekt ist großartig“, sagt Bischof Dr. Stephan Ackermann, der am 9. Juni die Einrichtung besuchte. Es sei eine „urchristliche Aufgabe“, sich um die zu kümmern, die am Rande stünden. Und die Angehörigen von Strafgefangenen seien oft „ohnmächtig“ in ihrer Situation. „Man kann sich nur wünschen, dass Rückenwind Schule macht“, sagt der Bischof.
Rund 10.000 Kontakte zu Angehörigen hat Rückenwind in den letzten fünf Jahren aufnehmen können, bilanziert Bonifas. Überwiegend seien dies Ehefrauen und Partnerinnen, die sich neu in ihrem Alltag zurecht finden müssen. Eltern kämen zudem oft auch mit Schuldgefühlen. „Was habe ich falsch gemacht?“. Für Kinder gibt es eigens eine Spielecke in Rückenwind. Diese seien oft besonders von der Situation betroffen, erklärt Bonifas, da sie, je nach Alter und Wissen über das tatsächlich Geschehene, zu kämpfen haben mit der Frage: „Hat Papa mich nicht mehr lieb? Warum ist er weg?“ und den sozialen Druck von Altersgenossen.
Es sei ein Grundprinzip des SKM, sich um die zu kümmern, die anderweitig kaum Hilfe erfahren, sagt Stefanie Löwen vom SKM im Bistum Trier. Daher hat er vor fünf Jahren Rückenwind ins Leben gerufen. „Es ist ein Projekt, das sich etabliert hat“, zieht Löwen ihr Fazit. „Ein voller Erfolg.“ Sie sei sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit mit der JVA, mit Behörden, sozialen Einrichtungen und dem Bistum Trier – das die Hälfte der Stelle der Diplompädagogin Bonifas bezuschusst. Die Zahl der Angehörigen, die sich an sie wendeten nehme zu, ebenso die Rückmeldungen aus der Öffentlichkeit. Wichtig für den Erfolg des Projektes sei das Engagement der Ehrenamtlichen.
Josef Heinz (67) aus Greverath ist seit Anfang an dabei. Jeden Dienstag ist er in den Räumen von Rückenwind, rund dreieinhalb Stunden am Stück. Hier erledigt er Bürotätigkeiten, beantwortet Anfragen, verrichtet handwerkliche Tätigkeiten. Zu seinen Lieblingsaufgaben zählt die Kinderbetreuung – wenn die Mutter etwa Gespräche führt, die sie nicht mithören sollen, oder wenn bei mehreren Kindern nicht alle gleichzeitig den Vater besuchen können. „Sie haben es verdient, dass man ihnen zur Seite steht“, sagt Heinz. Auch Renate Becker (53) aus Bruch ist seit fünf Jahren bei Rückenwind engagiert. Rund zehn Stunden im Monat kümmert sie sich um Angehörige, verpflegt etwa auch diese und die Ehrenamtlichen mit Kuchen und Gebäck. Sie betreut Kinder – bereitet derzeit auch eine Ferienfreizeit mit vor. Und sie steht für Gespräche bereit. Zum einen, aus Dankbarkeit, dass sie selbst aus ihrer Familie niemanden im Gefängnis besuchen müsse. Und um für die Menschen da zu sein, die in der Regel nichts für ihre Situation können. Weitere Informationen zu Rückenwind unter Tel.: 06571 147 2528, E-Mail: info@rueckenwind-wittlich.de und im Internet unter www.rueckenwind-wittlich.de.