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Ganz göttlich und ganz menschlich zugleich:Bischof Ackermann predigt in der Osternacht über Christus als Maßstab

Der Maßstab macht das Denken und das Herz nicht eng, sondern gibt Klarheit und Weite und Freiheit zugleich, so Bischof Ackermann.
Osterfeuer werden zu Ostern in der Liturgie der Kirche und vielerorts aufgrund verschiedener Bräuche entfacht.
Datum:
8. Apr. 2023
Von:
Judith Rupp

Trier – „Christus gibt den Maßstab für alles. Dieser Maßstab ist ganz göttlich und ganz menschlich zugleich. Deshalb macht dieser Maßstab das Denken und das Herz nicht eng, sondern gibt Klarheit und Weite und Freiheit zugleich.“ Das hat der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann bei der Osternachtsfeier (8. April 2023) im Trierer Dom betont.

Die biblischen Erzählungen der Osternacht seien voller starker Kontraste: Da ist von Licht und Finsternis die Rede, von der Unterscheidung zwischen dem Leben in Sklaverei oder in Freiheit; vom Volk, das schwankt zwischen Heiligkeit und Sünde. „Und schließlich und durch alles hindurch geht es letztlich um die Frage von Leben und Tod“, sagte Ackermann. Die dramatische Sprache der Kontraste gehöre zur Faszination der Osternachtsliturgie: „Da werden klar Pole markiert, werden Alternativen benannt.“ Davon gehe eine Faszination aus, „weil in unserem Alltag, in Politik und Gesellschaft, der Kirche, in unserem privaten Leben die Dinge oft so unübersichtlich und verworren sind“. Menschen wünschten sich klare Alternativen, „dass richtig und falsch so deutlich vor uns stünden“ – dann fiele es leichter, Entscheidungen zu treffen. Doch dann drohe auch die Gefahr von fundamentalistischen Antworten, zu denen sich Menschen bisweilen auch auf die Bibel und den Glauben beriefen.

Auch wenn die Bibel kontrastreiche Bilder nutze und Polaritäten zeichne, tue sie dies nicht nur, um Menschen zur Entscheidung aufzurufen. „Sehr oft tut sie dies, um die ganze Weite der Schöpfung und des Lebens zu beschreiben.“ Die Menschen der Bibel hätten die Übergänge zwischen den Extremen und die vielen Facetten, die dazwischen liegen, gekannt. Die Heilige Schrift denke nicht in einem primitiven Entweder-Oder: „Sie weiß um den ungeheuren Spannungsbogen, der sich zwischen den Polen auftut: Da ist die ganze Vielfalt und Mannigfaltigkeit der Schöpfung.“ Dies dürfe man auch im Blick auf die Polarität der Geschlechter verstehen, wenn die biblischen Autoren davon sprechen, dass Gott den Menschen „männlich“ und „weiblich“ erschaffen hat: „Auch wenn sie es nicht ausdrücklich sagen, werden sie in ihrer Erfahrung darum gewusst haben, dass es geschlechtliche Identitäten und Orientierungen gibt, die sich nicht ganz dem einen oder dem anderen Pol zuordnen lassen.“

Insgesamt gebe es in der Geschichte der Menschen unzählige Situationen, die sich nicht schematisch einordnen lassen, und „die uns in unserem Urteil behutsam sein lassen sollten“. Die nötigen Kriterien zur Unterscheidung biete Paulus in seinem Brief an die Römer an, erklärte der Bischof: „Die entscheidende Grenzlinie verläuft nicht mehr zwischen Tag und Nacht, zwischen Himmel und Erde, zwischen Heiligen und Sündern, sondern zwischen einem Leben mit Jesus Christus und einem Leben ohne ihn.“ Das Leben mit Christus relativiere sogar die für die Menschen absolut erscheinende Grenzlinie zwischen Leben und Tod. Die Zugehörigkeit zu Christus und die Verbundenheit mit ihm ändere alles, davon sei Paulus überzeugt. Das Osterfest lade dazu ein, so Bischof Ackermann, „unser Leben noch bewusster aus der lebendigen Verbundenheit mit Jesus Christus heraus zu leben und an ihm Maß zu nehmen“.