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Von Lebensberatungen im Bistum Trier profitieren über 30.000 Menschen:Beratung ist ein „Investment in Gesellschaft“

Über 30.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind 2017 durch die Lebensberatungen im Bistum beraten worden oder haben Zusatzangebote wahrgenommen.
Datum:
20. Dez. 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Koblenz/Saarbrücken – Digitalisierung, Integration und der Fachkräftemangel im Bereich Beratung: Dies sind aktuell drei wichtige Themenbereiche, die die Lebensberatung im Bistum Trier beschäftigen, wie der Leiter des Bereichs Beratung und Prävention, Dr. Andreas Zimmer, in einem Interview erläutert. Wie viele Menschen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland von der Beratung der katholischen Kirche profitieren, zeigt ein Blick auf den Jahresbericht 2017: Über 30.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind 2017 durch die Lebensberatungen im Bistum Trier beraten worden oder haben Zusatzangebote wie Elternkurse oder offene Sprechstunden wahrgenommen.

Dabei beziehen sich die 8.953 erbrachten Beratungs-Leistungen in den 20 Dienststellen der Lebensberatung des Bistums von Bad Kreuznach über Gerolstein bis Saarlouis auf 20.037 Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zusätzlich nahmen 10.225 Personen an weiteren Angeboten der Lebensberatungen wie Elternkursen, offenen Sprechstunden oder Weiterbildungen teil. Bezogen auf die Personen wurde die größte Anzahl an Leistungen für Kinder bis sechs Jahren erbracht. Auf Platz eins der wichtigsten Beratungsanlässe stehen bei Kindern und Jugendlichen die Trennung oder Scheidung der Eltern und der Umgang mit Sorgerechtsstreitigkeiten. Weitere Gründe für eine Beratung sind Partnerschaftskonflikte der Eltern, Probleme beim Erziehungsverhalten oder mit dem Erziehungsstil, die psychische Erkrankung eines Elternteils oder die Erschöpfung und Überbelastung der Kinder und Jugendlichen. Von den Kindern und Jugendlichen bis unter 18 Jahren lebten über die Hälfte nicht in ihrer Ursprungsfamilie.

Auch bei den Erwachsenen stehen die Partnerschaftsprobleme an erster Stelle der Beratungsthemen. Zudem führen kritische Lebensereignisse und persönliche Verluste, Depressionen oder Selbstwertprobleme, Belastung durch das familiäre Umfeld oder Überbelastung und Stress Frauen und Männer zur Lebensberatung. Laut Zimmer nimmt die Beratungsdauer pro Fall in den letzten Jahren tendenziell zu, über 50 Prozent der Beratungen dauerten vier bis zehn Stunden oder sogar länger als zehn Stunden. Die Kategorien blieben seit Jahren gleich, was sich aber nach Wahrnehmung der Beraterinnen und Berater vor Ort ändert, ist die Art und Weise, wie miteinander gesprochen oder gestritten wird, sagt Zimmer. „Es gibt schon eine Zunahme an angespannten, teils aggressiven Gesprächen. Zu uns kommen viele Menschen, die in einer sehr starken Konfliktsituation sind, wenn sie sich trennen, wo es nicht einvernehmlich zugeht. Laut Zimmer gibt es auch mehr Anfragen im Kontext von Kindeswohlgefährdung, was aber auch mit entsprechenden Vereinbarungen mit den Jugendämtern zu tun habe. „Wir sind Ansprechpartner für die Fachkräfte zum Beispiel aus Kindertagesstätten oder Schulen. Es gibt eine höhere Aufmerksamkeit und auch mehr Situationen, wo es für Kinder nicht so gut zugeht in ihrem Leben“, so Zimmer.

Es gilt das Allgemeinheitsprinzip

In den Lebensberatungen gilt das Allgemeinprinzip: „Jeder kann zu uns kommen und wir schauen weiter, wohin wir gegebenenfalls weiter verweisen können, etwa zu Therapieangeboten. Rheinland-Pfalz und das Saarland sind allerdings schlecht versorgt, vor allem was kinder- und jugendtherapeutische Leistungen angeht“, erläutert Zimmer.   

Doch gibt es auch Vorbehalte gegen die katholische Trägerschaft? Das erlebt Zimmer nicht. Es gebe sogar Hinweise, dass Personen anderen Glaubens sich damit wohl fühlten, wenn ein religiöser Träger dahinterstehe. Trotzdem würde er es begrüßen, wenn es noch mehr jüdische, muslimische und evangelische sowie weltanschaulich neutrale Beratungsangebote gebe, damit die Menschen eine größere Wahl hätten, betont Zimmer. Auf die Frage, warum die Kirche sich überhaupt mit rund 3,5 Millionen Euro in diesem Bereich engagiert, sagt Zimmer: „Wenn man die Mittel hat und der Bedarf besteht, ist es von unserer Ethik naheliegend, ein entsprechendes Angebot zu machen, Seelsorge und Beratung hat bei uns eine sehr alte Wurzel. Es gibt einen Ort, da kann ich hingehen, über meine Probleme reden, es gibt jemanden der mir zuhört. Das ist kirchlicher Selbstanspruch, den unsere Mitglieder, aber auch andere an uns haben.“ Dabei sei die Kirche auch nicht allein. „Wir können das Angebot ja nur tragen, da wir staatliche Zuschüsse bekommen, vernetzt sind und uns absprechen, wo Bedarfe gesehen werden.“ Das sei ein „ein Investment in Gesellschaft“, denn: „Aus Mitgliedsbeiträgen wie der Kirchensteuer wird werde den Menschen etwas zurückgegeben. Wenn wir es nicht machen würden, würde der Bedarf ja nicht wegfallen, aber der Staat müsste dann ganz anders subventionieren.“ Die Gesamtkosten der Lebensberatungsstellen in Rheinland-Pfalz und im Saarland beliefen sich 2017 auf über 6,8 Millionen Euro, davon übernahm das Bistum rund 3,5 Millionen Euro. Hinzu kommen Landes- und Kommunalzuschüsse von insgesamt rund 3,37 Millionen Euro. Für jede einzelne Person, für die eine Beratungsleistung erbracht wurde, werden damit rund 342 Euro an Steuer- und Kirchensteuergeldern eingesetzt.

Digitalisierung ist ein großes Thema für die Zukunft

Ein großes Thema für die Zukunft ist für die Lebensberatung die Digitalisierung. „Wir gehören zu den Pionieren, was die Online-Beratung angeht“, erläutert Zimmer. Schon 2003 unter Bischof Marx wurde diese ins Leben gerufen, wobei es schon vorher Beratung per E-Mail gab. „Auch SSL-Verschlüsselung usw. machen wir seit Jahren. Aber es stellen sich für die Zukunft Fragen, ob man Inhalte noch schriftlich aufbereitet, etwa als Flyer, oder lieber gleich ein Youtube-Video produziert. Außerdem müssen wir unsere Kompetenzen in Bereichen wie Messenger-Diensten oder Videos weiterentwickeln und darauf reagieren, wo die Menschen heute in Beziehung miteinander treten, wo sie Kontakte pflegen, wo sie Konflikte austragen.“ Ein weiteres Entwicklungsfeld sind die Angebote für Geflüchtete, gerade im Blick auf Trauma-Stabilisierung, so Zimmer. Inzwischen gehe es stärker um das Thema Integration und Inklusion. „Wir möchten Menschen unterstützen, sich hier neu zu beheimaten und ihnen helfen, zu verstehen, welche Vorstellungen es hier gibt, etwa von Erziehung oder Partnerschaft. Dabei wollen wir Toleranz fördern und zum Austausch anregen.“ Problematisch sieht Zimmer hingegen den Fachkräftemangel bei Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeitern und Theologen. „Wir müssen mehr deutlich machen, was die Arbeit in einer Beratungsstelle und bei einem kirchlichen Träger attraktiv macht.“ Laut Zimmer sind das zum Beispiel die vielfältigen Aufgabenfelder, die Fortbildungsmöglichkeiten, ein Verhaltenskodex, die Arbeit in einem Team und der gegebene Rahmen, der es ermöglicht, die tägliche Arbeit vor dem Hintergrund von Sinnfrage und persönlicher Ethik zu reflektieren.

Mehr Informationen und den Jahresbericht mit Beispielen gibt es unter www.lebensberatung.info

(sb)